Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Entwicklungspolitik

EU schneidet gut ab

Die Entwicklungspolitik der Europäischen Union (EU) zeigt große Wirkung, besonders in Afrika. Allerdings wurden nicht alle Millennium Development Goals (MDGs) erreicht, und einige der ärmsten Länder hinken weit hinterher. In diesem Jahr werden die Weichen für die künftige weltweite Entwicklung gestellt. Die EU sollte dabei eine führende Rolle übernehmen und sich an die Seite ihrer afrikanischen Partner stellen.
Dorfschule in Mali: Primärschulbildung für alle war ein Millenniumsentwicklungsziel. Böthling/Photography Dorfschule in Mali: Primärschulbildung für alle war ein Millenniumsentwicklungsziel.

2015 ist ein wichtiges Jahr für die globale Entwicklung. Der Zeitraum, den die Weltgemeinschaft im Jahr 2000 für das Erreichen der MDGs festgelegt hat, endet. Acht klar definierte Ziele, vom Kampf gegen den Hunger über die Bekämpfung von HIV/Aids bis zur Primärschulbildung für alle, sollten zum übergeordneten Ziel führen, die Armut in der Welt bis zum Jahr 2015 zu halbieren. Die MDGs haben afrikanischen Ländern und ihren Partnern im globalen Norden geholfen, sich über 15 Jahre hinweg auf bestimmte Entwicklungsschwerpunkte zu konzentrieren.

Die Erfolge sind beachtlich: Erstmals ist die Zahl der Aidskranken, die adäquat behandelt werden, größer als die Zahl der Neuinfizierten. Die Kindersterblichkeit ist zwischen 1990 und 2013 halbiert worden, und die Zahl der Hungernden ist in den vergangenen zehn Jahren um 100 Millionen zurückgegangen. Insgesamt hat sich der Anteil der extrem Armen weltweit seit 1990 halbiert.

Diese Fortschritte sind allerdings nicht allein der Entwicklungshilfe zuzuschreiben. Subsahara-Afrika finanziert zum Beispiel durchschnittlich 78 Prozent der Entwicklungsausgaben aus eigenen Mitteln.  Nichtsdestotrotz spielt internationale Hilfe in den ärmsten Ländern der Welt eine bedeutende Rolle. Die EU als Staatengemeinschaft ist der größte Geber von Entwicklungshilfe inklusive Darlehen, und die EU-Institutionen allein sind der drittgrößte Geber.

Vor allem in Afrika hat die Unterstützung aus Europa große Wirkung gezeigt. Ihr Erfolg hat mehrere Gründe: Zum einen verfügt die EU als multilaterale Geberin in der Regel über große Budgets, mit denen sich viel erreichen lässt. Zum anderen kann sie die Angebote der Mitgliedsländer durch ihre übergreifende Funktion vernetzen. So hat die EU-Entwicklungshilfe unter anderem dazu beigetragen, zwischen 2004 und 2012 mehr als 70 Millionen Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu verschaffen und 13,7 Millionen Kindern den Grundschulbesuch zu ermöglichen.

 

Besonderes Verhältnis

Was die EU von anderen Entwicklungspartnern unterscheidet, ist ihr besonderes Verhältnis zu den Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifikraums (AKP). Es wird im 2000 in Benin geschlossenen Cotonou-Abkommen geregelt. Basierend auf dem Grundsatz gleichwertiger Partnerschaft bestimmen die AKP-Länder und die EU gemeinsam zwei oder drei Sektoren, in die die EU-Entwicklungsgelder fließen. Das hat zur Folge, dass die EU zum Teil große Infrastrukturprojekte finanziert oder die Pläne einer Regierung mit Budgethilfe direkt unterstützt. AKP-EU-Verhandlungen finden alle sieben Jahre statt. Das ermöglicht afrikanischen Regierungen eine langfristige Planung und Strategie zur Stärkung bestimmter Bereiche, etwa des Gesundheits- oder Bildungswesens.

Die EU kämpft noch immer damit, den Wirkungsgrad ihrer Entwicklungshilfe (official development assistance – ODA) zu verbessern. Ausgesprochen gut schneidet sie aber regelmäßig im Bereich Transparenz ab – ein wichtiger Faktor, damit afrikanische Länder auf offene, nachvollziehbare Weise zusammenarbeiten können.

