Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Wirtschaftskriminalität

Bedürftige bestohlen

Illegal fließt massenhaft Geld aus Entwicklungs- und Schwellenländern ab. Im letzten Jahrzehnt sind Milliarden Dollar ins Ausland geschafft worden.
Auch in Deutschland wird Geld gewaschen: Frankfurter Skyline im Nebel. Rumpenhorst/picutre-alliance/dpa Auch in Deutschland wird Geld gewaschen: Frankfurter Skyline im Nebel.

Niemand zahlt gerne Steuern. In den Industrieländern versuchen die Leute, das Finanzamt zu umgehen, aber damit machen sie sich strafbar. In vielen Entwicklungsländern jedoch kämpfen die Behörden damit, Steuerzahlungen überhaupt durchzusetzen. Schwierigkeiten machen ihnen eine schlechte Informationslage, lücken­hafte Statistiken, unzureichende Steuergesetze und der Mangel an Steuerfahndern.

Ebenso wie Korruption schadet Steuer­hinterziehung der Wirtschaft. Die unabhängige Organisation Global Financial Integrity (GFI) hat vor kurzem einen Bericht für die Jahre 2002 bis 2011 veröffentlicht. Er zeigt, dass gigantische Summen illegal aus Entwicklungsländern abfließen. Der GFI-Vorsitzende Raymond Baker sagt, es würden unterschiedliche Strategien genutzt. Er erwähnt „anonyme Briefkastenfirmen, Bankgeheimnis in Steueroasen und handelsbasierte Geldwäsche.“ Dabei geht es genauso um falsche Rechnungsstellung wie um Korruption.

Die Zahlen sind erschütternd. Alles in allem betrug der illegitime Finanzabfluss aus Entwicklungs- und Schwellenländern laut GFI im genannten Jahrzehnt 5900 Mil­liarden Dollar. Diese Summe beinhalte jedoch nur Finanztransaktionen, die nachvollzogen werden können, wohingegen das Bargeld, das bei Drogen- oder Menschenhandel erwirtschaftet wird, nicht mit einkalkuliert ist (siehe Interview mit Erik Solheim auf Seite 84 f.).

Es ist schwierig, verlässliche Daten über illegitime Finanzflüsse zu bekommen. Eine der Methoden, die die Autoren Dev Kar und Brian LeBlanc für die Studie genutzt haben, ist der Vergleich offizieller Import- und Exportdaten aus verschiedenen Ländern. Wenn China beispielsweise eine bestimmte Zahl für seine Exporte in die USA angibt, die USA hingegen eine höhere Zahl für Importe aus China, dann hat China seine Exporte zu niedrig deklariert.

Die Länder mit den höchsten akkumulierten illegitimen Finanzmittelabflüssen im genannten Zeitraum waren China (mit insgesamt 1080 Milliarden Dollar), Russland (881 Milliarden Dollar) und Mexiko (462 Milliarden Dollar). Mit 39,6 Prozent ist der Studie zufolge Asien für den größten Anteil der Schwarzgelder weltweit verantwortlich. Dennoch sei der Schaden für Subsahara-Afrika am größten, denn jährlich verschwänden 5,7 Prozent der Wirtschaftsleistung dieser Weltregion über die Grenzen. Auf keinem anderen Kontinent sei die Quote ebenso hoch. Afrika verliere zehnmal mehr Geld durch illegale Finanzabflüsse, als es an Entwicklungshilfe bekomme, behauptet die Studie.  


Und dies gehört nicht der Vergangenheit an. Die Autoren schätzen, dass illegale Finanzmittelabflüsse weltweit seit 2010 um 13,7 Prozent gestiegen sind. Die höchste Wachstumsrate melden sie für den Nahen Osten und Nordafrika, wo der Zuwachs jährlich im Schnitt 31,5 Prozent betragen haben soll. Die Schwarzgeldströme seien schneller angeschwollen, als die meisten Volkswirtschaften gewachsen sind.

Das GFI empfiehlt eine ganze Reihe von Maßnahmen:

  • Anonyme Briefkastenfirmen, Stiftungen und Konzerne sind problematisch, weil schwer feststellbar ist, wer von ihnen profitiert. Deswegen schlägt das GFI vor, dass die natürlichen Personen, die dahinter­stehen, kenntlich gemacht werden.  
  • Zoll und Handelsgesetze sollten reformiert werden, um falsche Exportangaben aufzudecken und zu verhindern.
  • Multinationale Firmen sollen gezwungen werden, ihre Umsätze, Gewinne und Steuern Land für Land offenzulegen.  
  • Staaten sollten automatisch Informationen über Steuern austauschen.
  • Gesetze gegen Geldwäsche sollen international harmonisiert werden.
  • Alle relevanten Regulierungen sollen strikt angewandt werden.


„Diese Studie sollte weltweit alle Spitzenpolitiker aufrütteln“, sagt Baker. „Es ist Zeit zu handeln.“ Sheila Mysorekar