Entwicklung und
Zusammenarbeit

Informeller Sektor

„Mein Beruf hat in meiner Familie Tradition“

Loreto ist Fischverarbeiter an der mexikanischen Pazifikküste. Er macht den Job seit mehr als 40 Jahren, muss jetzt aber aufhören – er braucht eine Netzhautoperation, die ihn allerdings mehr als einen Jahresverdienst kosten würde. Er sprach mit Pamela Cruz.
Der Bereich, wo in Rincon de La Playa Fische verarbeitet werden. Mely Beltrán
Der Bereich, wo in Rincon de La Playa Fische verarbeitet werden.

Dieser Beitrag ist Teil einer Interview-Serie über Menschen, die in verschiedenen Ländern im informellen Sektor arbeiten, darunter ein Motorradtaxifahrer in Uganda, eine Haushaltshilfe in Indien, eine Lehrerin für Geflüchtete im Südsudan, eine Straßenhändlerin in Kenia und eine Lastenträgerin in Ghana.

Bitte stellen Sie sich kurz vor.

Ich heiße Loreto Castillo Crespo und bin 61 Jahre alt. Ich zerlege Fisch, seit ich 14 bin. Vor einem Monat musste ich aber aus gesundheitlichen Gründen aufhören zu arbeiten.

Wo wohnen Sie? 

In Rincon de La Playa, San José del Cabo, Mexiko. Mein Beruf hat in meiner Familie Tradition. Meine Eltern und Großeltern haben auch schon Fisch zerlegt. Die Tradition geht weiter. Meine Tochter macht zwar etwas anderes, aber die Söhne meines Bruders haben es übernommen. 

Wie sieht ein normaler Tag für Sie aus?

Ich habe jahrelang im Filetier-Bereich von La Playa gearbeitet. Dort habe ich den Fisch bekommen, ihn filetiert und für die Kundschaft verpackt. Wer Fisch filetiert, ist auf Trinkgeld angewiesen, und das schwankt stark: An manchen Tagen bekommen wir 100 Pesos (etwa 5 Dollar), an anderen 500 oder sogar 1000 Pesos. Während der Hochsaison von September bis März gibt es mehr Arbeit und bessere Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Aber in der Nebensaison von Mai bis August, wenn fast niemand fischt, ist der Fisch unser Lohn. Wir nehmen ihn mit nach Hause und können so zumindest unsere Familien ernähren. 

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit?

Die Kameradschaft, am Strand zu sein, den ganzen Tag mit den anderen zu verbringen. Wir frühstücken und essen zusammen zu Mittag, verbringen Zeit miteinander und trinken etwas.  

Was könnte Ihre Lage verbessern?

Im Gegensatz zu Fischern sind Fischzerleger in keiner Genossenschaft. Wir bekommen keine formellen Leistungen wie eine Sozialversicherung oder Zugang zu medizinischer Versorgung. Ich bin der Meinung, dass alle in meinem Beruf in einer Genossenschaft sein sollten. Als Teil einer Genossenschaft könnten wir uns beim Finanzamt anmelden und hätten Anspruch auf staatliche Leistungen, die Fischer bekommen. 

Ich habe wegen einer Sehbehinderung mit dem Arbeiten aufhören müssen und brauche momentan eine Netzhautoperation. Die kostet aber mehr, als ich in einem Jahr verdiene.

Pamela Cruz ist Direktorin von La Playa Centro Comunitario, einem Gemeindezentrum in Baja Sur, und strategische Beraterin bei MY World Mexico.
pamela.cruzm@gmail.com 

Neueste Artikel

Beliebte Artikel