Nachhaltige Landwirtschaft
Konkurrenzfreie Tierhaltung und verändertes Ernährungsverhalten
Eine Tierhaltung ohne Nahrungskonkurrenz zum Menschen würde zu erheblichen Rückgängen bei den Tierzahlen führen. Damit einher gingen ökologische Vorteile, etwa weniger Treibhausgasemissionen, aber auch ein deutlich geringeres Angebot an Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs. Berechnungen zeigen: Bestünde das Tierfutter weltweit ausschließlich aus Gras, Ernteresten und Nebenprodukten der Lebensmittelverarbeitung, würde der tägliche Anteil an Protein in der Nahrung, der aus Tierhaltungen (ohne Aquakultur) stammt, auf neun Gramm im globalen Durchschnitt sinken. Das ist etwa ein Drittel der bisherigen täglichen Menge und etwa ein Sechstel der insgesamt benötigten Proteinmenge für Menschen.
Die Mengen an Lebensmitteln tierischen Ursprungs blieben bei einer solchen Tierfütterung weitgehend innerhalb der Grenzen der Planetary Health Diet, die sich als Vergleichsmaßstab für eine gesundheitsförderliche und umweltschonende Ernährungsweise anbietet.Berechnungen, die zusätzlich auch Lebensmittelabfälle als Futter einplanen, kommen auf gut 20 Gramm tierisches Protein pro Tag, also etwa ein Drittel der benötigten Proteinmenge. Lebensmittelabfälle eignen sich wegen ihrer stärkeren Verarbeitung besser für Schweine als für Wiederkäuer. Deshalb nimmt der Schweinefleischanteil zu, wenn mehr Lebensmittelabfälle und weniger Gras als Futter dienen sollen, etwa weil die Abfälle regional verfügbar sind.
Ernährungssicherheit und sparsame Landnutzung
Im Unterschied zum Veganismus beziehen sowohl die Planetary Health Diet wie auch Tierhaltung ohne Nahrungskonkurrenz bewusst Tiere in ihre Konzepte ein und setzen auf flexitarische Ernährung. Sie tun dies aus unterschiedlichen Gründen. Bei der Planetary Health Diet steht die Ernährungssicherheit von benachteiligten Bevölkerungsgruppen im Vordergrund. Der konkurrenzfreien Tierhaltung geht es dagegen vorrangig um sparsame Landnutzung und das Upcycling von Gras, Resten und Abfällen zu Lebensmitteln.
Beide Konzepte fordern für verschiedene Weltregionen unterschiedliche Entwicklungen. In Nordamerika und Europa müssten sich Verbraucher*innen im Schnitt mit deutlich weniger Fleisch, Milch und Eiern als bisher zufriedengeben, um sich gesund und nachhaltig zu ernähren. Dagegen ist in Afrika und Asien eine Ausweitung des Verzehrs solcher Nahrungsmittel denkbar und teilweise geboten.
Cornelie Jäger ist Tierärztin und Autorin. Sie war die erste Landestierschutzbeauftragte von Baden-Württemberg.
autorin@cornelie-jaeger.de