Leserbriefe
Reaktionen unserer Leser
Weltweiter Landraub
E+Z/D+C 2013/12, S. 448, Barbara Mayrhofer: „Nahrung für die Welt“
Ich verfolge mit Interesse die Entwicklungen in Agrarökonomie und -ökologie weltweit und habe deshalb obengenannten Artikel mit besonderem Interesse gelesen, das allerdings bald enttäuscht wurde. So wichtig nachhaltiger und ökologischer Landbau und die kleinbäuerliche Landwirtschaft für weltweite Ernährungssicherheit auch sind, spielen hier doch wirtschaftliche und politische Faktoren eine viel entscheidendere Rolle, als es die Autorin in ihrem Beitrag wahrhaben will.
Sicher ist eine offizielle agrarökologische Politik wie in Brasilien wichtig, ebenso wie die Aktivitäten eines Instituts für nachhaltige Entwicklung in Äthiopien. Angesichts des zunehmenden weltweiten Landraubs durch Regierungen und globale Unternehmen haben sie jedoch keine nennenswerte Wirkung auf die Entwicklung einer Landwirtschaft, die eben nicht der Ernährung der Bevölkerung dient, sondern dem Export von Agrarprodukten überwiegend für Viehfutter und Sprit. Allein zwischen 2006 und 2009 sollen etwa 50 Millionen Hektar Land in Afrika, Asien und Lateinamerika an ausländische Investoren verkauft oder verpachtet worden sein. Ich empfehle die Webseite http://www.globe-spotting.de.
Eva-Maria Bruchhaus, Köln
Alternative zu Staudämmen
E+Z/D+C 2013/12, S. 474 ff., Katja Dombrowski: „Gefährliche Staudämme“
Das Problem der Staudämme und Fluss-Stauwerke beschäftigte mich in meiner Aktivzeit besonders, da der Behördenlauf oft Jahre zwischen Einreichung und Fertigstellung betrug. Nun hat sich nach einigen Testjahren im Donaubereich der Wachau die Mondl-Stromboje durchgesetzt, die kein Stauwerk braucht und
in Größe und Leistung dem Bedarf angepasst werden kann. Diese Stromboje arbeitet in Richtung der Strömung (mit speziellen Turbinen) und wandelt die Kraft des Flusses in Strom um. In der Leistung ist sie effizienter als die unschönen Windräder.
Anton Padua, Aigen, Österreich
Thailändische Errungenschaft
E+Z/D+C 2013/11, S. 389, Hans Dembowski: Editorial, und S. 412 ff., Katja Dombrowski: „In der Moderne angekommen“
Mit Interesse habe ich Ihr Editorial gelesen. Richtig ist die Sozialversicherungs-Vaterschaft Bismarcks im Kern, dabei fing er – richtigerweise – mit der Krankenversicherung an und fügte wenig später die Rentenversicherung hinzu. Die Arbeitslosenversicherung gehört allerdings nicht in Bismarcks Portefeuille – sie wurde in Deutschland erst 1927 eingeführt.
Was Thailand angeht, so wurde der Arztbesuchbeitrag für Arme von 30 Baht (0,70 Euro) von den gegen Thaksin putschenden Generälen abgeschafft und meiner Kenntnis nach auch nicht wieder eingeführt. Die umgangssprachlich oft immer noch als „30-Baht-Scheme“ bezeichnete freie Krankenversorgung für alle (von Thaksin mit Hilfe einer Gruppe junger engagierter Ärzte aus dem Gesundheitsministerium eingeführt, die den konservativen Muff des Ministeriums satthatten) ist in der Tat eine der größten sozialpolitischen Errungenschaften Thailands.
Sie steht allerdings in sehr schwieriger Konkurrenz zur privaten, exportorientierten Gesundheitsindustrie (hauptsächlich in Bangkok). Wenn das Projekt nicht mit mehr Ressourcen versehen wird, worum sich die Thai-Regierungen – unabhängig von ihrer Couleur – inzwischen durchaus bemühen, kann es in diesem Wettbewerb nur schwer bestehen.
Ein weiteres Problem, das auf die schnell alternde und sich individualisierende Thai-Gesellschaft zukommt, ist – wie bei uns – die Pflege (nicht nur) im Alter. Nach meiner Kenntnis arbeitet die Regierung seit einiger Zeit an Konzepten – letztlich wird auch die Einführung einer Pflegeversicherung und entsprechender Infrastruktur eine Finanzierungsfrage sein. Wenn man allerdings ein kapital(teil)gedecktes System anstrebt, dann läuft die Zeit langsam davon.
Last, but not least: Die freiwilligen Rentensysteme in Thailand, die nicht mit Lebensversicherungen verwechselt werden dürfen, kann man
in ihrer sozialen Funktion vergessen, sie laufen strukturell auf ihre Selbstauflösung hinaus. Sie sind das Ergebnis früherer Regierungen, die versucht haben zu zeigen, dass sie was tun, ohne wirklich etwas zu tun.
Wolfgang Scholz, Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland, Genf
Antwort der Autorin: Meines Wissens wurde das „30-Baht-Scheme“ nach dem Putsch gegen Thaksin verändert, aber nie abgeschafft, und unter Yingluck wieder eingeführt. Jedenfalls besteht die Krankenversicherung, und sie wird oft in den Medien erwähnt. Ich teile nicht die Ansicht, dass diese Krankenversicherung nur schwer bestehen wird. Ich denke, man wird daran festhalten, wenn auch vielleicht nicht immer in der gleichen Form.