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Universal Access Fonds sind ein sinnvolles Instrument, um die privatwirtschaftliche Telekommunikationsversorgung in abgelegenen Gebieten mit Subventionen möglich zu machen. Damit das gelingt, müssen vielfältige politische Abwägungen getroffen werden. Ohne zuverlässigen Rechts- und Regulierungsrahmen sind auch keine belastbaren Telekommunikationsnetze zu gewährleisten.


[ Von Thorsten Scherf ]

In vielen Entwicklungsländern wachsen die Telekommunikationssektoren schnell. Große Teile der Bevölkerung besitzen mittlerweile Zugang zu dieser Infrastruktur. Ländliche Gebiete profitieren von diesem Trend aber nur bedingt, denn sie werden über reine Marktmechanismen gar nicht oder nur unzureichend versorgt.

Das hat mehrere Gründe:
- Die ländliche Bevölkerung verfügt meist nur über geringe Kaufkraft, ihre Einkommen sind unstet und gering. Also haben Anbieter keine starken Investionsanreize.
- Die Kosten der Netzinstallation und -instandhaltung sind aber in dünnbesiedelten Gegenden deutlich höher als Ballungsräumen.
- In unzugänglichen Gebieten wie Gebirgen oder Urwäldern sind die Investitionskosten besonders hoch.
Zusammen bewirken diese Faktoren, dass eine betriebswirtschaftlich rentable Versorgung nicht möglich ist. Staatliche Interventionen sind also notwendig.

Klug konzipierte Subventionen

Vor diesem Hintergrund gelten Universal Access Fonds (UAF) in Kombination mit „smart subsidies“ als empfehlenswert (World Bank 2002, ITU 2003). Sie bieten Möglichkeiten, staatliche Intervention mit den Vorteilen des Privatsektor-Engagements zu kombinieren. Laut OECD-Angaben (2004) ist in 60 Staaten die Implementierung eines UAF abgeschlossen oder zumindest in Planung.

UAFs stellen Finanzmittel für allgemeinen Zugang zur Telekommunikation im ländlichen Raum bereit. Das Geld wird für Subventionen verwendet, um privatwirtschaftliche Telekommunikationsversorgung dort zu ermöglichen, wo sie auf Marktbasis allein nicht zustande käme. Im Zuge von Ausschreibungen erhalten diejenigen Bieter den Zuschlag, die mit den geringsten öffentlichen Zuschüssen die geforderte Leistung garantieren.

Typischerweise definieren die vergebenen Lizenzen die zu versorgenden Regionen und die Art der bereitzustellenden Dienstleistungen. In Peru wurden beispielsweise 5000 unversorgte Siedlungen in sechs Regionen benannt, in denen die mittels der Auktion zu ermittelnden Konzessionäre 20 Jahre lang Nah-, Fern- und Internetverbindungen bereitstellen müssen.

Der Theorie nach dient das UAF-Konzept zugleich der sicheren Telekomunikationsversorgung und – in Folge des Bieterwettbewerbs – der Minimierung der Subventionen. Die praktischen Erfahrungen mit diesem Instrumentarium differieren allerdings stark und erlauben bisher keine eindeutigen Schlussfolgerungen. Es gibt sehr erfolgreiche Projekte wie etwa in Chile, wo der Anteil der Bevölkerung ohne Zugang zur Telekommunikation von 15 Prozent auf nur noch ein Prozent reduziert wurde (Wellenius 2002). Andererseits gab es andernorts auch erhebliche Schwierigkeiten (UN 2004) – beispielsweise in Bolivien, Brasilien und Nepal.

Klar ist zudem, dass UAF-Vorhaben aufgrund länder- und projektspezifischer Charakteristika recht unterschiedlich hohe Subvention erfordern (Navas-Sabater et al. 2002). So betrug die Subvention pro zu versorgendem Ort in Peru nur 2250 Dollar – verglichen mit 18 800 Dollar in Chile. Die Relation der tatsächlich geforderten zur maximal zur Verfügung stehenden Subvention ist ebenfalls sehr unterschiedlich: In Chile betrug dieser Anteil 50 Prozent, in Kolumbien 45 Prozent und in Peru sogar nur 25 Prozent (ITU 2003, Wellenius 2002).

Finanzfragen

Zur Finanzierung der UAFs können unterschiedliche Quellen dienen:
– Abgaben der Betreiber rentabler Telekomangebote,
– der allgemeine Staatshaushalt,
– Erlöse von Lizenzauktionen,
– Vertragsstrafen aufgrund nicht erfüllter Vereinbarungen sowie
– Gebermittel.
Letztere spielen in manchen Entwicklungsländern eine entscheidende Rolle. Um Universal Access in Nepal zu verwirklichen, wären rund 124 Millionen Dollar nötig. Müssten Betreibergesellschaften dort eine Abgabe in Höhe von einem Prozent ihrer Erlöse zahlen, würde es 109 Jahre dauern, um das nötige Kapital anzusammeln (Navas-Sabater et al. 2002).

Oft bereitet indessen nicht nur die Bereitstellung der nötigen Mittel Probleme. Es kann auch schwierig sein, das Geld tatsächlich zu verwenden. Das lehren zum Beispiel UAF-Erfahrungen in Bolivien. Die dortige Regulierungsbehörde zahlte Mittel aus Frequenznutzungsgebühren, Auktionserlösen und anderen Einnahmen ein, um die Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnik in abgelegenen Regionen zu fördern. Dennoch wurde bisher kein UAF-Programm implementiert. Einige bereits erfolgte Ausschreibungen wurden im Nachhinein für ungültig erklärt, und eine einschlägige Gesetzesvorlage fand im Parlament keine Mehrheit, nachdem Betreibergesellschaften Lobbyarbeit dagegen geleistet hatten (Barja 2004).

