Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Öffentliche Wasserversorgung

Mit Knappheit umgehen

Der Wasserbedarf steigt weltweit, vor allem im Nahen Osten. Wenn alle Länder und Beteiligten in der Region an einem Strang ziehen, können sie mit den großen Herausforderungen fertig werden. Wasser muss umsichtig gespart werden, Abwässer müssen aufbereitet und wiederverwendet und Vorbehalte gegen diese Praxis abgebaut werden.

[ Von Ismail Al Baz, Loredana De Florio und Andreas Bethmann ]

Wasser ist besonders in den Ländern südlich und östlich des Mittelmeers ein knappes Gut. Einige Länder in der Region – Palästina oder der Jemen beispielsweise – leiden unter Wasserstress. Pro Einwohner stehen dort jährlich nur 500 Kubikmeter zur Verfügung und der steigende Bedarf wird die Lage noch verschärfen. Im Jahr 2020 werden selbst Länder wie Syrien und Libanon, die heute noch große Reserven haben, Engpässe erleben.

Jordanien fehlt heute schon Wasser. Es gehört zu den zehn Ländern weltweit mit den geringsten erneuerbaren Wasserreserven. Wasserreserven gelten als erneuerbar, soweit Niederschläge die Ausbeutung des Grundwassers ausgleichen. Durch das Bevölkerungswachstum sind die Ressourcen seit 1973 um 66 Prozent geschrumpft. Amman ist typisch für eine Stadt mit Wasserversorgungsproblemen. Das Wasser für die Haushalte lagert in Tanks auf den Dächern, die normalerweise zweimal wöchentlich vom öffentlichen Versorger aufgefüllt werden, in trockenen Zeiten gelegentlich nur einmal. Geschätzte 40 Prozent des Wassers gehen in den Leitungen verloren. Außerdem nutzt Jordanien 70 Prozent des knappen Gutes für die Landwirtschaft und exportiert damit de facto eine wertvolle Ressource in Form von Agrarprodukten.

Probleme mit der Wasserversorgung wirken sich auf die Wirtschaft ebenso aus wie auf den zerbrechlichen Friedensprozess in der Region. Wenn die Westbank und der Gaza-Streifen nicht genug Wasser erhalten – und das ist oft der Fall –, dann gibt es keinen Raum für ökonomisches Wachstum und Wohlstand. Armut und Verzweiflung aber schaden dem Frieden. Im Jahr 2020 wird Palästina schätzungsweise mehr als eine Milliarde Kubikmeter Wasser jährlich benötigen. Derzeit beschränkt Israel die Versorgung auf nur 300 Millionen Kubikmeter und verbraucht selbst rund 85 Prozent der erneuerbaren Wasserressourcen der Westbank.

Seit rund 5000 Jahren kämpfen die Menschen im Nahen Osten mit Wasserknappheit und Regenmangel. Sie haben interessante Technologien entwickelt, und einige altbewährte Versorgungssysteme werden heute noch genutzt.

Die Nabatäer beispielsweise sammelten Regenwasser und lenkten es in ihre Dörfer. Andere Zivilisationen im Mittelmeerbecken schlugen Wasserreservoirs in Felsen. Sie hielten die Zuläufe eng, um die Verdunstung zu reduzieren. „Trockene Wände“ absorbierten die Luftfeuchtigkeit in den Hohlräumen, insbesondere nachts. „Qanat“ genannte unterirdische Wasserleitungen versorgten Haushalte, ebenfalls um Verluste durch Verdunstung zu verringern.

Solche historischen Modelle können heute noch Vorbild sein und beim Management der Wasserversorgung helfen. In Jordanien bringt die Regenzeit jedes Jahr Milliarden von Kubikmetern Niederschläge. Das entspricht ungefähr der Menge im regenreichen Deutschland, allerdings verdunsten in Jordanien mehr als 90 Prozent fast sofort wieder. Nur ein kleiner Teil versickert und speist das Grundwasser. Zudem hat Jordanien mit Bodenerosion und der Auswaschung von Nährstoffen zu kämpfen. Darüber hinaus führen die enormen Regenfälle zu Verkehrsproblemen und tödlichen Unfällen.

Angesichts dieser Probleme ist es sinnvoll, Wasser aufzufangen. So könnten der Wassermangel in trockenen Zeiten reduziert und die schlimmen Auswirkungen von Sturzregen in der Regenzeit vermieden werden. Programme zum Sammeln und „Ernten“ von Regenwasser müssten flächendeckend eingeführt werden. In jedem Land der Region müsste ein strategisches Wasserressourcenmanagement alle möglichen Optionen ausschöpfen.

Es gibt bereits Fortschritte. In Jordanien und Palästina wurden mit Hilfe von deutschen Entwicklungsorganisationen (InWEnt, GTZ und KfW) dezentrale Wasserversorgungssysteme installiert und neue Wassergebühren eingeführt. Jordanien hat zudem eine Gesamtstrategie für den Wassersektor erarbeitet, die derzeit verwirklicht wird. Die Nachbarländer Palästina, Libanon und Syrien folgen diesem Beispiel.

Dennoch sind beim Wassermanagement in vielen Fällen noch viele Hürden zu überwinden: Geringe Effizienz, unzureichende Finanzierung, schlechte Wartung und ein Mangel an qualifiziertem Personal gehören zu den Herausforderungen, die angegangen werden müssen. Die für Wasserversorgung und Abwasser zuständigen Institutionen im Nahen Osten müssen verbessert werden. Reformen müssten in folgende Richtung gehen, um Wirkung zu entfalten:

– Dezentralisierung von Entscheidungsprozessen in den nationalen Wassersektoren;
– Einführung angemessener Gebühren;
– Aufbau von Kapazitäten und die Verbesserung der Personalführung (Human Resources Management);
– Verbesserung von Regulierung und öffentlicher Kontrolle;
– optimale Nutzung von Abwasserressourcen und
– stärkere Beteiligung der Öffentlichkeit.

Deutschland kofinanziert das EMWater-Projekt des EU-Mittelmeer-Partnerschaftsprogramms MEDA in Jordanien, Palästina, der Türkei und Libanon. Ein Ziel ist, Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig die Wiederverwendung von Wasser ist. Ein PR-Video von EMWater zeigt einen Imam, einen islamischen Gelehrten, der betont, dass die Wasseraufbereitung der richtige Weg dafür ist. Viele Muslime glauben leider, dass gebrauchtes Wasser unwiederbringlich verunreinigt ist und entsorgt werden muss. Dieser Glauben ist in vielen Kulturen anzutreffen und kann nur durch den praktischen Beweis des Gegenteils widerlegt werden.

Der Grund für diesen Glauben ist gut nachvollziehbar. Der Konsum von verseuchtem Wasser oder die unbeschränkte Nutzung von unbehandeltem Abwasser in der Landwirtschaft kann Krankheitserreger (Bakterien wie Viren) übertragen. Solche Erreger können verschiedene Krankheiten verursachen; besonders Kinder sind dafür anfällig. Fehlendes Wassermanagement begünstigt die Verunreinigung von Trinkwasser und die unkontrollierte Wiederverwendung, vor allem in Trockenzeiten. Um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern, müssen Abwässer unablässig kontrolliert und nach angemessenen Qualitätsstandards aufbereitet werden. Beides ist bei moderatem Kostenaufwand möglich.