Frankophones Afrika

Frankreich hat in Afrika ein ernsthaftes Imageproblem

In der Sahelzone und anderen Teilen Afrikas ist der Unmut gegen die frühere Kolonialmacht Frankreich groß. Präsident Emmanuel Macrons Versuch, die Beziehungen wiederherzustellen, ist gescheitert.
Pro-Putsch-Demo in Nigers Hauptstadt Niamey. picture-alliance/dpa/Djibo Issifou Pro-Putsch-Demo in Nigers Hauptstadt Niamey.

Am südlichen Rand der Sahara und auch andernorts in Afrika gilt Frankreich zunehmend als geschwächte europäische Macht, die sich in Angelegenheiten anderer Länder einmischt. Viele sehen Frankreich als Importeur natürlicher Ressourcen, der sich bei dubiosen Machthabern einschmeichelt und manchmal mit massiver Militärgewalt interveniert.

Mehrere Militärputsche im frankophonen Westafrika haben gezeigt, dass der französische Einfluss schwindet. Guinea, Mali, Burkina Faso und Niger werden heute von Generälen regiert, die sich nicht mehr auf Frankreich verlassen wollen.

Im September gab es einen weiteren Militärputsch – in Gabun. Das Land ist ein Beispiel dafür, wie dubiose Geschäfte mit korrupten Politikern jahrzehntelang französischen Interessen dienten. Multinationale französische Konzerne wie das heutige TotalEnergies dominierten die Ölindustrie 50 Jahre lang, während die Familie Bongo herrschte. Omar Bongo war vier Jahrzehnte Präsident; sein Sohn Ali Bongo Ondimba wurde kürzlich abgesetzt, nachdem er sich zum Sieger einer fragwürdigen Wahl erklärt hatte.

Vor seinem Tod erklärte der skandalumwitterte Omar Bongo öffentlich, er habe Wahlkampagnen französischer Politiker finanziell unterstützt, weil er kein Risiko eingehen wollte und „Freunde, keine Feinde“ brauchte. Er gab zu, ihnen generell gegeben zu haben, „was sie verlangten“. So etwas erzürnt die Menschen in Afrika. Sie sehen, wie eine Koalition aus ihren eigenen Führern und deren französischen „Freunden“ ihre Länder plündert.

Ähnliches gilt für die Sahelzone, aus der Frankreich wertvolle Ressourcen bezieht, etwa Uran aus Niger. Viele glauben, französische Truppen seien dort nur stationiert, um solche Geschäfte zu sichern. Die Menschen sind frustriert, nicht zuletzt, weil Frankreich sein Versprechen, sie vor Unruhen und Terrorismus zu schützen, nicht hielt. Die Sicherheitslage verschlechterte sich weiter, und französische Soldaten wurden als arrogant und gewalttätig wahrgenommen.

Frankreich wird auf Social Media sogar vorgeworfen, mit islamistischen Terroristen zu kooperieren. Das ist sicherlich falsch, aber Nutzer*innen prüfen selten Fakten, und die Plattformen moderieren Inhalte kaum.

Vor Jahren versprach Präsident Emmanuel Macron das Ende der „Franç­afrique“ – des anhaltenden Einflusses von Paris in ehemaligen Kolonien südlich des Mittelmeers. Sein Versuch eines Neustarts der Beziehungen ist jedoch gescheitert. Er wird als arrogant wahrgenommen, auch in Frankreich selbst. Als die französische Polizei im Sommer brutal gegen antirassistische Proteste in Paris vorging, kam das Bürger*innen in frankophonen Ländern nur allzu bekannt vor. Macron eckt an mit seiner neokolonialen Haltung, etwa wenn er der ECOWAS (Economic Community of West African States) sagt, was zu tun sei.

Antifranzösische Haltungen traten beim Putsch in Niger im Juli vehement zutage. Ein wütender Demonstrant sagte: „Die Briten und Portugiesen haben Afrika vor vielen Jahrzehnten verlassen. Was machen die Franzosen noch hier?“ Ein anderer meinte: „Frankreich ist nicht länger in der Position, unsere korrupten Führer zu manipulieren und gegen den Willen des Volkes an der Macht zu halten.“

Viele hoffen auf eine Zusammenarbeit mit China, Russland oder den Golfstaaten und sehen im russischen Präsidenten Wladimir Putin einen starken Mann, der Afrika dabei unterstützen will, postkolonialer Herrschaft zu entkommen. Dabei ignorieren sie:

  • wie repressiv Putins Regime im eigenen Land ist,
  • dass es einen imperialistischen Krieg in der Ukraine führt und
  • dass russische Söldner in Afrika vermutlich korrupter und gewalttätiger Ressourcen ausbeuten, als dies französischen Firmen vorgeworfen wird.

Die Sicherheitslage in Mali hat sich jedenfalls nicht verbessert. Dass das neue Regime auf die Unterstützung russischer Wagner-Truppen setzt statt auf französisches Militär, half nicht.

Bislang scheint sich die antifranzösische Haltung im frankophonen Afrika nicht auszuweiten auf andere europäische Staaten oder die USA, die ebenfalls eine militärische Tradition in Niger haben. Das Verhältnis zu Frankreich ist aber ganz offenbar zunehmend belastet.

Karim Okanla ist Medienwissenschaftler und freier Journalist aus Benin.
karimokanla@yahoo.com