Pandemie
Covid-19 bietet Chance, Afrikas Staatsfinanzen zu erneuern
Wohlhabende Nationen setzen mit finanzieller Unterstützung für Privathaushalte und Unternehmen Maßstäbe. Viele afrikanische Länder reagieren ähnlich. Die Regierungen wissen, dass kleine und mittelständische Unternehmen sowie der informelle Sektor aktuell schwer zu kämpfen haben. Selbst das kleine westafrikanische Land Togo hat Transferzahlungen an Beschäftigte im informellen Sektor erhöht. Mehrere Staaten haben Firmen die Steuerlast reduziert oder ihnen zinsgünstige Kredite gegeben.
Afrikanische Regierungen verdienen Lob dafür, dass sie in der Not Bürgern und Kleinunternehmen helfen. Das stärkt den sozialen Zusammenhalt. Es wirft aber auch die Frage auf, woher das Geld kommt. Einige Länder südlich der Sahara sind hochverschuldet, und der Internationale Währungsfond (IWF) schätzt, dass in der Region bis 2023 eine Finanzierungslücke von 345 Milliarden Dollar aufklaffen wird.
Tatsächlich haben Afrikas Staaten nicht erst in der Pandemie begonnen, sich zu verschulden. Der IWF warnte vor ihrem Ausbruch, dass die Schuldenquote in vielen Ländern schon fast die Marke von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung erreicht. Nun hängt die Wirtschaftspolitik vieler Länder wegen Covid-19 erst recht von multilateralen Finanzinstituten und bilateralen Geberinstitutionen ab. Neue Kredite steigern aber größere Schuldenlast.
Manche Fachleute warnen, Umschuldung werde nicht nur früher oder später nötig werden, sondern auch schwerer als früher auszuhandeln sein. Private Kreditgeber und Schwellenländer – besonders China – spielen nämlich mittlerweile eine relevante Rolle. Sie dürften sich gegen Schuldenerlass stemmen. Manche Beobachter warnen grundsätzlich vor Schuldenerlass, um nicht zur Korruption zu ermutigen (siehe Leny van Oijen und Christian Penda Ekoka im Schwerpunkt von E+Z/D+C e-Paper 2020/10).
Tatsächlich sind die Korruptionsprobleme in der Pandemie gewachsen. Südafrikas Rechnungshof hat Fehlverhalten im Zusammenhang mit Covid-19-Geldern beanstandet. In Nigeria schlagen zivilgesellschaftliche Organisationen Alarm und werfen staatlichen Stellen Veruntreuung vor. Es ist klar, dass derlei in vielen Ländern passiert – und zwar auch in wohlhabenden Weltregionen, nicht nur in Afrika.
Keine Sparpolitik
Gut ist aber, dass die Spitzenleute multilateraler Institutionen wie zum Beispiel IWF-Chefin Kristalina Georgieva derzeit Regierungen zur Kreditaufnahme ermutigen (siehe José Siaba Serrate im Schwerpunkt von E+Z/D+C e-Paper 2020/11). Die Notwendigkeit, Menschen zu schützen und stagnierende Volkswirtschaften zu stimulieren, ist offensichtlich. Obendrein muss dringend in Klimaschutz und-anpassung investiert werden. Folglich beharren die multilateralen Institutionen nicht mehr auf Sparpolitik.
Ein kluger Weg, die Finanzspielräume von Entwicklungsländern zu erweitern, wäre nun die Ausgabe neuer Sonderziehungsrechte (Special Drawing Rights – SDRs). Dabei geht es um eine geldwerte interne Verrechnungseinheit des IWF. Die G7 haben sich grundsätzlich dafür ausgesprochen. Besonders wirkungsvoll wäre dieser Schritt, wenn Industrieländer ihre neuen SDRs an Entwicklungsländer weiterreichen würden.
Afrikanische Regierungen müssen aber ihrerseits Hausaufgaben erledigen. Sie müssen Korruption bekämpfen und illegitime Finanzflüsse eindämmen. Sie müssen dafür sorgen, dass ihre Steuern progressiv sind und besonders die belasten, die mehr zahlen können.
Die Pandemie bietet also eine Chance, Afrikas Staatsfinanzen auf eine neue Basis zu stellen (siehe Dereje Alemayehu im Schwerpunkt von E+Z/D+C e-Paper 2020/11). Wir sollten sie nutzen.
Chimezie Anajama ist Soziologin und studiert an der Ruhr-Universität Bochum im Masterprogramm Development Management.
Twitter: @mschimezie