Elektrizität
Saubere Energie
Die moderne Zivilisation ist abhängig von Energie. Bangladesch ist ein tropisches Delta mit einer weiten Vernetzung von Flüssen und Kanälen. Das Land braucht eine Infrastruktur für nachhaltige Energien.
Die Böden sind fruchtbar, aber Land und landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten sind begrenzt. Wirtschaftswachstum, eine rapide Verstädterung und Industrialisierung steigern den Energiebedarf. Das Land ist bereits dicht besiedelt, was aber noch extremer werden wird: Obwohl das jährliche Bevölkerungswachstum seit 1980 von fast drei Prozent drastisch gesunken ist, lag es laut Weltbank im Jahr 2016 immer noch bei 1,1 Prozent.
In Bangladesch wird Strom weitgehend aus Erdgas und anderen fossilen Brennstoffen generiert. Diese Kraftwerke verschmutzen die Umwelt, stoßen große Mengen an Kohlendioxid aus und tragen zum Klimawandel bei. Erneuerbare Energien sind eine saubere und nachhaltige Alternative. Wie verfügbar sie sind, hängt von geografischen und klimatischen Gegebenheiten ab, unter anderem von Temperatur, Regenmenge, Luftstromgeschwindigkeit, Anzahl der Sonnenstunden und Feuchtigkeit. Bangladeschs geografische Beschaffenheit eignet sich bestens für erneuerbare Energien.
Die Regierung will Bangladesch bis 2020 komplett elektrifizieren. Derzeit haben 38 Prozent der Menschen noch keinen Strom. Rund 89 Prozent der Elektrizität werden über Erdgas erzeugt, erneuerbare Energie hat einen Anteil von 0,5 Prozent. Um die nötige Energie liefern zu können, baut die Regierung derzeit ein Atom- und ein Kohlekraftwerk. Umweltorganisationen halten sie für gefährlich und nicht nachhaltig und lehnen beide vehement ab. Sie sind besorgt wegen Nuklearunfällen, der Entsorgung des radioaktiven Abfalls, Luftverschmutzung und CO2-Emissionen.
Sicherer und weniger umweltschädigend sind Wind- und Solarkraft. Laut Experten könnte beides gut in Bangladesch umgesetzt werden, die Bedingungen dafür sind günstig. Hinzu kommt, dass der Ausbau des Stromnetzes in vielen Teilen des Landes nicht so bald möglich sein wird. Der Netzausbau ist teuer und macht wenig Sinn in Gegenden, in denen die Kaufkraft gering ist oder die etwa wegen großer Gewässer schlecht erreichbar sind. Dort sind netzunabhängige Lösungen mithilfe erneuerbarer Ressourcen sinnvoll und erschwinglich.
Klimadaten nutzbar machen
Zur Umsetzung dieser Lösungen helfen Klimadaten. Über meine App können die Menschen solche Daten abfragen und nutzen. Die App analysiert und veranschaulicht Durchschnittstemperaturen, Windgeschwindigkeiten, Sonnenstunden, relative Feuchtigkeit und durchschnittlichen Niederschlag über lange Zeiträume. Nutzer der App navigieren durch eine Landkarte von Bangladesch. Auf verschiedenen Ebenen zeigt sie das Potenzial unterschiedlicher erneuerbarer Energien an bestimmten Orten auf. Die Daten der App beziehen sich auf die niedrigste Verwaltungseinheit und liefern spezielle Informationen für Gegenden, wo es Polizeistationen („thanas“) gibt.
Um die besten Möglichkeiten für erneuerbare Energien – und auch solche, die über die reine Stromerzeugung hinausreichen, wie etwa Solarkocher – an den einzelnen Orten zu ermitteln, werden verschiedene Kriterien angelegt. Was die Nutzer mit den Informationen machen, bleibt ihnen selbst überlassen.
Die Küstenbewohner Bangladeschs nutzen schon seit jeher Sonnenenergie, um Fisch zu trocknen. Heutige Solartrockner funktionieren am besten bei Hitze und geringer relativer Luftfeuchtigkeit. Sie brauchen Platz, und den gibt es auf dem Land meist. Die Effizienz von Solarkochern und -öfen beruht vor allem auf Sonnenstunden und Temperaturen, starker Wind kann sie beeinträchtigen. Am besten eignen sich Gegenden mit täglich mehr als sechs Sonnenstunden und schwachem Wind. Auch solche Hinweise gibt meine App.
In Bangladesch gibt es viel Sonne – Solarzellen wären im ganzen Land sinnvoll. Allerdings sollten die Anlagen den örtlichen Temperaturen angepasst sein. Hitze mindert die Leistung der Solarzellen, dennoch werden sie oft an sehr heißen Orten eingesetzt.
Zur ökonomischen Windkrafterzeugung eignen sich Küsten- und Bergregionen am besten. Die Mindestwindgeschwindigkeit liegt bei drei bis vier Metern pro Sekunde. Ideal sind Windkraftanlagen an der Küste und in den Chittagong Hills.
Meine App macht auch Angaben zu Niederschlägen. Regenwasser kann in Tanks auf Dächern gesammelt und für den Hausgebrauch in Küchen und Toiletten geleitet werden. Gut installierte Vorrichtungen können Wasser auch über natürliche Wasserläufe in Speichertanks pumpen. Meine App hat drei Kategorien: Gegenden mit hoher, moderater und geringer Regenmenge. Das meiste Potenzial zum Sammeln von Regenwasser hat der Osten des Landes wegen seiner Hügel.
Die App kann auch Behörden, Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen dienen. Sie kann das Potenzial erneuerbarer Energien unterstützen sowie deren Einführung auf lokaler Ebene vorantreiben – und so die Stromerzeugung für eine nachhaltige Entwicklung erhöhen.
Natürlich kann meine App auch anderen Ländern nützen. Klimadaten werden weltweit immer wichtiger – nicht zuletzt für die Energieerzeugung.
Md Reaid Alam ist ein Geograf aus Bangladesch. Derzeit arbeitet er als Postgraduierter an der Technischen Hochschule Stuttgart, wo er die beschriebene App entwickelt hat. Sein Masterprogramm ist Teil der AGEP – der Arbeitsgemeinschaft entwicklungsländerbezogener Postgraduiertenstudiengänge.
riad_alam@yahoo.com
Link
Ein Eindruck von der App ist hier zu bekommen:
http://www.arcgis.com/apps/View/index.html?appid=e306dd97ab4548f4ba7d6b0f6a888e7b&extent=81.0917,20.0669,99.5488,29.4211