Die Gebote und damit die Höhe der Subvention sind generell von mehreren Faktoren abhängig. Eine wesentliche Bedeutung haben die institutionellen Rahmenbedingungen (Rechtsstaatlichkeit, Korruption et cetera) auf nationaler und sektoraler Ebene. Bestehen diesbezüglich Mängel, so sind Investitionen für Netzbetreiber mit hoher Unsicherheit behaftet. Folglich fallen ihre Subventionsforderungen typischerweise recht hoch aus – die Unternehmen fordern gewissermaßen Risikoprämien, wenn sie sich überhaupt um Lizenzen bemühen.

UAF-Subventionen werden in der Regel als Output-based Aid ausbezahlt. Das heißt, Betreiber bekommen die Subventionen nur dann, wenn sie ihre vertraglichen Pflichten erfüllt haben. Dabei kann die Zahlung wie in Chile erst nach Implementierung und Betrieb der Einrichtungen en bloc erfolgen. In Peru dagegen wurden 35 Prozent der Förderung vor der Implementierung und 25 unmittelbar danach transferiert. Die verbleibenden 40 Prozent werden in halbjährlichen Raten über fünf Jahre hinweg ausgeschüttet.

Output-based Aid bietet Betreibern selbstverständlich Anreize, vertragliche Pflichten tatsächlich zu erfüllen. Der Nachteil ist, dass in Staaten mit schwachen Governance-Strukturen die Sorge begründet ist, dass Mittel nicht wie vereinbart fließen werden. Entsprechend wird es schwerer, überhaupt Investoren zu finden.

Politische Abwägung

Zu bedenken ist auch, dass es einen Trade-off gibt: Je besser die Qualität der Versorgung (Netzdichte und Anschlusszahl im Zielgebiet etwa) ausfallen soll, desto höher werden die Investitionskosten für Betreibergesellschaften sein, und desto mehr Subventionen werden mit stimmiger Begründung gefordert werden.

Ähnliches gilt für die Gebühren, die Endkunden zahlen müssen. Werden diese nicht reguliert oder sehr hoch angesetzt, sind vielleicht weniger Fördermittel nötig. Andererseits bleibt dann die Nachfrage vermutlich recht gering und arme Bevölkerungsgruppen werden auch künftig ausgeschlossen.

Werden in der Lizenz lediglich die Telekommunikationsdienste (wie Nah- und Fernverbindungen) und nicht die zu verwendete Technologie (etwa Mobilfunk oder Festnetz) festgelegt, so kann dies zu niedrigeren Subventionen führen (World Bank 2005: 33). Die ökonomische Theorie besagt, dass Betreiber dann die kostengünstigste Option wählen werden.

In der Praxis kann es aber auch anders kommen. In Peru und Nepal ersteigerten beispielsweise Anbieter von Telekommunikationstechnologien Lizenzen bei UAF-Ausschreibungen, weil sie sich neue Märkte erschließen wollten. Selbstverständlich setzen solche Firmen auch dann ihre eigene Technik ein, wenn andere Mittel eigentlich besser geeignet wären (De Silva und Tuladhar 2006). In Peru trug das dazu bei, dass Versorgungspflichten nicht wie vereinbart erfüllt wurden. Die Betreibergesellschaft versuchte vielmehr, in Nachverhandlungen die Lizenzbedingungen zu ihren Gunsten zu ändern.

UAF-Lizenzen definieren häufig Exklusivrechte. Betreibern wird zeitlich befristet eine Monopolstellung in einem bestimmten Versorgungsgebiet zugesichert. Diese Praxis ist subventionsminimierend, weil die Anbieter in der Zielregion die gesamte Nachfrage auf sich ziehen und so ihren Umsatz maximieren können.

Wichtig ist aber die Durchsetzbarkeit solcher Exklusivrechte. In Nepal beispielsweise duldet die Regulierungsbehörde, dass der staatliche Telekombetreiber Exklusivrechte privater Anbieter missachtet und so die Rentabilität von deren Versorgungsbemühungen im ländlichen Raum gefährdet. Ähnlich wichtig ist, dass die Pflicht zur Netzzusammenschaltung durchgesetzt wird. Wieder bietet das von Gewalt und fragiler Staatlichkeit geprägte Nepal ein Beispiel: Der nationale Betreiber erfüllt dort diese Pflicht nicht zuverlässig, sodass ländliche Netze immer wieder keinen Anschluss haben.

Um sicherzustellen, dass Bieter die notwendigen Voraussetzungen erfüllen, die Telekommunikationsdienste wirklich auf Dauer bereitzustellen, sind Präqualifizierungsverfahren bei Ausschreibungen sinnvoll. Fallen sie aber zu streng aus, werden nur wenige Wettbewerber mitbieten. Wie die richtige Balance aussieht, muss politisch entschieden werden.

Fazit

Subventionen aus UAF können dazu dienen, im ländlichen Raum der Allgemeinheit Zugang zu Telekommunikationsdiensten zu verschaffen. Diese Konstruktion ist aber weder ein Allheilmittel noch funktioniert sie nach dem Motto „One size fits all“. Bei der konkreten Ausgestaltung dieses Politikansatzes, müssen verschiedene Vor- und Nachteile sorgfältig abgewogen werden.

Besondere Aufmerksamkeit verdient der institutionelle Kontext: Denn auch mittels UAFs kann nur dann eine nachhaltige Telekommunikationsversorgung gewährleistet werden, wenn ein verlässlicher Gesetzes- und Regulierungsrahmen gegeben ist.