Indischer Ozean
Drohendes Ende uralter Kulturen
Da sie früher nie mit der Außenwelt in Kontakt standen, sind diese Gemeinschaften besonders anfällig für Infektionskrankheiten. Unter der Kolonialherrschaft der 1920er und 1930er war die Sterblichkeitsrate hoch. Die Sprachen der Aka-Kols, der Oko-Juwoi und der Aka-Bea sind bereits ausgelöscht. Der Versuch der Briten, sie in die Gesellschaft einzugliedern, verschlimmerte die Situation. Tausende starben an Infektionskrankheiten. Amtlich ist heute von „besonders gefährdeten indigenen Gruppen“ (particularly vulnerable tribal groups – PVTGs) die Rede.
Die ethnischen Gruppen auf den kleinen Inseln waren nie besonders groß. Heute leben dort rund 400 000 Menschen. 1951 waren es gerade einmal 31 000, inklusive der Einwohner der größten Stadt Port Blair. Die Bevölkerung der Inseln wuchs vor allem durch Zuwanderung aus Indien.
Den verbliebenen indigenen Kulturen droht das Ende. Eines der Völker, die Sentinelesen, verweigert jeden Kontakt. Dennoch gab es seit der Unabhängigkeit Indiens 1947 immer wieder Versuche, die PVTGs zu erreichen. Die indische Zentralregierung ist für die Inseln zuständig, die formell ein „Unionsterritorium“ sind und somit keine eigene Staatsregierung haben.
Teilweise ging die Kontaktaufnahme furchtbar schief. In den späten 1990ern gab es unter dem Volk der Jarawa zwei tödliche Masernausbrüche. Im gleichen Zeitraum bedrohten Geschlechtskrankheiten die größte indigene Gruppe, die Groß-Andamaner. Sie wären beinahe ausgestorben. Gemäß der letzten Volkszählung lebten 2011 nur noch 380 Jarawa – und nur noch 44 Groß-Andamaner.
Im Mai 2020 gab es einen Aufschrei in den Medien, als sich das Coronavirus in einer der Gruppen verbreitete. Auch die Regierung war besorgt. Es kam jedoch nicht so schlimm wie befürchtet, und in den letzten Monaten konnten durch Impfkampagnen viele Mitglieder der PVTGs immunisiert werden.
Anup Dutta ist ein indischer Journalist.
Twitter: @duttanup