Nachhaltige Finanzierung
Internationale Standards sind wichtig
Nachhaltige Finanzierung bezieht sich zum einen auf Umweltaspekte wie die Anpassung an den Klimawandel, zum anderen auf soziale Aspekte, beispielsweise Ungleichheit, und drittens auf Governance, etwa in öffentlichen Institutionen oder privaten Unternehmen. Neben diesen ESG-Faktoren (Environmental, Social and Governance) ist finanzielle Tragbarkeit ein weiterer wichtiger Bestandteil der nachhaltigen Finanzierung.
Für die Definition nachhaltiger Finanzinstrumente sind Standards und Kriterien nötig. Sie erhöhen die Transparenz, stärken das Vertrauen und ermöglichen es den Anlegern, zwischen grünen und nicht grünen Instrumenten zu unterscheiden. Auch für die interne Budgetierung, Rechnungslegung und Messung der Leistung von Finanzinstituten ist eine solche Definition wichtig, ebenso für ein angemessenes Umweltrisikomanagement. Gleichermaßen ermöglichen klare Standards den politischen Entscheidungsträgern, nachhaltige Entwicklung gezielt zu unterstützen, etwa durch Steuerbefreiungen oder Subventionen.
Auf der anderen Seite können zu strenge Standards auch ein Hindernis für nachhaltige Finanzinstrumente darstellen, zum Beispiel für die Emittenten von grünen Anleihen (Berensmann et al., 2017). Um ihre Vorteile ausspielen zu können, müssen die verschiedenen Standards für nachhaltige Finanzinstrumente auf internationaler Ebene aufeinander abgestimmt werden – zum Beispiel die Standards für grüne Anleihen.
Der am meisten verwendete internationale Standard für grüne Anleihen sind die freiwilligen Green Bond Principles von der International Capital Market Association, einem internationalen Branchenverband für Kapitalmarktteilnehmer. Die meisten der anderen Green-Bond-Standards bauen auf ihnen auf. Allerdings sind die Green Bond Principles zu wenig spezifisch, und es gibt zusätzlich eine Reihe von nationalen, regionalen und internationalen Standards, die nur zum Teil aufeinander abgestimmt sind. Dazu gehören unter anderen der ASEAN Green Bond Standard, der EU Green Bond Standard und die Standards der Climate Bond Initiative.
Auch für externe Überprüfungen gibt es zahlreiche Standards und Instrumente. Zur Verhinderung von „Greenwashing“ sind externe Evaluierungen wichtig, die bewerten, ob die Einnahmen für grüne Projekte verwendet werden.
EU-Aktionsplan
Die EU ist diese Probleme angegangen. 2018 hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum erstellt, der auch eine Strategie für ein nachhaltiges Finanzsystem beinhaltet (EC, 2018). Um Standards und Kennzeichnungen für umweltfreundliche Finanzprodukte zu schaffen, rief die EU-Kommission eine technische Expertengruppe (Technical Expert Group – TEG) für nachhaltige Finanzen ins Leben, die vor allem folgende Arbeitsbereiche umfasst:
- Erstellung eines „Klassifizierungssystems (Taxonomie) für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten“,
- Entwicklung eines „EU Green-Bond-Standards“, der mit der Taxonomie verknüpft wird,
- Erarbeitung von “Leitlinien für klimabezogene Berichterstattung von Unternehmen“, und
- „Leitlinien zu EU-Klimaschutz-Referenzwerten und die Offenlegung von ESG-Faktoren“.
Die EU hat im März 2020 ein einheitliches Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige und klimafreundliche Investitionen vorgelegt, das in die EU-Rechtsvorschriften eingebunden wird. Diese Taxonomie legt Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten fest. Zum einen soll sie dabei helfen, bereits bestehende umweltfreundliche Aktivitäten zu identifizieren, zum anderen den Zugang zu umweltfreundlichen Finanzmitteln verbessern. In der Folge können kohlenstoffarme Sektoren ausgebaut und kohlenstoffreiche dekarbonisiert werden (EC, 2020a).
Es ist begrüßenswert, dass die EU eine marktübergreifende, rechtlich verbindliche Taxonomie erstellt hat. Ein Nachteil besteht aber darin, dass diese außerhalb der EU international nicht abgestimmt ist. Grundsätzlich ist es schwierig, weltweit gültige Taxonomien durchzusetzen, weil dann nationale Umstände wie die wirtschaftliche und technologische Entwicklung nicht berücksichtigt werden können. Wenn es aber unterschiedliche Taxonomien gibt, müssen die Unterschiede transparent gemacht werden. Die EU hat auf internationaler Ebene eine Plattform für nachhaltige Finanzierung einberufen, die den Dialog fördern und die Koordinierung bei der Entwicklung von Taxonomien unterstützen soll.
Akkreditierungssystem für Prüfer
Bisher gibt es keinen verbindlichen internationalen Standard für die Überprüfung von nachhaltigen Finanzinstrumenten. Der EU-Vorschlag für einen Standard für grüne Anleihen beinhaltet auch ein Akkreditierungssystem für externe Prüfer dieser Anleihen (EC, 2019a). Im Idealfall kann dieser Standard eine Benchmarking-Rolle für die internationalen Finanzmärkte übernehmen. Ob das gelingen wird, ist aber noch nicht klar. Zunächst ist der Vorschlag nur auf die EU beschränkt. Sinnvoll wäre die Schaffung einer unabhängigen internationalen Institution mit Mitgliedern der wichtigsten privaten und öffentlichen Marktteilnehmer und Regulierungsbehörden, die die internationale Angleichung der Green-Bond-Zertifizierung sicherstellt.
Insgesamt hat die EU mit dem Aktionsplan wichtige Meilensteine für die Mobilisierung von privatem Kapital für nachhaltige Wirtschaftstätigkeit gelegt. Aufgrund der Verflechtung der internationalen Finanzmärkte wäre es wichtig, diese Richtlinien mit anderen regionalen und nationalen Richtlinien abzustimmen.
Literatur
Berensmann, K., und Lindenberg, N., 2017: Green finance across the universe. In: Boubaker, S., et al. (eds.): Ethics, ESG and sustainable prosperity. World Scientific Publishing.
EC, 2020a: Taxonomy: Final report on the Technical Expert Group (TEG) on sustainable finance, March.
EC, 2019a: Report on the EU Green Bond Standard. Financing a sustainable European economy. Technical Expert Group (TEG) Report, June.
EC, 2019b: The European Green Deal. Brussels, 11.12.2019.
EC, 2018: Action Plan: Financing sustainable growth. Brussels, 8.3.2020.
Kathrin Berensmann ist Senior Researcher und Projektleiterin beim Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE).
kathrin.berensmann@die-gdi.de