Entwicklung und
Zusammenarbeit

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„Stabile Familien, Unternehmen und Nationen“

Entwicklung hängt von Fachkompetenz in den Branchen ab, in denen ein Land auf Dauer Wettbewerbsvorteile hat. Ohne gut ausgebildetes Personal können Unternehmen nicht wachsen. Der CIDA City Campus in Johannesburg nimmt ausschließlich arme Studenten auf. CIDA-Gründer Taddy Blecher erläutert die Bedeutung der Hochschulbildung.

[ Interview mit Taddy Blecher ]

Geber gehen meist davon aus, Förderung von Hochschulen diene nur den Eliten. Stimmt das?
Zu einem gewissen Grad schon. Es hängt aber vom einzelnen Land ab. Jeder Staat betreibt seine eigene Bildungspolitik. Ob die Armen sich Hochschulbildung leisten können, ist sehr unterschiedlich. Wenn ausländische Geber etwas bewirken wollen, müssen sie nicht nur in Hochschulen investieren, sondern das mit der Förderung unternehmerischen Denkens verbinden, um sicherzustellen, dass Absolventen nicht nur herumhängen und auf einen Arbeitsplatz warten. In vielen armen Ländern gibt es die Jobs, die Hochschulabgänger suchen, nicht. Sie müssen sich also selbst Arbeit schaffen.

Besteht nicht das Risiko, dass Hochschulabgänger aus armen in reiche Länder abwandern und ihre Kompetenz für ihre Heimat verlorengeht?

Natürlich, das geschieht ständig. Aber letztlich bringt jeder Job für jemanden, der in einem Entwicklungsland ausgebildet wurde, Mehrwert. Selbst wenn er im Ausland lebt, kann sein Wohlstand Investitionen in der Heimat finanzieren. Viele Migranten überweisen Geld an Verwandte. Zwar geht ihre Ausbildung tatsächlich erstmal ihrem Land verloren, aber wenn man sich die gesamte Dynamik ansieht, entstehen durchaus neue Möglichkeiten, in der Heimat für mehr Kompetenz zu sorgen.

Wie kann die Auswanderung gut ausgebildeter Fachkräfte zu mehr Kompetenz in ihrer Heimat führen?

Wie gesagt, arme Länder bieten normalerweise nicht viele interessante Arbeitsplätze für Hochschulabsolventen. Wenn einige von ihnen das Land verlassen, entspannt das die Lage etwas und schafft für andere Anreize zu studieren. Auch die, die ins Ausland gehen, haben natürlich Vorbildcharakter. Langfristig treiben Verbindungen zwischen hoch ausgebildeten Fachkräften zuhause und im Ausland häufig Innovation und Wachstum an. Ein gutes Beispiel ist Indien. Sehr viele Inder gingen in die USA und andere Länder. Sie schick­ten enorme Finanzmittel heim. Seit die indische Wirtschaft boomt, kehren viele von ihnen zurück. Sie nutzen ihr Know-how aus der Ersten Welt, erkennen Chancen und übernehmen die Verantwortung, Unternehmen in Indien zum Erfolg zu führen.

Ist höhere Bildung vielleicht für Schwellenländer wie Indien, Südafrika oder Mexiko sinnvoll, aber nicht für die am wenigsten entwickelten Länder?

In den Industrieländern greift eine positive Spirale. Bildung sorgt dafür, dass die Menschen für gut bezahlte Jobs qualifiziert sind und die Unternehmen wachsen. Das Ganze führt zu genügend Wohlstand und Steuereinnahmen, um Bildung zu finanzieren. Aber gering entwickelte Länder brauchen ebenfalls Bildung. Aktives Unternehmertum hängt von Fachkompetenz in den Sektoren ab, in denen ein Land auf Dauer Wettbewerbsvorteile hat, damit Firmen gedeihen, Menschen Arbeit finden und Einkommen gemehrt werden. Die Branchen müssen sorgfältig ausgesucht werden. Es gilt in Wirtschaftszweige zu investieren, die eine Zeit lang vor der Globalisierung geschützt oder gar immun gegen sie sind.

Aber die gängige Sicht ist bislang, dass Grundschulbildung am wichtigsten ist.

Die UN-Millenniumsziele wurden vor sieben Jahren verabschiedet. Sie stellen international das Recht auf allgemeine Schulbildung bis zur Klasse 9 in den Mittelpunkt. Vielleicht hat das etwas zu viel Beachtung erhalten, auf Kosten der Berufsbildung und der Hochschulbildung, auf die es ebenfalls ankommt. Das sind voneinander abhängige Komponenten des Bildungssystems, alle müssen ernst genommen werden. Sonst bleiben, wie in Entwicklungsländern häufig der Fall, viele Jugendliche trotz Abschluss der 9. Klasse oder sogar der 12. Klasse arbeitslos und unvermittelbar, weil ihnen die Fähigkeiten fehlen, welche die heimische Wirtschaft braucht.

Was muss geschehen?

Bildungspolitik muss langfristig angelegt werden, um die Kompetenzen, die die Wirtschaft voraussichtlich braucht und die noch nicht ausreichend da sind, aufzubauen. Aber darüber hinaus bleiben in der armen wie reichen Welt zwei wichtige Aspekte bislang unberücksichtigt. Themen des Unternehmertums werden zu wenig behandelt. Außerdem brauchen wir eine holistische, werteorientierte Bildung, die Bürger mit der nötigen Kraft und Integrität schafft, um stabile Familien, Unternehmen und Nationen aufzubauen.

Warum stimmt die gewohnte Einschätzung der Grundschulbildung nicht mehr? War sie je korrekt?

Diese Dinge verlaufen in Phasen. Planer unterliegen Moden, sie denken nicht alles systematisch und langfristig durch. Manchmal führen auch schlechte Erfahrungen zu falschen Schlüssen. Beispielsweise floss in den 80er und 90 Jahren viel Geld aus den USA in die höhere Bildung in Afrika, aber mit unbefriedigenden Ergebnissen. Das Resultat war eine überzogene Betonung der Grundbildung für die Benachteiligten, die keine ökonomisch erfolgreichen Eltern haben. Die richtige Lehre wäre gewesen, dass Bildung auch unternehmerisches Denken vermitteln muss, damit Menschen lernen, ökonomisch auf eigene Beinen zu kommen. Deshalb ist CIDA City Campus auf einen Betriebswirtschaftskurs mit Schwerpunkt Unternehmertum ausgerichtet.

Ihre Hochschule ist ungewöhnlich: eine private Institution, die benachteiligte Menschen unterstützt. Was sind Ihre wichtigsten Prinzipien?

Vor allen Dingen: Jeder Mensch hat mehr Potential als derzeit genutzt wird. Dieses Potential könnte dazu dienen, das eigene Leben und die Gesellschaft besser zu gestalten. In jeder Volkswirtschaft sind Menschen der einzige Aktivposten, auf den es wirklich ankommt. Deshalb ist die wichtigste Aufgabe jeder Regierung, Humanressourcen optimal zu entwickeln. Es gilt zu beweisen, dass von der Gesellschaft vernachlässigte Menschen – die Ärmsten der Armen, die Marginalisierten – sozial großen Mehrwert schaffen können. Wenn man das oft genug beweist, werden die Leute ihre Meinung darüber ändern, was Entwick­lungshilfe ist und wie sie ausgegeben werden soll, um schwache in starke Nationen zu verwandeln. Was wir letztlich brauchen, ist ein ganzheitliches Verständnis davon, was Menschsein wirklich ausmacht.

Die Fragen stellte Hans Dembowski.

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