Trotz enormer gemeinsamer Anstrengungen verzeichneten einige der MDGs keine großen Erfolge. Eins der Themen, auf die ein verstärkter Fokus gelegt werden muss, ist die Müttersterblichkeit. 2013 starben fast 300 000 Frauen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt. 80 Prozent dieser Todesfälle wären vermeidbar gewesen, wenn die Frauen Zugang zur Gesundheitsversorgung gehabt hätten. Betrachtet man die Fortschritte von Ländern anstelle von Durchschnittswerten, fällt auf, dass einzelne Länder stark hinterherhinken, was das Erreichen der gemeinsamen Ziele angeht. Das ist in manchen Regionen Afrikas der Fall.

2015 ist ein bedeutendes Jahr, weil die internationale Gemeinschaft neue Ziele vereinbaren will, um extreme Armut bis 2030 ganz zu besiegen: die Nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals – SDGs). Diese sollen für alle Länder gültig sein, nicht nur für die armen. Alle Beteiligten sollten die Erkenntnisse aus dem MDG-Prozess in den kommenden 15 Jahren konstruktiv einbringen. Eine Erfahrung besteht darin, dass Fortschritte in den ärmsten Ländern der Welt sehr schwierig zu erzielen sind. Mehr und bessere Unterstützung ist dort nötig.

 

Afrikanisches Wirtschaftswachstum

Glücklicherweise verliert die offizielle Entwicklungshilfe (official development assistance – ODA) immer mehr an Bedeutung. Afrikanische Staaten generieren ihre eigenen Einkünfte: Die Wirtschaft Subsahara-Afrikas wuchs auch 2013 wieder stärker als die Weltwirtschaft. Allerdings gehen in Entwicklungsländern jährlich immer noch eine Billion Dollar durch Korruption und Steuervermeidung verloren. Ohne Transparenz werden Steuern nicht vernünftig eingetrieben – und das Geld steht dann nicht für die Entwicklung des Landes zur Verfügung. Öffentliches Geld verschwand in der Vergangenheit beispielsweise in undurchsichtige Deals in der Öl- und Bergbauindustrie. Niemand weiß, welche Summen der Allgemeinheit so verloren gingen.

In manchen Ländern haben die Bürger auf einer Offenlegung der Zahlungen zwischen ihren Regierungen und Rohstoffunternehmen bestanden. Diese Regierungen können darauf verpflichtet werden, mit den Einkünften Entwicklung zu finanzieren. In Ghana sind die Sozialausgaben 2012 um 16 Prozent gestiegen, nachdem das Land der Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft beigetreten war. Die EU trägt zu dieser neuen Art des Wirtschaftens bei, indem sie vor der eigenen Haustür gekehrt hat: Europäische Rohstofffirmen müssen Zahlungen an die Regierungen der Länder veröffentlichen, in denen sie Geschäfte machen.

Die EU hat erkannt, dass solche Gesetze wichtig sind und in Afrika viel verändern können. Allerdings sind sie kein zwingender Bestandteil der EU-Entwicklungspolitik. Europa könnte und sollte seine Vorgehensweise in vielen Bereichen so verändern, dass sie Afrikas Wirtschaft stärker nutzt. Um die neuen SDGs zu erreichen, wird man neue Wege gehen müssen.

Im Juli findet die dritte Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba statt. Dort will die internationale Gemeinschaft über Maßnahmen zur Finanzierung der SDGs beraten. Sie reichen von Entwicklungshilfe über Handel und Investitionen zur Mobilisierung nationaler Ressourcen. Die Konferenz bietet der EU eine optimale Gelegenheit, eine Führungsrolle zu übernehmen und afrikanische Länder zu unterstützen. Zur Bekämpfung der Steuervermeidung sollte die EU alle multinationalen Rohstoffunternehmen, die in der EU ansässig oder registriert sind, verpflichten, wirtschaftliche Kernkennzahlen für jedes einzelne Land, in dem sie tätig sind, zu veröffentlichen.

Bisher ist die ODA der EU sehr erfolgreich. In diesem Jahr stellt die Weltgemeinschaft die Weichen dafür, wie sie den gemeinsamen Weg fortsetzt.

 

Sipho Moyo ist Afrika-Direktorin der entwicklungspolitischen Lobby- und Kampagnenorganisation ONE.
idriss.nassah@one.org