Parteien zur Wahl: FDP

EZ zukunftsfähig machen

In einer E+Z/D+C-Vorwahl-Serie skizzieren die enwicklungspolitischen Sprecher fünf Bundestagsfraktionen ihre entwicklungspolitische Position. Karl Addicks von der FDP-Fraktion meint die deutsche Entwicklungszusammenarbeit muss neu ausgerichtet werden, damit sie den globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird.

[ Von Karl Addicks ]

Mit der Einigung der internationalen Staatengemeinschaft auf die Umsetzung der Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) zur Jahrtausendwende ist eine neue Dynamik in der Entwicklungszusammenarbeit nach Jahren der Stagnation entfacht worden. Der Millenniums-Erklärung folgten seither Konferenzen auf multilateraler, europäischer und bilateraler Ebene, geleitet von dem Gedanken einer neuen Entwicklungspolitik für das neue Jahrtausend, die aus den Fehlern der Entwicklungszusammenarbeit der vergangenen vierzig Jahre dazugelernt hat.

Die Realität sieht jedoch anders aus. In vielen Jahren der Tätigkeit als Arzt in verschiedenen Entwicklungsländern und als Bundestagsabgeordneter in der Entwicklungspolitik habe ich feststellen müssen, dass eine systemische, institutionelle und inhaltliche Anpassung der deutschen Entwicklungsarchitektur an die neuen globalen Herausforderungen in den vergangenen Jahren versäumt wurde. Wenn wir künftig staatliche Entwicklungshilfe und die Bemühungen der Regierungen um Armutsbekämpfung aber nicht in Frage stellen wollen, muss die Frage der Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit stärker als die nach deren Höhe im Mittelpunkt des internationalen Dialoges stehen.

Neun Jahre sind seit der Millenniums-Erklärung vergangen und uns bleiben noch gerade mal sechs Jahre um die Millenniumsentwicklungsziele zum Erfolg zu bringen. Dabei war bereits zur Halbzeit der Umsetzung der MDGs klar, dass keines der acht Ziele in der ärmsten Region der Welt, in Subsahara-Afrika, umgesetzt werden würde. Seither haben wir noch eine verheerende Nahrungsmittelkrise erlebt und stecken mitten in der größten Wirtschafts- und Finanzkrise seit achtzig Jahren, deren Auswirkungen auf die Entwicklungsländer noch nicht abzusehen sind.

Das Verfehlen des Zeitplans zur Umsetzung der MDGs macht die Entwicklungsziele an sich aber nicht hinfällig. Ich bin der Ansicht, dass wir den Spannungsbogen in der Entwicklungszusammenarbeit zur Umsetzung der Entwicklungsziele, wie die Halbierung der Armut, nur erhalten können, wenn wir durch eine ehrliche Auseinandersetzung über die zeitliche Zielsetzung glaubwürdig bleiben.

Derzeit mangelt es vielfach an der Erkenntnis, dass auch die MDGs eigentlich nichts weiter sind als Zielmarken auf dem Wege zu einer kausal begründeten EZ. Kausal begründete EZ erkennt die Ursachen mangelnder Entwicklung und versucht diese zu bekämpfen. Das ist leider derzeit nicht erkennbar. Deutsche ebenso wie europäische und internationale Entwicklungspolitik verharren auf dem Armutsbekämpfungsparadigma anstatt die koordinierte und kohärente Entwicklung der Volkswirtschaften der Entwicklungsländer zu fördern. Denn Entwicklung war, ist und bleibt vor allem wirtschaftliche Entwicklung. Weil allein wirtschaftliche Entwicklung auf lange Sicht in der Lage ist, die Mittel zu generieren, die notwendig sind, um sozial Schwachen und Benachteiligten ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.

Ein großer Hemmschuh der deutschen EZ stellt die Zersplitterung der staatlichen EZ auf verschiedene Ministerien und Durchführungsorganisationen dar, denn sie verursacht Doppelstrukturen und unnötige Bürokratie auf der Geberseite, womit die Kooperationsfähigkeit auf der Empfängerseite überlastet wird. Obwohl weitgehend Einigkeit hinsichtlich der Wirkungsverluste deutscher Entwicklungszusammenarbeit infolge der Fragmentierung der Durchführungsorganisationen besteht, ist das Nebeneinander von technischer und finanzieller Zusammenarbeit bis heute nicht gelöst. Neben dieser Doppelstruktur schwächt eine sich ausweitende Inkohärenz zwischen den Ministerien die Effizienz deutscher Entwicklungszusammenarbeit. Inzwischen setzen neben dem BMZ weitere vierzehn Ministerien ODA-anrechenbare Entwicklungsvorhaben durch. Dabei unterliegen diese Vorhaben den Vorgaben des jeweiligen Ministeriums und unterscheiden sich in Zielrichtung, Maßnahmen und Richtlinien teilweise erheblich.

Angesichts der bestehenden globalen Herausforderungen brauchen wir mehr denn je ein nach außen hin geschlossenes deutsches Auftreten und Agieren. Neben der ursachenbegründeten Ausrichtung der EZ muss eine Koordinierung der Maßnahmen der Ressorts im Zusammenhang mit der Globalisierung und Entwicklung umgesetzt werden.