Demokratieförderung

Vielfältige Wege

Aktivisten des Arabischen Frühlings erleben aktuell, dass es ohne Tote auch kaum Schlagzeilen gibt. Dabei beginnt ihre politische Arbeit jetzt erst richtig. Drei junge Vertreter aus Tunesien, Marokko und Algerien sprachen in Berlin über ihre Visionen von Gerechtigkeit.

Während der Aufstände und Revolu­tionen arabischer Länder 2011 verspielten westliche Politiker viel Vertrauen. Sie paktierten aus Sicht arabischer Jugendlicher zu lange mit Autokraten und Regimes, die Systemgegner unterdrückten. „Europa hat nichts zum Arabischen Frühling beigetragen“, sagt auch Michael Meyer-Resende. Der Direktor von Democracy Reporting International kritisiert: „Legt man Statements der EU zum Arabischen Frühling und zu Weißrussland nebeneinander, werden doppelte Standards deutlich.“ (Siehe auch Interview mit Ralf Melzer)

Karawane der Gerechtigkeit

Als die Proteste am 14. Januar in Tunesien starteten, regten sich in vielen Ländern des arabischen Raums eigene Formen des Widerstandes. Überall ging es um Gerechtigkeit. Doch Demokratie stand nicht auf allen Transparenten. Sind Gerechtigkeit und Demokratie überhaupt dasselbe? Mit dieser Frage beschäftigte sich im November eine Podiumsdiskussion der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. Neben dem ­Experten für Demokratieförderung kam auch Habib Guiza zu Wort, Generalsekretär der neuen, staatskritischen Gewerkschaft CGTT in Tunesien. Er sieht die ­arbeitslose, gut gebildete Jugend als treibende Kraft: „Wir wussten schon seit Jahren, dass unser Staat den Problemen dieser Jugendlichen ohne Perspektive nicht standhalten würde.“

Mehrere junge Aktivisten sagten in Berlin, dass ihre Länder nun die Chance haben, eigene Wege zu einem System zu finden, das ihnen mehr Gerechtigkeit verspricht. Politische Gegner und Islamisten könne man dabei nicht einfach ausschließen. Die Gefahr, dass religiöse Parteien Ängste und Wünsche der Bürger nur benutzen, um eigene Macht auszubauen, sei vorhanden. Viele junge Demokraten wollen drohende Intoleranz aber politisch bekämpfen, statt institutionell.

Peter Hauff

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