Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Demokratieförderung

Erschwerte Bedingungen

Sechs Politische Stiftungen aus Deutschland fördern weltweit Zivilgesellschaft, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. Da sie nicht immer bequem sind, machen ausländische Regierungen ihnen und ihren Partnerorganisationen die Arbeit zunehmend schwer.
2008 konnte die Konrad-Adenauer-Stiftung noch ungehindert in Ägypten wirken: Vortrag für islamische Vorbeter. Anne-Beatrice Classmann/picture-alliance/dpa 2008 konnte die Konrad-Adenauer-Stiftung noch ungehindert in Ägypten wirken: Vortrag für islamische Vorbeter.

Politische Willensbildung im In- und Ausland ist seit 60 Jahren Auftrag der Politischen Stiftungen. Sie forschen, informieren, bilden und beraten Politik und Öffentlichkeit. In ihrer politischen Ausrichtung stehen sie je einer im Deutschen Bundestag vertretenen Partei nahe. Rechtlich sind sie jedoch von ihnen getrennt. Sie erhalten auf Beschluss des Parlaments staatliche Zuschüsse, handeln aber nicht im Auftrag der Bundesregierung. Deshalb sind sie in der Wahl ihrer Partner im Ausland weitgehend unabhängig von der staatlichen bilateralen Entwicklungspolitik.

Konkret heißt das: Stiftungen können frei nach ihrer Weltanschauung mit unterschiedlichen Oppositionsparteien, zivilgesellschaftlichen Organisationen und freien Medien kooperieren. Diese Flexibilität ermöglicht auch die Zusammenarbeit mit Ländern und Bereichen, in denen staatliche Organisationen nicht arbeiten dürfen oder wollen. So entsteht im besten Fall ein breiterer entwicklungspolitischer Dialog mit unterschiedlichen Akteuren.

Die Arbeit der Stiftungen hat in vielen Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas und inzwischen auch in den Transformationsländern Osteuropas einen festen Platz. Sie erklären Politik, diskutieren mit, stellen Verbindungen zwischen Entscheidungsträgern her und führen konkrete Projekte durch. In der Demokratischen Republik Kongo arbeiten sie beispielsweise mit Universitäten und Parteien zusammen, um politische Programme zu erstellen und zu vermitteln. In Rumänien schulen sie Juristen zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit. In Bolivien vermitteln sie der indigenen Bevölkerung Grundlagen des politischen Prozesses und Einflussmöglichkeiten. In Indonesien veranstalten sie Weiterbildungen zu Menschenrechten und Toleranz für Koranschullehrer. Weltweit organisieren Stiftungen Aus- und Fortbildungen für (künftige) Führungseliten aus Parteien, Parlamenten und gesellschaftlich relevanten Gruppen. Dabei orientieren sie sich an ihren Grundwerten und verleihen diesen international Resonanz.

In vielen Ländern haben die deutschen Stiftungen maßgeblich zu Pluralismus, Dezentralisierung von politischen Entscheidungen und zur Förderung von demokratischen und rechtsstaatlichen Verhältnissen beigetragen. Das war bisher überall akzeptiert, selbst in autoritär regierten Systemen – schließlich konnte man selbst auch die Stiftungen nutzen, und sei es nur, um Gesprächskanäle zu eröffnen.

Ein bedeutendes Thema für Stiftungen ist seit über 40 Jahren gute Regierungsführung. Sie beschäftigten sich damit schon lange, bevor die deutsche Entwicklungspolitik das Thema aufgriff, und haben ein weltweites Netz an Kontakten aufgebaut. Dennoch war diese Arbeit lange in der Öffentlichkeit der Partnerländer kaum sichtbar. Dafür war das zur Verfügung stehende Geld zu gering.

Seit Mitte der 1990er Jahre erhielten die Stiftungen eine höhere finanzielle Unterstützung für diesen Themenbereich, denn die Entwicklungspolitiker erkannten die Bedeutung von Good Governance. Die Entwicklungszusammenarbeit stößt nämlich dort an Grenzen, wo Partnerregierungen eher an Machterhalt und Bereicherung als am Gemeinwohl interessiert sind. In diesem Bereich haben auch zivilgesellschaftliche Akteure in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. In fast allen Ländern entstanden Nichtregierungsorganisationen (NGOs), und viele erhalten beträchtliche Mittel aus internationalen Töpfen. Auch entwicklungspolitische Durchführungsorganisationen besetzen mittlerweile das Thema „gute Regierungsführung".

Die verstärkte Hinwendung zu Good Governance zeigt: Die Orientierung an demokratischen Prinzipien und solider Amtsführung ist entscheidend für die Entwicklung eines Landes. Nur wenn die Bevölkerung mitbestimmen und ihre Interessen vertreten kann, fühlt sie sich verantwortlich und motiviert, Reformen und Veränderungen voranzutreiben. Umgekehrt gilt natürlich: Nur wenn schlechte Regierungen abgewählt werden können, werden sich Politiker gegenüber der Bevölkerung verantwortlich fühlen und achtsam mit Geldern und öffentlichen Gütern umgehen.

 

Zivilgesellschaft unwillkommen

Der Wunsch der Zivilgesellschaft nach Mitbestimmung und Transparenz stößt jedoch nicht bei allen Machthabern auf Zustimmung. Auch in gut regierten Ländern hat die politische Führung oft Schwierigkeiten, mit einer dynamischen und selbstbewussten Öffentlichkeit umzugehen. In weniger gut regierten Ländern wiegt die Angst der Machthaber vor Kontroll- und Machtverlust noch deutlich schwerer. Gerade in den Ländern, in denen Mitbestimmung noch nicht fest verankert ist, versuchen die Regierungen politisches Engagement einzuschränken oder zu verbieten. Unterstützen ausländische Organisationen oppositionelles Engagement, wird das schnell als Einmischung in innere Ange­legenheiten gewertet.

Zwei gegensätzliche Entwicklungen sind zu beobachten: In vielen Ländern haben sich die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft verbessert, in anderen schwinden jedoch Gestaltungsräume und unabhängige Organisationen sind verstärkter Staatskontrolle ausgesetzt.

Die Konsequenz daraus zeigen die jüngsten Schwierigkeiten, mit denen die Politischen Stiftungen zu kämpfen haben. Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) etwa musste nach jahrzehntelanger Tätigkeit in Ägypten ihr Büro schließen. Zwei Mitarbeiter wurden wegen angeblich illegaler Aktivitäten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, sie befinden sich aber nicht mehr im Land. Dass es sich hier um ein politisches Verfahren handelt, ändert nichts an der Wirksamkeit des Urteils, dem eine irrwitzige Argumentation zugrunde liegt. Schließlich hatte die Stiftung in Ägypten immer mit Kenntnis der staatlichen Organe gearbeitet, von Heimlichkeit keine Spur.

Dennoch sah das Gericht in der Arbeit der KAS und amerikanischer NGOs „eine neue Form der Kontrolle und Dominanz und eine kostengünstigere Form eines sanften Kolonialismus", wie es im Urteilsspruch heißt. Die Geberländer würden mit dieser Strategie das Ziel verfolgen, „die Nehmerländer zu destabilisieren". Am schlimmsten trifft das Ende der Arbeit von Stiftung und internationaler NGOs deren ägyptische Partnerorganisationen. Letztere haben die Unterstützung ihrer interna­tionalen Partner verloren, mit denen sie sich gemeinsam für Mitbestimmung, Freiheit und Menschenrechte einsetzten und Missstände anprangerten.

Ägypten ist kein Einzelfall. Auch in anderen Ländern wird die Arbeit von Politischen Stiftungen behindert. Büros werden durchsucht, Mitarbeiter bedrängt. Zudem werden in einigen Ländern wie beispielsweise in Äthiopien und Ecuador die gesetzlichen Regelungen für die Tätigkeit von NGOs allgemein verschärft.

Einige Regierungen behindern zivil­gesellschaftliches Engagement insgesamt immer mehr. Damit drohen Werte wie gute Regierungsführung, Transparenz und Rechenschaftspflicht in einigen Ländern als unerwünscht gebrandmarkt zu werden. Doch wer die Zivilgesellschaft einschränkt, unterbindet einen ehrlichen Dialog zwischen Regierung und Bevölkerung. Machthaber, die nicht mehr mit ihrer Bevölkerung kommunizieren können, wissen auch nicht, was gut und notwendig für die Menschen ist, denen sie eigentlich dienen sollen. Sie können nicht auf Missstände reagieren, weil sie nicht hören (wollen), was ihre Bevölkerung sich wünscht.

Obwohl die neuesten Entwicklungen das Engagement der Zivilgesellschaft erschweren, zeigen sie auch, dass ihre Stimme laut ist und gehört wird. Regierungen schränken Mitbestimmung dann ein, wenn der Veränderungsdruck in der Gesellschaft schon groß ist. Repressionen können diese Stimme nur kurzfristig mundtot machen.

Langfristig müssen sich Staaten dem Beteiligungswillen der Bevölkerung stellen. In vielen Entwicklungsländern werden die Menschen selbstbewusster und wollen ihr Recht auf Teilhabe durchsetzen. Dies geschieht auch in vielen Schwellenländern, wie aktuell in Brasilien.

Die Argumentation von der „Einmischung von außen" soll häufig verschleiern, dass Regierungen sich selbst in ­internationalen Vereinbarungen zur Durchsetzung der Menschenrechte bekannt haben. Dafür einzutreten ist nichts anderes, als diese Regierungen beim Wort zu nehmen und sie an ihre Verpflichtungen zu erinnern. 


Wenn Regierungen dies als Einmischung bezeichnen, sollte das die Politischen Stiftungen und ihre Partnerorga­nisationen vor Ort nicht abschrecken. Entwicklungspolitik sollte nicht nur Armutsbekämpfung sein. Sie sollte nachhaltig dazu führen, dass eine Gesellschaft ihre eigenen Ziele in einem demokratischen Prozess selbst formulieren und dann auch umsetzen kann. Wohlstand und Freiheit haben im Laufe der Geschichte dort dauerhaft floriert, wo sich die Bevölkerung eingemischt und mitbestimmt hat. Die Politischen Stiftungen fühlen sich dieser Einsicht verpflichtet.

 

Wolfgang Maier ist stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Europäische und Internationale Zusammenarbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS).
wolfgang.maier@kas.de

Sebastian Barnet Fuchs ist Koordinator für Entwicklungspolitik und Menschenrechte bei der KAS.
sebastian.fuchs@kas.de