Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Entwicklungspolitik

Warum das BMZ noch mehr für Frauenrechte tun soll

Ende September veranstaltete das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) eine Konferenz über die Förderung von Frauenrechten in Berlin. Ministerin Svenja Schulze erläuterte dabei ihr Verständnis von Feminismus.
Protestierende in Iran. picture alliance / ZUMAPRESS.com | Social Media Protestierende in Iran.

Schulze ist seit Dezember im Amt und spricht von Anfang an von „feministischer Entwicklungspolitik“ (siehe Interview auf www.dandc.eu). Nun erläutert sie, was das heißt, und betont Gleichberechtigung. Überall, wo Frauen gleichermaßen Verantwortung übernehmen, seien Entwicklungsergebnisse konsistent besser. Das gelte für alle Indikatoren, unter anderen für Einkommen, Gesundheit und Bildung.

Überall wollen Frauen Schulze zufolge Gleichberechtigung. Das gelte auch für Nordafrika und den Mittleren Osten, wo es um Frauenrechte oft schlecht bestellt sei. Aktuelles Beispiel sind die Proteste iranischer Frauen (siehe Shora Azarnoush auf www.dandc.eu).

Gleichberechtigung sieht Schulze als Menschenrechtsfrage. Eine freie und gerechte Gesellschaft müsse alle Formen von Diskriminierung beenden, also sei ihr Ansatz intersektional. Als Sozialdemokratin bekämpfe sie Ungleichheit und wolle keine Minderheit ausgegrenzt sehen. Frauen und Mädchen stellten aber mehr als die Hälfte der Menschheit und würden dennoch oft marginalisiert.

Schulze sagt, es müsse öffentliches Bewusstsein geschaffen und gezielt gehandelt werden. Das sei nicht nur eine Aufgabe des Staates, auch Zivilgesellschaft und religiöse Institutionen müssten mitwirken.

Die Ministerin hat das BMZ angewiesen, noch stärker als bisher auf Geschlechtergleichstellung zu achten. Bis 2025 soll der Anteil aller Vorhaben, die dazu auf die eine oder andere Weise beitragen, von heute rund 60 Prozent auf 85 Prozent steigen, wofür 93 Prozent aller neuen Vorhaben auf dieses Ziel ausgerichtet würden.

Lange Geschichte

Historisch gebe es den Feminismus schon lange, sagt Schulze. Zwar sei einiges erreicht worden, aber es bleibe noch viel zu tun. Sie fordert entschlossenes Handeln, denn sie wolle nicht warten. Von Friedenspolitik bis Klimagerechtigkeit hingen bessere und dauerhaftere Ergebnisse davon ab, dass Frauen ihre Beiträge leisteten.

Sexuelle und reproduktive Rechte haben aus Schulzes Sicht zentrale Bedeutung. Selbstbestimmung beginne beim eigenen Körper. Das Wohlergehen von Familien hänge davon ab, dass Frauen entscheiden könnten. Wo Frauen und Mädchen gleiche Bildungschancen verwehrt würden, litten ganze Volkswirtschaften (siehe hierzu auch Sundus Saleemi on www.dandc.eu). Frauen seien nicht bloße Opfer, sondern trieben Wandel voran.

Schulzes Feminismus richtet sich nicht gegen Männer, sondern will diese einbeziehen – nicht zuletzt, weil sie in vielen Ländern noch den Ton angeben. Es gelte, sie zu überzeugen. Der Jugend gehöre die Zukunft, also müsse sie mitreden. Einander zuhören sei wichtig, und Eurozentrismus müsse vermieden werden.

Kohärente Regierungspolitik

Schulze verspricht, diese Vorstellungen in internationale Zusammenarbeit und Bündnisse einzubringen, und sieht sich dabei von der ganzen Bundesregierung unterstützt. Außenministerin Annalena Baer­bock vertritt ebenfalls feministische Perspektiven. Schulze zufolge hat auch Kanzler Olaf Scholz sich als Feminist bezeichnet.

In Berlin begrüßte Spogmay Ahmed vom Washingtoner International Center for Research on Women den feministischen Anspruch Deutschlands. Sie betonte aber, geförderte Gruppen sollten nicht nur Geld empfangen, sondern müssten die Politik mitbestimmen und Maßnahmen als ihre eigenen betrachten.

Alvaro Bermejo von der International Planned Parenthood Federation (IPPF) findet Schulzes Appell zum Handeln richtig. Da rechtsgerichtete Strömungen darauf erpicht seien, reproduktive Selbstbestimmung zu begrenzen, müsse jetzt schnell gerannt werden. Fortschritt werde nämlich in schnellen Sprints und nicht in langen Marathons erreicht. Sein Heimatland Spanien habe gezeigt, dass Wandel lange unmöglich erscheinen mag, dann aber plötzlich ein­trete.

Laut Sima Bahous von UN Women ist die Menschheit derzeit nicht auf Kurs, um bis 2030 Gleichberechtigung im Sinne des fünften UN-Ziels für nachhaltige Entwicklung (SDG – Sustainable Development Goal) zu erreichen. SDG5 sei aber zentral für die gesamte Agenda. In diesem Kontext lobte sie Deutschland dafür, der wichtigste regelmäßige Geldgeber von UN Women zu sein.


Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit /D+C Development and Cooperation.
euz.editor@dandc.eu