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Entwicklungsfinanzierung

Studie: Mikrokredite nicht überbewerten

Die Bundesregierung macht sich für einen neuen internationalen Mikrokredit-Fonds für ärmere Bevölkerungsschichten in Afrika stark. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul plädiert dafür, den Fonds auf dem G8-Gipfel im Juni in Heiligendamm ins Leben zu rufen; ein solcher Beschluss wäre ein „positives Signal“ für die ärmsten Menschen in Afrika, sagte die Ministerin der Financial Times. Innerhalb der G8 stößt der Vorschlag auf Zustimmung, berichtete die Zeitung. Wieczorek-Zeul sagte, der Fonds könnte beispielsweise von der Weltbank verwaltet werden; sie rechne damit, dass die G8-Länder dafür zusätzliche Mittel bereitstellen.

Unterdessen warnt die konservative US-Denkfabrik Cato Institute davor, den entwicklungspolitischen Nutzen von Mikrokrediten überzubewerten. In einer im Februar vorgelegten Studie des Instituts heißt es, Mikrokredite trügen kaum zum wirtschaftlichen Wachstum in Entwicklungsländern bei. Stattdessen fließen sie laut dem Papier vor allem in den Konsum oder tragen bestenfalls zum Erhalt einer von Kleinstunternehmen geprägten Subsistenzwirtschaft bei. Die meisten Armen, für die Mikrokredite gedacht seien, seien gar keine „echten Unternehmer“, die am Wachstum ihrer Betriebe interessiert seien. Sie benötigten das Geld schlicht dazu, um erforderliche Ausgaben zu tätigen und ihren Lebensstandard zu halten. „Wir sollten von Mikrokrediten nicht erwarten, dass sie Wachstum oder erfolgreiche Betriebsgründungen merklich beeinflussen“, heißt es in der Studie.

Der Autor, Thomas Dichter, begründet seine Skepsis vor allem historisch. Nicht „Kredite für alle“ hätten in den heute fortgeschrittenen Ländern Europas und Nordamerikas die wirtschaftliche Entwicklung in Gang gebracht. Laut Dichter haben ambitionierte Kleinunternehmer, die Investitionskapital brauchen, um zu expandieren, schon immer eher informelle Quellen wie Familienmitglieder oder Freunde angezapft, statt auf formelle Kredite zurückzugreifen. Die „Demokratisierung des Kreditwesens“, wie sie auch der Mikrofinanzansatz verfolge, hat in den heutigen Industrieländern erst nach Erreichen eines bestimmten Entwicklungsniveaus eingesetzt – jedoch nicht, um Investitionskapital bereitzustellen, sondern um den Konsum anzukurbeln. In den reichen Ländern, so Dichter, sei es zu Beginn der wirtschaftlichen Entwicklung um Sparprogramme und Versicherungen für die arme Bevölkerung gegangen, nicht um Kredite. Die heutige Mikrofinanzbewegung mache es genau umgekehrt: Lange Zeit seien nur Kredite angeboten worden, dann auch Sparmöglichkeiten, und erst seit kurzem werde über Versicherungen für Arme gesprochen.

Mikrokredit-Praktiker stimmen dem Befund Dichters teilweise zu, nicht jedoch seiner Schlussfolgerung. Richtig sei, dass Kleinkredite allein die Armut nicht beseitigen können, sagt Martin Rohler vom Mikrofinanzberater LFS Financial Systems in Berlin. Insofern korrigiere die Cato-Studie die sehr hohen Erwartungen an Mikrokredite, wie sie zuletzt im Friedensnobelpreis an den Gründer der Grameen-Bank, Muhammad Yunus, zum Ausdruck gekommen seien. Der Beitrag von Mikrokrediten zur Armutsreduzierung sei aber unstrittig, ebenso ihre hohe Effizienz im Vergleich zu anderen Instrumenten der Entwicklungshilfe. Dass die meisten Kleinkredite in den Konsum fließen und nicht investiert würden, wie Dichter behauptet, sei Unsinn, sagt Rohler, der mehrere Jahre die Kreditabteilung der mosambikanischen Mikrofinanzbank Socremo in Maputo geleitet hat. Zudem könne im Mikrofinanzgeschäft gar nicht immer präzise zwischen Konsumausgaben und Investitionen unterschieden werden. (ell)

Im Internet:
Die Cato-Studie: