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Folgen der Aufteilung Afrikas

Schwieriges Erbe

Die Aufteilung des afrikanischen Kontinents unter den europäischen Kolonialmächten hatte weitreichende Konsequenzen. Sie zeigen sich in den heutigen sozialen, politischen und Rechtssystemen, in wirtschaftlichen Abhängigkeiten und Sprachgrenzen. Die Afrikaner sind jedoch selbst dafür verantwortlich, die Hürden des kolonialen Erbes zu überwinden.
In Kamerun machte die Aufteilung in eine frankophone Mehrheit und eine anglophone Minderheit das Verständnis „nationaler Einheit“ schwierig. Gegner von Präsident Paul Biya demonstrieren während seines Besuchs der UN-Generalversammlung im September in New York. Matthews/picture-alliance/AP Photo In Kamerun machte die Aufteilung in eine frankophone Mehrheit und eine anglophone Minderheit das Verständnis „nationaler Einheit“ schwierig. Gegner von Präsident Paul Biya demonstrieren während seines Besuchs der UN-Generalversammlung im September in New York.

1884 berief Reichskanzler Otto von Bismarck die Berliner Konferenz – auch als Kongokonferenz bekannt – ein, um den Wettlauf der europäischen Mächte um Afrika in geordnete Bahnen zu lenken. Die Folge war eine Aufteilung des Kontinents unter den wichtigsten Besetzerstaaten. Die auf der Konferenz gefassten Beschlüsse wirkten sich nachhaltig auf die politische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung der meisten Länder Afrikas aus.

Ob ein Land der einen oder anderen Kolonialmacht zugesprochen wurde, bestimmte das Regierungsmodell und das Rechtssystem. Es legte auch die Rahmenbedingen für das wirtschaftliche und kulturelle Leben der Gesellschaften fest. Die Unterschiede in den Systemen machten die Einheit Afrikas sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich.

Bezeichnungen wie Victoriafälle oder Albertsee, Kleidervorschriften wie Richterperücken in den ehemaligen britischen Kolonien oder die Namen von Währungen wie CFA-Franc oder Kongo-Franc zeigen, wie groß der Einfluss des Kolonialismus bis heute ist. Dieser Einfluss und seine Folgen manifestieren sich auf unterschiedliche Weise in Politik, Recht, Kultur und Wirtschaft vieler afrikanischer Staaten.


Traditionelle Unterscheidungen ignoriert

Die auf der Berliner Konferenz festgelegten Grenzen teilten den Kontinent nach geopolitischen Zielen neu auf. Diese Aufteilung missachtete die Geschichte und die Dynamiken, die unter den betroffenen Völkern herrschten. Ethnolinguistische Gruppen mit gemeinsamer Kultur und Geschichte wurden auseinandergerissen. Das Volk der Bakongo zum Beispiel fiel unter die Herrschaft von drei Kolonialmächten: Belgien in der Demokratischen Republik (DR) Kongo, Frankreich in der Republik Kongo und Portugal in Angola. Die verschiedenen Rechts- und Sozialsysteme der europäischen Mächte vertrugen sich oft nicht mit den Bedürfnissen, Gewohnheiten und Traditionen der unterworfenen Menschen.

Auch die anhaltenden Spannungen in Kamerun sind eine Folge dieses Erbes (siehe auch meinen Kommentar in E+Z/D+C e-Paper 2017/04, S. 13). Die Gruppen im Nordwesten und Südosten des Landes ähneln sich kulturell, wurden aber in der Kolonialzeit in anglophone Kameruner (unter britischer Herrschaft) und frankophone Kameruner (unter französischer Herrschaft) geteilt. Diese Teilung ist die Ursache des aktuellen schwerwiegenden Konflikts.

Auf der anderen Seite wurden sehr unterschiedliche ethnische und politische Gruppen wie die Hausa-Fulani, die Igbos und die Yoruba in Nigeria gezwungen, unter derselben (britischen) Kolonialverwaltung zusammenzuleben. Zudem verschärften die unterschiedlichen Regierungsmodelle der Kolonialmächte Spannungen zwischen afrikanischen Ländern.

Belgien, Frankreich und zu einem gewissen Grad auch Deutschland übten eine direkte Herrschaft aus. Ihr Regierungssystem war hochgradig zentralisiert. Politische Institutionen und Rechtssysteme der afrikanischen Länder wurden komplett durch Kolonialstrukturen ersetzt. Ziel war es, die betroffenen Gesellschaften zu „assimilieren“ oder „zivilisieren“. So wurde lokalen Führern jegliche Autorität entzogen und allein in die Hände der Kolonialmächte gelegt. Kolonialverwalter zogen die Fäden in allen wichtigen Institutionen.

Damit einher ging ein Rechtssystem, das auf dem kontinentaleuropäischen Zivilrechtssystem basierte, in dem Recht in Gesetzbüchern festgeschrieben ist. Dieses Recht mussten die unterworfenen Völker anwenden und respektieren. Die direkte Herrschaft erklärt teilweise Probleme in der Regierungsführung, unter denen die meisten ehemaligen belgischen und französischen Kolonien bis heute leiden. Die Machthaber, die nach der Unabhängigkeit ans Ruder kamen, hatten keine Erfahrung und kaum Zeit, sich auf die Regierungsgeschäfte vorzubereiten. Oft übernahmen sie das koloniale Modell.

Die indirekte Herrschaft hingegen setzte mehr auf Kooperation und bezog lokale afrikanische Autoritäten in die Kolonialverwaltung ein. Das sollte die Akzeptanz der Fremdherrschaft begünstigen. In diesem System, das in den meisten britischen Kolonien angewendet wurde, blieben Teile der vorherigen politischen Institutionen und Rahmenbedingungen erhalten. Allerdings besetzten Kolonialverwalter die wichtigsten Posten und hatten das letzte Wort.

Das dazugehörige Rechtssystem basierte auf Gesetzesvorschriften aus dem englischen Common Law, bezog aber Aspekte lokaler Traditionen und Kulturen mit ein. Die indirekte Herrschaft begünstigte in den britischen Kolonien eine effektivere und ausgewogenere Regierungsführung nach der Unabhängigkeit, weil Einheimische stärker in die öffentlichen Angelegenheiten eingebunden waren und ihre Traditionen und Kultur das politische und rechtliche Kolonialsystem beeinflussten.


Teile und herrsche

Die Kolonialmächte verfuhren nach dem Prinzip „Teile und herrsche“. Sie betonten die ethnischen Spannungen, die aus den willkürlichen Grenzziehungen entstanden waren. Verschiedene Gruppen wurden gegeneinander ausgespielt, eine gemeinsame Identität sollte nicht entstehen. Bestehende politische Institutionen wurden geschwächt, so dass die Kolonialherren ihr Herrschaftssystem leichter einführen konnten. Diese Strategie führte auf lange Sicht dazu, dass Nationenbildung in Ländern wie der DR Kongo (einer ehemaligen belgischen Kolonie), Kenia und Nigeria (ehemalige britische Kolonien) oder Kamerun und Tschad sehr schwierig war. Oft wiegt die ethnische Zugehörigkeit noch immer schwerer als die nationale Identität.

Außer den politischen und Rechtssystemen spielte Bildung eine wichtige Rolle bei der Neuordnung der afrikanischen Gesellschaften in der Kolonialzeit. Traditionelle Lehrmethoden wurden ersetzt durch Modelle, die auf den Bildungssystemen Portugals, Spaniens, Frankreichs, Belgiens, Italiens oder Britanniens fußten. Sie verwendeten die Sprachen der Kolonialherren. Diese taten wenig dafür, alle Menschen im Land zur Schule zu schicken. Die Folge war eine soziale Spaltung: Eine kleine lokale Elite – meist in städtischen Gebieten – kam in den Genuss europäischer Bildung. Sie wurde mit europäischer Geschichte, Recht und Werten vertraut gemacht. Dagegen stand die große Mehrheit ihrer Landsleute, die in ländlichen Gegenden lebten und kaum Zugang zur Kolonialverwaltung hatten.

Die Folgen dieser Spaltung sind bis heute evident, vor allem, wenn man die wachsende Ungleichheit betrachtet. Die sozialen Unterschiede nehmen zu. Afrikanische Länder zeichnen sich durch unglaublich reiche Eliten und Massen von Menschen aus, die in extremer Armut leben.

Nach wie vor haben afrikanische Länder in vielen Fällen stärkere wirtschaftliche Beziehungen zu den ehemaligen Kolonialmächten als zu Nachbarländern. Das Commonwealth, die französisch-afrikanischen Beziehungen und die belgisch-kongolesische Partnerschaft spielen noch immer eine wichtige Rolle. Die meisten Länder erhielten die von den europäischen Mächten etablierten wirtschaftlichen Verbindungen nach ihrer Unabhängigkeit aufrecht. Sie exportieren noch immer vor allem Rohstoffe und importieren Industrieprodukte aus Europa und zunehmend auch aus Asien. Aufgrund fehlender Diversifizierung und Spezialisierung sind sie anfällig für schwankende Rohstoffpreise und abhängig von Hilfe – unter anderem von den Partnerschaftsabkommen mit den ehemaligen Kolonialmächten.

Die in der Kolonialzeit etablierten politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Systeme und Verbindungen behindern die regionale Integration Afrikas aus drei Hauptgründen:

  • Die Betonung von Ethnizität und die starken Verbindungen nationaler Eliten zu den ehemaligen Kolonialmächten erschweren den nationalen Zusammenhalt und machen kontinentweite Einheit nahezu unmöglich.
  • Die Rohstoffe exportierenden Länder betreiben nur wenig Handel untereinander.
  • Schwache und anfällige Staaten sind abhängig von Hilfe.

Das Bild des postkolonialen Afrikas ist düster. Die Afrikaner müssen sich den Herausforderungen stellen und selbst Lösungen entwickeln, um die Hürden des kolonialen Erbes zu überwinden. Sie müssen ihre politischen, Rechts- und Wirtschaftssysteme reformieren, indem sie Institutionen, Rechte und Werte schaffen, die zu ihnen passen. Anstatt sich auf technische und finanzielle Unterstützung ehemaliger Kolonialmächte und internationaler Finanzinstitutionen zu verlassen, sollten afrikanische Staaten mehr auf effektive Nationenbildung setzen, auf regionale Zusammenarbeit und gemeinsame Anstrengungen für wirtschaftlichen Wandel und Eigenständigkeit.


Jonathan Bashi arbeitet als Juradozent und Berater im Bereich internationale Entwicklung in der Demokratischen Republik Kongo.

 

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Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.