Wahlfälschung
Urteil stärkt Vertrauen in Justiz
Das Gericht in Malawis Hauptstadt Lilongwe befand Anfang Februar, dass die Wahl im Mai 2019 gefälscht war und Mutharika somit nicht der rechtmäßig gewählte Präsident sei. „Infolgedessen ordnen wir die Annullierung der Wahlen an“, sagte Healey Potani, einer der fünf Verfassungsrichter, bei der Urteilsverkündung. Neuwahlen müssen innerhalb von 150 Tagen nach dem Urteil stattfinden.
Mutharika hatte die Wahl dem offiziellen Ergebnis zufolge mit 38,6 Prozent knapp vor Lazarus Chakwera von der oppositionellen Malawi Congress Party (MCP) gewonnen, der demnach auf 35,4 Prozent kam. Die MCP reichte zusammen mit einer weiteren Oppositionspartei, dem United Transformation Movement (UTM) unter der Führung von Saulos Chilima, der mit 20,2 Prozent auf Platz drei gelandet war, Klage ein. Beide Parteien warfen der Wahlbehörde MEC (Malawi Electoral Commission) Betrug und Unregelmäßigkeiten vor. Unter anderem waren zahlreiche Ergebnisse nachträglich mit Tipp-Ex „korrigiert“ worden.
Das Gericht urteilte, dass die MEC keine glaubwürdigen Wahlen durchgeführt habe – obwohl internationale Wahlbeobachter, darunter die EU und die Entwicklungsgemeinschaft des südliche Afrika (Southern African Development Community – SADC), sie für frei und fair erklärt hatten. Es ist das zweite Mal in der Geschichte Afrikas, dass ein Gericht Präsidentschaftswahlen annulliert hat. Das erste Mal war 2017 in Kenia.
Korruption ist weit verbreitet, und auch im aktuellen Fall gab es offenbar einen Bestechungsversuch der Richter durch einen ranghohen Banker. Er soll versucht haben, das Urteil zugunsten Mutharikas zu beeinflussen. Der Beschuldigte ist derzeit auf Kaution frei.
Sieg der Demokratie
Während eine Mehrheit der Malawier den Sieg der Justiz und der Demokratie feierte, verurteilten Mutharikas Anhänger das Urteil als parteiisch und im Widerspruch zum Willen des Volkes. Mutharika selbst und die MEC griffen öffentlich sowohl die Richter als auch die Opposition an. Sie beantragten beim Verfassungsgericht, die Vollstreckung des Urteils auszusetzen, und legten beim Obersten Gericht Berufung ein. Ersteres wurde abgelehnt, die Entscheidung über die Berufung steht noch aus. Rechtsexperten halten es aber für unwahrscheinlich, dass das Oberste Gericht die Entscheidung des Verfassungsgerichts aufhebt.
Oppositionelle fordern bereits seit der Wahl im Mai und verstärkt seit dem Gerichtsurteil den Rücktritt von MEC-Chefin Jane Ansah. Sie wollen auf keinen Fall akzeptieren, dass diese auch den nächsten Urnengang organisiert. Mitte Februar zogen insgesamt rund 6000 Demonstranten vor die MEC-Büros in Blantyre und Lilongwe und verschlossen deren Tore mit Ketten und Vorhängeschlössern. Bei Redaktionsschluss hielt Ansah weiterhin an ihrem Amt fest und wollte nur zurücktreten, falls das Oberste Gericht das Verfassungsgerichtsurteil bestätigt.
Im ganzen Land gibt es seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr immer wieder Demonstrationen. Die Menschen vertrauen weder der MEC noch den staatlichen Medien noch Justiz und Polizei. Während des Gerichtsverfahrens übernahm die Armee die Zuständigkeit für die Demonstrationen.
Das Urteil stärkt das Vertrauen in die Justiz allerdings enorm. Laut Mustafa Hussein, der Politik am Chancellor College der Universität von Malawi lehrt, kam es für viele Menschen unerwartet. Das Urteil „hat die politische Dynamik verändert“ und werde sich darauf auswirken, „wie Wahlen in der Zukunft durchgeführt werden müssen“.
Interessant sei nun, was zwischen Mutharika und seinem Stellvertreter Chilima passiere, sagt Hussein. Das Verfassungsgericht hat in seinem Urteil auch das Kabinett aufgelöst und Chilima wieder zum Vizepräsidenten gemacht. Diese Position hatte er auch schon in der vorangegangenen Wahlperiode inne, war dann aber gegen Präsident Mutharika angetreten. Seitdem reden die beiden nicht mehr miteinander, und es wird erwartet, dass Mutharika Chilima keinerlei Aufgaben oder Verantwortung überlassen wird.
Raphael Mweninguwe ist Journalist und lebt in Malawi.
raphael.mweninguwe@hotmail.com