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Sexuelle Aufklärung

Angriff auf ein Grundrecht

Umfassende Sexualerziehung sei ein Menschenrecht und ein menschliches Bedürfnis, ­schreiben María Lohan und Alejandra López in einem Bericht für UNESCO und UNFPA von 2023, für den sie die internationale Studienlage untersuchten.
Sexualerziehung ist in den USA beliebt – aber rückläufig. picture-alliance/ASSOCIATED PRESS/Rogelio V. Solis Sexualerziehung ist in den USA beliebt – aber rückläufig.

Sie kamen zu dem Schluss, dass gute sexuelle Aufklärung gegen negative gesundheitliche Auswirkungen hilft, etwa Gewalt in der Partnerschaft, HIV und ungewollte Schwangerschaft.

Besonders Mädchen benötigen eine gute Sexualerziehung – schließlich können sie schwanger werden. Es liegt auf der Hand, dass erfolgreiche Familienplanung und Verhütung zusammenhängen. Da viele Frauen als Teenager heiraten, ist Aufklärung schon in der Schule nötig. In vielen Kulturen verlangen Konventionen, dass Frauen Männern gehorchen, was Missbrauch begünstigt. Erfahrungsgemäß können sich junge Frauen besser schützen, wenn sie mittels Sexualerziehung über Geschlechterstereotype aufgeklärt wurden.

Eltern, Beamte, religiöse Autoritäten und Medien sollten einbezogen werden

Umfassende sexuelle Aufklärung ist international oft entweder nicht vorhanden, umstritten oder auf dem Rückzug. Laut einem UNESCO-Bericht von 2021 gab es nur in 85 von 155 untersuchten Ländern einschlägige Strategien oder Gesetze. Die Umsetzung wird darin allgemein als schwach beschrieben, auch wegen unzureichender Lehrpläne und fehlender Lehrkräfte. Auch dieses Papier betont, Sexualerziehung helfe, ungewollte Schwangerschaften und sexuell übertragbare Krankheiten zu reduzieren. Es empfiehlt, Eltern, Schulbeamte, religiöse Autoritäten, Medien und junge Menschen in die Förderung der Sexualerziehung einzubeziehen.

In vielen Entwicklungsländern steht Sexualerziehung überhaupt nicht auf der öffentlichen Agenda. In Europa werde sie von Rechtspopulist*innen torpediert, warnte der Europarat. Irreführende Propaganda behauptet, Minderjährigen werde unmoralisches Verhalten beigebracht. Tatsächlich lernen Jugendliche durch sexuelle Aufklärung natürlich nicht, Sex zu haben, sondern ein verantwortungsvolles, sicheres und erfülltes Erwachsenenleben zu führen.

Trends in den USA

In den USA ist die Zahl der Schulen, die Unterricht zur Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten (STD) vorschreiben, zwischen 2000 und 2014 um etwa zehn Prozentpunkte gesunken. HIV-Prävention wurde sogar nur noch an 41,1 Prozent statt an 64 Prozent der Schulen gelehrt.

Im Westen gewann Sexualerziehung in den 1960er- und 1970er-Jahren an öffentlichem Zuspruch, auch aus Sorge vor Teenagerschwangerschaften. Das Ziel war, junge Menschen über die Funktionsweise ihres Körpers zu informieren und über Folgen ihres Handelns aufzuklären. Man hatte eingesehen, dass die traditionelle Moral überholt war – und sich die Menschen ohnehin nie wirklich danach gerichtet hatten. 

Die USA gehörten zu den Ersten, die Programme zur Sexualkunde in die formale Schulbildung integrierten. In den 1990er-Jahren wurden aber Ansätze wie „Abstinenz bis zur Ehe“ wichtiger. Eine aktuelle Metastudie zu Meinungsumfragen kam allerdings zu dem Ergebnis, dass die US-Öffentlichkeit Sexualerziehung weiterhin befürworte. 

Da Pornografie leicht zugänglich ist, ist gute Sexualerziehung noch wichtiger als früher. Leider ist es aber so, dass Pornos im Internet verstärkt die einzige Quelle sexueller Aufklärung für Teenager sind. 

Link
Lohan M., López, A., 2023: Comprehensive sexuality education. An overview of the international systematic review evidence. UNESCO Digital Library.
https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000385849_eng

Mahwish Gul ist eine Beraterin aus Pakistan. Sie lebt in Nairobi und hat sich auf Entwicklungsmanagement spezialisiert.
mahwish.gul@gmail.com