Klimawandel

Vernichtende Konsequenzen

Laut der Asiatischen Entwicklungsbank (Asian Development Bank – ADB) und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) wird ein unverminderter Klimawandel „vernichtende Konsequenzen“ für Asien und den Pazifik haben. Die Auswirkungen könnten „ernsthaft die zukünftige Entwicklung beeinträchtigen und bestehende Entwicklungserfolge zunichtemachen“.
Überflutete Häuser und Felder im Mekong-Delta, Vietnam. Jim Holmes/Lineair Überflutete Häuser und Felder im Mekong-Delta, Vietnam.

„Die globale Klimakrise ist wahrscheinlich die größte Herausforderung, die die menschliche Zivilisation im 21. Jahrhundert bewältigen muss – mit Asien und dem Pazifik im Zentrum des Geschehens“, erklärt Bambang Susantono, der Vizepräsident für Wissensmanagement und nachhaltige Entwicklung der ADB. „Hier leben zwei Drittel der Ärmsten der Welt. Dies wird als eine der gefährdetsten Regionen in Bezug auf Klimawandel betrachtet. Staaten in Asien und im Pazifik haben das größte Risiko, in Armut und Desaster abzurutschen, wenn Maßnahmen zur Abschwächung und Anpassung an den Klimawandel nicht schnell und effektiv durchgesetzt werden.“

Der Klimawandel hat Folgen wie etwa steigenden Meeresspiegel, stärkere Stürme, veränderte Niederschlagsmuster und schrumpfende Gletscher. Die Landmasse der kleinen Inselstaaten im Pazifik wird durch den steigenden Meeresspiegel abgetragen. Da diese Länder aus kleinen Atollen bestehen, die sich kaum über dem Meeresspiegel erheben, werden sie wahrscheinlich bald nicht mehr existieren. Ihre Bevölkerung wird zu Klimawandel-Flüchtlingen werden, ohne Hoffnung, jemals wieder nach Hause zurückkehren zu können.

Aber auch in Asiens größten und am höchsten entwickelten Ländern wird ungemilderter Klimawandel zu ernsthaften Rückschlägen und wirtschaftlichem Niedergang führen. Laut einem neuen Bericht von ADB und PIK würde ein „Business as usual“ auf dem asiatischen Kontinent bis Ende des Jahrhunderts einen durchschnittlichen Anstieg der Durchschnittstemperaturen um sechs Grad bedeuten, und einige Länder müssten sogar „mit wesentlich heißerem Klima“ rechnen. Temperaturen in Tadschikistan, Afghanistan, Pakistan und im nordwestlichen China könnten selbst bis zu acht Grad höher liegen.

Im „Business as usual“-Szenario wird ein Anstieg des jährlichen Niederschlags um bis zu 50 Prozent über den meisten Landflächen der Region erwartet, mit entsprechend mehr und stärkerem Hochwasser. Länder wie Pakistan und Afghanistan könnten jedoch einen Rückgang des Niederschlags um 20 bis 50 Prozent erleben, was Dürren nach sich ziehen würde.

Die Autoren warnen vor „drastischen Änderungen im Wettersystem der Region, in der Landwirtschaft und Fischerei, in der Biodiversität, in der nationalen und regionalen Sicherheitslage, in Handel, urbaner Entwicklung, Migration und Gesundheit“. Abmilderung und Anpassung seien notwendig, weil der Normalbetrieb wie bisher eine „existenzielle Bedrohung für manche Länder“ bedeute und „jegliche Hoffnung auf nachhaltige und inklusive Entwicklung“ zunichtemache.

Auch die Auswirkungen auf die Gesundheit sind nicht zu unterschätzen. Anhand von Statistiken der Weltgesundheitsorganisation zeigen die Autoren, dass die Todesrate durch Überträger-Krankheiten wie Malaria und Denguefieber steigt.


Erzwungene Migration

In der Regel kann man zwei Kategorien von Klimaeinflüssen als Auslöser für Migrationsbewegungen identifizieren: spätmanifeste Vorkommnisse (zum Beispiel Dürren und Wassermangel) und plötzlich einsetzende Ereignisse (zum Beispiel Hochwasser und Stürme). Es ist bekannt, dass Menschen oft aufgrund von Naturkatastrophen ihre Heimat verlassen müssen. Allmähliche Entwicklungen führen jedoch zu ähnlichen Effekten. Die Forscher weisen darauf hin, dass „Migrationsbewegungen aufgrund von allmählichem Klimawandel, wie etwa Versteppung, Versalzung und die Austrocknung von Böden, mehr Aufmerksamkeit bekommen sollten“.

