Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Globalisierung

Wandel im ländlichen Raum

Um Hunger und Armut ein Ende zu setzen, müssen Chancen und Infrastruktur in Agrarregionen besser werden. Unternehmertum und die Schaffung von Arbeitsplätzen hängen von den richtigen Rahmenbedingungen ab.
Frisches Gemüse für Städter – damit lässt sich Geld verdienen, zum Beispiel in Nairobi. Schytte/Lineair Frisches Gemüse für Städter – damit lässt sich Geld verdienen, zum Beispiel in Nairobi.

Aus Sicht des Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank (African Development Bank – AfDB), Akinwumi Adesina, droht dem Kontinent ein „Katastrophendreieck“: Armut, Jugendarbeitslosigkeit und Klimawandel sind die Eckpunkte. Sie machen junge Menschen für extremistische Agitation empfänglich und lassen manche sogar zu Terroristen werden. Adesina hätte gern so etwas wie einen Index der Armutsbeseitigung (poverty eradication index), um Entscheidungsträgern an den Zielen zu messen, die sie sich selbst gesetzt haben.

Die Kernaufgabe ist, jungen Leuten Chancen zu verschaffen – und zwar besonders im ländlichen Raum. In Afrika kommen bis 2030 rund 440 Millionen Menschen neu auf den Arbeitsmarkt, auf dem bereits Konkurrenz herrscht. Es gibt nicht genug Jobs. Gut bezahlte Beschäftigung ist selbst in den schnell wachsenden Städten kaum zu finden – und auf dem Land, wo noch immer die meisten Afrikaner leben, ist die Lage noch schlimmer. Wachsende Bevölkerung bedeutet aber auch steigende Lebensmittelnachfrage – und Agrarregionen könnten von der Belieferung der Städte profitieren.  

Die Masse der Kleinbauern ringt um ihr Dasein und viele stecken in der Subsistenzlandwirtschaft fest. Zugleich sind manche Agrar-Unternehmer sehr erfolgreich – wie zum Beispiel Noi Paulina Selepe. Sie ist ausgebildete Lehrerin, hat aber eine Hühnerzucht aufgebaut. In wenigen Jahren ist ihre Produktion auf mehrere tausend Vögel im Monat angewachsen. Ihr Erfolg beruht darauf, dass sie sich mit anderen zusammengeschlossen hat, um Hotels und Supermärkte in ihrer Region zu beliefern.  

Mittlerweile vertritt sie als Generalsekretärin der National Lesotho Farmers Union 36,000 Landwirte. „Mein Traum ist, das Leben anderer Menschen zu verändern“, sagt sie. Sie sieht gute Chancen für junge Leute, die clever in Agrarproduktion investieren, und rät zur Nutzung moderner technischer Möglichkeiten.

Unternehmertum ist wichtig, sagt auch Nobelpreisträger Muhammad Yunus. Der Gründer der weltbekannten Mikrofinanzinstitution Grameen Bank in Bangladesch betonte Ende April auf einer Konferenz in Berlin, Menschen seien Unternehmer. Die Tagung „EINEWELT ohne Hunger ist möglich“ wurde im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung veranstaltet. Viele Millionen junger Afrikaner können laut Yunus eigene Betriebe starten und verdienen dabei Unterstützung.

Tony Elumelu, einer der erfolgreichsten Unternehmer Nigerias, sieht die Dinge in einem ähnlichen Licht. Er hat 2010 eine Stiftung mit dem Ziel gegründet, innerhalb eines Jahrzehnts 100 Millionen Dollar in Startups zu stecken. Die Stiftung stellt Startkapital bereit und bietet Bewerbern auch Coaching an. Elumelu sagt, Afrikaner müssten Führungsrollen übernehmen.  

Unternehmer brauchen aber auch ein geeignetes Umfeld. Mo Ibrahim, der sudanesisch-britische Unternehmer und Philanthrop, nennt in diesem Zusammenhang solide Regierungsführung, Menschenrechte, Schutz vor Diskriminierung und zuverlässige Infrastruktur. „Wie wollen Sie ein Unternehmen führen, wenn es keinen elektrischen Strom gibt?“ fragt er rhetorisch.

Seit viel zu langer Zeit stützen sich afrikanische Volkswirtschaften vor allem auf den Export von Rohstoffen. Die Erlöse aus Bergbau, Öl- und Gasförderung wurden nicht zur Diversifizierung genutzt. Nun verdient die ländliche Entwicklung endlich mehr Aufmerksamkeit. Ibrahim sagt, niemand wolle an Orten „ohne Licht, ohne Breitband, ohne  gute Schulen und ohne gute Gesundheitseinrichtungen“ leben.  

Die Konferenzteilnehmer verabschiedeten eine „Berlin Charter“ (siehe Kasten). Sie ruft die G20-Regierungen dazu auf, transformativen Wandel zu fördern. Als wichtige Mittel dafür nennt sie Investitionen in den Ausbau von Infrastruktur und Dienstleistungen sowie großangelegte, aktive Arbeitsmarktpolitik. Das Ziel ist, bis 2025 mindestens 600 Millionen Menschen vom Hunger zu befreien.

Beschäftigung zu schaffen und die Perspektiven junger Menschen in Agrarregionen zu verbessern, gehört zu den Zielen, welche die Bundesregierung bei ihrer aktuellen G20-Präsidentschaft verfolgt. Aus Sicht von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hängt die Zukunft der Menschheit vom ländlichen Raum ab. Die Beendigung von Hunger und Armut sei möglich und die Landflucht könne gestoppt werden. Innovationen und neuer Schwung in Agrarregionen könne auch die Welternährung sicherstellen. Um Globalisierung fair zu gestalten, müsse die internationale Politik jedoch gewährleisten, dass der ländliche Raum nicht vernachlässigt wird.

 

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