Kinderarbeit

Ausgebeuteten Minderjährigen bleibt die Schulbildung verwehrt

Kinderarbeit ist noch immer weit verbreitet in Bangladesch. Viele Minderjährige arbeiten in gefährlichen Branchen. Das hat Folgen für Gesundheit und Bildungschancen. Wegen großer Armut ist ein generelles Verbot der Kinderarbeit nicht realistisch – aber ihre Regulierung ist schwierig.
In bengalischen Ziegeleien rackern häufig Minderjährige. Jannatul Hasan/picture-alliance/Pacific Press In bengalischen Ziegeleien rackern häufig Minderjährige.

Im Juli 2021 starben 52 Menschen bei einem Fabrikbrand in der Nähe von Dhaka. Unter den Opfern waren auch Kinder und Jugendliche. Während ihrer langen Arbeitszeit war das Personal des Lebensmittelverarbeiters in der Produktionsstätte eingesperrt. 2013 hatte der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza für weltweites Aufsehen gesorgt – und auch damals waren Minderjährige betroffen.

Der Staat versucht schon lange, Kinder besser zu schützen. Seit 2013 sind Heranwachsende in Bangladesch mit 18 volljährig, dürfen aber schon mit 14 Jahren arbeiten. Erlaubt sind Tätigkeiten, die nicht offiziell als gefährlich eingestuft sind. Vor einer Reform von 2018 durften Kinder ab zwölf Jahren „leichte Arbeit“ verrichten. Mittlerweile besteht ein generelles Arbeitsverbot für Kinder unter 14 Jahren. Minderjährige auszubeuten ist eine Straftat.

Doch diese Regeln bestehen weitgehend nur auf dem Papier. Kinderarbeit bleibt verbreitet. Minderjährige arbeiten meist in der Fischerei, Landwirtschaft, Textilproduktion, in Gerbereien, Ziegelbrennereien sowie in Steinbrüchen und in Privataushalten. Die Arbeit von Haushaltshilfen unterliegt keinerlei Regulierung, sodass Hilfskräfte – vor allem Mädchen – extrem ausgebeutet werden. Manche leben in sklavenähnlichen Verhältnissen.

Dass Kinderarbeit in Bangladesch bisher nicht generell verboten ist, hat einen Grund. Sowohl Gewerkschaften als auch Arbeitgeber sagen, das westliche Ideal der Abschaffung von Kinderarbeit entspreche nicht der Lebensrealität in Bangladesch, wo große Armut herrscht und der Bildungsstand niedrig ist. Wenn Heranwachsende kein Geld verdienen dürften, um ihre Familien zu unterstützen, würden wesentlich mehr von ihnen im informellen Sektor arbeiten. Außerdem ist organisierter Kinderhandel ein großes Problem, das mit wachsender Armut noch schlimmer würde.

Bei einer Reform des Arbeitsrechts 2006 wollte der Gesetzgeber deshalb Kinderarbeit in Bangladesch nicht verbieten, sondern den Minderjährigen die Chance auf Bildung sichern. Nur gefährliche Tätigkeiten wurden unterbunden. Die Regierung erwartete, dass Arbeitgeber den bei ihnen angestellten Kindern den Schulbesuch ermöglichten. Doch es gelang nicht, ein Aufsichtssystem zu schaffen, um die Arbeitsbelastung der Kinder zu reduzieren und dieses Ziel erreichbar zu machen. Leider geht in Bangladesch trotz kostenfreier Grundschulen und Schulpflicht kaum ein arbeitendes Kind zur Schule. Es gibt Stipendien für Mädchen – doch es sind längst nicht genug.

Millionen von Kindern riskieren ihre Gesundheit und ihr Leben bei der Arbeit. Laut einer landesweiten Studie über Kinderarbeit von 2013 leisten 3,45 Millionen Minderjährige zwischen fünf und 17 Jahren Erwerbsarbeit. Mittlerweile ist diese Zahl vermutlich gestiegen. Viele Kinder schuften in ausbeuterischen, aber offiziell ungefährlichen Wirtschaftszweigen, etwa der traditionellen Fischverarbeitung. Allerdings hat das Verfassungsgericht die Regierung angewiesen, Kinderarbeit in diesem Wirtschaftszweig zu unterbinden. Laut einem Bericht aus dem Jahr 2020 sind 20 Prozent der Angestellten in dieser Industrie minderjährig.

In den vergangenen Jahren ist Bangladeschs Wirtschaft schnell gewachsen. Doch das kommt nicht allen zugute. In der aktuellen Entwicklungspolitik der Regierung kommen die Bedürfnisse und besonders die Bildung der Kinder zu kurz. Arbeitende Minderjährige bleiben außen vor.

Der Staat würde gut daran tun, das geltende Recht auch durchzusetzen. Er sollte gefährliche Kinderarbeit abschaffen und dafür sorgen, dass jüngere Kinder wirklich nur leichte Tätigkeiten verrichten. Vor allem sollte der Staat Familien finanziell unterstützen, damit in Armut lebende Kinder zur Schule gehen, anstatt zu arbeiten.


Ridwanul Hoque ist Jura-Professor an der University of Dhaka.
ridwandulaw@gmail.com