Frauengesundheit
Gefahr für Mutter und Kind
Weltweit sind etwa 200 Millionen Frauen von weiblicher Genitalverstümmelung (female genital mutilation – FGM) betroffen. Die Praxis ist allein in Afrika in 29 Ländern verbreitet. In mehr als zehn von ihnen ist mindestens die Hälfte aller Frauen an ihren Genitalien verstümmelt. Ein weiteres Verbreitungsgebiet liegt in Südostasien mit Schwerpunkt Indonesien. Durch Migration kommt FGM mittlerweile auch in Europa vor.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO unterscheidet vier verschiedene Typen von FGM. Der schwerwiegendste Eingriff ist Typ 3, die sogenannte Infibulation. Dabei werden die Klitoris sowie die inneren und äußeren Schamlippen entfernt und die Wunde bis auf ein kleines Loch wieder zugenäht. Diese Öffnung dient dem Urinieren und der Menstruation.
Meistens werden Kinder im Alter von null bis 14 Jahren beschnitten. Bei dem Eingriff und danach können starke Schmerzen und hoher Blutverlust auftreten; mangelhafte Wundversorgung begünstigt Infektionen, die tödlich verlaufen können. Zu den Langzeitfolgen gehören Fistelbildung, chronische Schmerzen, Schwierigkeiten beim Urinieren und Menstruieren oder auch Inkontinenz, sexuelle Probleme und Komplikationen des Narbengewebes.
Die Infibulation hat besonders schwerwiegende Konsequenzen, da die Mädchen – meist zu Beginn der Ehe – für den Geschlechtsverkehr wieder „geöffnet“ werden müssen und diese Öffnung für jede Geburt noch einmal vergrößert werden muss. Nach der Geburt werden die Genitalien wieder vernäht. Jedes Mal muss die Wunde neu verheilen.
Durch die Narbenbildung kann sich der Geburtskanal nicht richtig erweitern, die Geburt dauert oft länger als normal und ist mit Komplikationen verbunden. Das Narbengewebe kann einreißen und Gefäße, Nerven und Muskeln des Beckenbodens mit zerreißen. Einrisse bis in den Analkanal sind keine Seltenheit, mit Fisteln und Inkontinenz als mögliche Folgen. Insgesamt sind die Geburtsverletzungen meistens sehr viel schlimmer als bei Frauen, die nicht beschnitten sind – bis hin zum Verbluten.
Auch das Baby ist einem erhöhten Risiko ausgesetzt: Die verzögerte Geburt kann mit gefährlichem Sauerstoffmangel einhergehen, der das Kind schädigt oder sogar zum Tod führt. Die Wunden und Risse im Gewebe erhöhen zudem das Risiko der Übertragung von HIV/Aids von der Mutter auf das Kind deutlich. Somit erhöht FGM auch die Mütter- und Kindersterblichkeit.
Die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes kämpft in Europa im Rahmen des von der EU geförderten Projekts CHANGE Plus gegen FGM. Sie setzt dabei vor allem auf Aufklärung in den betroffenen Gemeinschaften. Ärzte, speziell Gynäkologen, Hebammen und Krankenpfleger spielen eine zentrale Rolle bei der Beratung, Aufklärung und Behandlung von Mädchen und Frauen, die von Genitalverstümmelung betroffen sind. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit Mädchen und Frauen zu tun haben, die von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen oder gefährdet sind, ist hoch.
Dann ist es wichtig, konstruktiv, respektvoll, umsichtig, informiert und flexibel zu reagieren. In diesem Zusammenhang bietet Terre des Femmes Fortbildungen für diese Berufsgruppen zur Aufklärung, Prävention und zum Umgang mit Betroffenen und Gefährdeten an.
Idah Nabateregga ist Fachreferentin für weibliche Genitalverstümmelung bei Terre des Femmes.
fgm@frauenrechte.de
Links
Terre des Femmes:
http://www.frauenrechte.de
CHANGE Plus Projekt:
http://www.change-agent.eu