Als Beispiel führt der Bericht das Mekong-Delta in Vietnam an. Mit mehr als 18 Millionen Einwohnern zählt es zu den am dichtesten besiedelten Regionen der Erde. Die fruchtbare Erde ist ideal für Reisanbau. Mehr als 50 Prozent von Vietnams Grundnahrungsmittel wird hier produziert und auch 60 Prozent der Shrimps. Die Erde versalzt jedoch, weil aufgrund der zunehmenden Hitze das Meerwasser in die Aquifers eindringt und mehr Wasser verdunstet. Hinzu kommt, dass unregelmäßige Niederschläge den Ackerbau beeinträchtigen. Langfristig könnten der steigende Meeresspiegel (SLR), tropische Stürme und Überflutungen „die Situation im Delta für die Menschen verschärfen, deren Leben eng mit dem Ökosystem verbunden ist“, heißt es in der Studie (siehe auch Peters und Henckes in E+Z/D+C e-Paper 2017/04, S. 28, und Druckheft, S. 35).

Massenmigration aus dieser Gegend sei zu erwarten, sagen die Forscher. In der Vergangenheit wurde katastrophenbedingte Vertreibung im Mekong-Delta in der Regel durch ungewöhnlich starke Regenfälle ausgelöst. Spätmanifeste Entwicklungen sind jedoch ebenfalls wichtig, da sie das Delta weniger fruchtbar und damit weniger bewohnbar machen.

Nahrungsproduktion wird auch in anderen Regionen abnehmen, sagt der Report voraus: „In einigen Ländern Südost­asiens könnten die Erträge im Reisanbau bis zum Jahr 2100 um 50 Prozent zurückgehen, wenn keine Anpassung geleistet wird.“


Gefährdete Megastädte

In der Region Asien-Pazifik finden sich die größten urbanen Zentren der Welt. 2014 hatte Asien 16 der weltweit 28 Megastädte (mit jeweils mehr als 10 Millionen Einwohnern). Viele wichtige urbane Zentren befinden sich unweit der Küste. In der gesamten Region ist „die Zunahme der Bewohner an den Küsten wesentlich höher als das nationale Bevölkerungswachstum“, erklären die Autoren. 

Niedrig liegende Küstenstädte sind besonders stark den erwarteten Problemen, die der Klimawandel bringt, ausgesetzt, so etwa Zyklonen und Überflutungen. Es wird geschätzt, dass im Jahr 2050 Ost- und Südasien die Hauptlast der errechneten Hochwasserschäden an den Küsten tragen müssen.

Laut ADB-PIK-Bericht befinden sich 13 der 20 Städte, die weltweit den schlimmsten Flutschäden ausgesetzt sind, in Asien. Diese sind:

  • Guangzhou, Shenzhen, Tianjin, Zhanjiang und Xiamen in China;
  • Mumbai, Chennai-Madras, Surat und Kolkata in Indien;
  • Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam;
  • Jakarta in Indonesien;
  • Bangkok in Thailand und
  • Nagoya in Japan.

Neunzehn der 25 Städte, die am stärksten von einem Meter Meeresspiegelanstieg beeinträchtigt werden, befinden sich in der Asien-Pazifik-Region, sieben allein auf den Philippinen. Indonesien wird jedoch das Land sein, was in dieser Gegend am meisten mit Küstenüberflutung zu kämpfen hat; bis zum Jahr 2100 werden wahrscheinlich etwa 5,9 Millionen Menschen jährlich betroffen sein.


Entschiedene Maßnahmen notwendig

Auf der positiven Seite hängen die asiatischen Länder laut ADB und PIK heutzutage weniger von Landwirtschaft ab als früher, da ihre wirtschaftliche Diversifizierung sie widerstandsfähiger gemacht hat. Der Haken ist jedoch, dass die regional immer stärker verzahnten Wirtschaftssysteme bezüglich Unterbrechungen in ihren Lieferketten sehr verwundbar sind. Da Asiens Industrie international eng verflochten ist, können extreme Wetterereignisse in einem asiatischen Land starke Auswirkungen auf die anderen haben – ebenso wie auf den Rest der Welt. Die Experten warnen, dass ökonomischer Fortschritt schnell zunichtegemacht werden kann.

Um den Effekt des Klimawandels abzumildern, betont der Report, wie wichtig es sei, die Verpflichtungen des Übereinkommens von Paris umzusetzen: „Diese Region hat sowohl die Leistungsfähigkeit als auch den Einfluss, um den Weg zu nachhaltiger Entwicklung einzuschlagen, globale Emissionen zu senken und eine Umstellung zu fördern“, schließt der Bericht. Um diese Bemühungen zu unterstützen, hat die ADB 2016 die Rekordhöhe von 3,7 Milliarden Dollar für Klimafinanzierung bewilligt und sich verpflichtet, die Investitionen bis zum Jahr 2020 auf 6 Milliarden Dollar hochzuschrauben.

Die Aussicht ist deswegen nicht notwendigerweise schlecht. PIK-Leiter Hans Joachim Schellnhuber sagt, dass es „Asien neuartige wirtschaftliche Möglichkeiten bescheren wird, die saubere industrielle Revolution anzuführen“.


Links

Asian Development Bank: A region at risk. The human dimensions of climate change in Asia and the Pacific.
https://www.adb.org/sites/default/files/publication/325251/region-risk-climate-change.pdf

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK):
https://www.pik-potsdam.de/

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