Rechtsstaatlichkeit

Haftstrafe für malawischen Geschäftstycoon

Malawis Justiz agiert zunehmend selbstbewusst. Sie schreckt nicht davor zurück, Regierungshandeln juristisch zu prüfen.
Malawier vertrauen dem neuen Präsidenten Lazarus Chakwera. picture-alliance/Xinhua News Agency/Joseph Mizere Malawier vertrauen dem neuen Präsidenten Lazarus Chakwera.

Vor einigen Wochen verurteilte der Oberste Gerichtshof in Blantyre den Geschäftsmann Thom Mpinganjira zu neun Jahren Haft mit schwerer Arbeit. Er hatte versucht, Richter des Verfassungsgerichts zu bestechen, während diese einen Prozess über den Ausgang der Wahl von 2019 führten. 2020 annullierten die Richter schließlich die Wahl, weil der damalige Präsident Peter Mutharika und seine Demokratische Fortschrittspartei (DFP) das Ergebnis manipuliert hatten. Heute ist von der „Tipp-ex-Wahl“ die Rede.

Mpinganjira wollte die Richter für Mutharika einnehmen. Seine Verurteilung war eine deutliche und wichtige Botschaft: Die Judikative nimmt Rechtsstaatlichkeit ernst – und sie kann schnell reagieren.

Mpinganjira gehört eine der führenden Geschäftsbanken Malawis, und er leitet diverse andere Finanzfirmen. In seinem Fall fiel das Urteil bereits nach einem Jahr und acht Monaten. Das ist ein Lackmustest für die Verfolgung einflussreicher, mit der politischen Elite verbandelter Geschäftsleute.

Viele Gerichtsverhandlungen in ähnlich profilierten Fällen wurden bislang jahrelang in der Schwebe gehalten. Der Rechtsstreit um Bakili Muluzi, einem anderen früheren Präsidenten, erstreckt sich schon seit mehr als zwölf Jahren. In seiner Amtszeit wurden wohl rund 2 Millionen Dollar unterschlagen.

Allgemein gingen Malawier davon aus, dass Richter sich scheuen, eine Regierung oder deren Amtsinhaber zu verurteilen. Die Annullierung der 2019er-Wahl Anfang 2020 änderte das aber auf einen Schlag (siehe meinen Kommentar in der Debatte des E+Z/D+C e-Paper 2020/03). Mutharika verlor, als die Wahl wiederholt wurde. Lazarus Chakwera bekam mehr Stimmen und regiert nun. Er versprach, nicht auf unangemessene Weise in das Handeln staatlicher Institutionen einzugreifen.

Pikant ist, dass der heutige Staatschef vom Gerichtsverfahren profitiert hat. Er wäre sonst nicht im Amt. Klar ist aber, dass er auf den Prozess und den Wahlausgang keinen Einfluss hatte. Tendenziell trauen ihm die Malawier.

Das Antikorruptionsbüro (Anti-Corruption Bureau – ACB) – eine unabhängige Instanz, die dem vom Präsidenten ernannten Generalstaatsanwalt untersteht – ließ den Geschäftsmann Mpinganjira im Januar 2020 verhaften, als das Verfassungsgericht noch den Wahlausgang prüfte. Er wurde nun für schuldig befunden, Richtern umgerechnet 120 000 Dollar Bestechungsgelder angeboten zu haben. Mpinganjiras Anwalt will in Berufung gehen und hat Freilassung gegen Kaution beantragt.

Zufrieden mit dem Urteil zeigt sich Reyneck Matemba, der das ACB leitete, bevor er im Dezember 2020 zum Generalstaatsanwalt aufstieg. Er betont aber, Staatsanwälte seien unter anderem durch persönliche Drohungen unter Druck gesetzt worden. Auch Blessings Chinsinga von der University of Malawi begrüßt das Urteil. Er meint, der Prozess sei wohl unerwartet schnell unter anderem deswegen abgeschlossen worden, weil weder Staatsanwälte noch Richter rechtswidrig von oben beeinflusst worden seien. Chinsinga spricht von einem „Umfeld, das es Strafverfolgungsbehörden ermöglicht, ihre Arbeit besser zu tun“.

Das Urteil gegen den Finanztycoon ist laut Mustafa Hussein, der ebenfalls an der University of Malawi lehrt, eine Ansage an „Politiker und mächtige Eliten, dass niemand über dem Gesetz steht“. Tatsächlich hat der neue Präsident, Chakwera, versprochen: „Ich werde sicherstellen, dass die Judikative, die Antikorruptionsbehörde (ACB), die Polizei, die Armee und andere staatliche Institutionen unabhängig sind. Wer als korrupt überführt wird, wird die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen.“ Hussein räumt aber ein, „eine unsichtbare Hand“ habe möglicherweise im Prozess gegen Mpinganjira eine Rolle gespielt. Vielleicht hat Chakwera Richtern signalisiert, sie sollten Fälle, die seinen Vorgänger und dessen Unterstützer betreffen, zügig vorantreiben. Das ist reine Spekulation, aber selbst wenn sie zuträfe, würden Chakweras öffentliche Statements es ihm künftig schwer machen, Richter zu beeinflussen, sollten jemals glaubwürdige Korruptionsvorwürfe gegen ihn und seine Administration aufkommen.


Raphael Mweninguwe ist freier Journalist in Malawi.
raphael.mweninguwe@hotmail.com

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