Armutsbekämpfung
Grundzutaten des Aufschwungs
Zur Kommission für Wachstum und Entwicklung gehören prominente Politiker, Unternehmer und Wissenschaftler. Unterstützt werden sie von der Weltbank, der Hewlett Foundation und den Regierungen von Australien, den Niederlanden, Schweden und Britannien. Im Mai veröffentlichte die Kommission ihren Bericht „Strategies for Sustained Growth and Inclusive Development“.
Diese Studie zieht Lehren aus armen Ländern, die mindestens 25 Jahre lang Wachstumsraten von mindestens sieben Prozent aufwiesen. Zu diesen 13 Ländern gehören unter anderem Botswana, Brasilien, China, Singapur und Oman. Trotz ihrer sehr unterschiedlichen Ausgangspositionen – manche haben eine riesige Bevölkerung, andere sind klein, manche sind reich an natürlichen Ressourcen und andere nicht – haben sie wirtschaftspolitische Gemeinsamkeiten, wie die Studie betont: „Sie nutzten die Weltwirtschaft, sicherten die makroökonomische Stabilität, erreichten hohe Spar- und Investmentraten, ließen die Ressourcenallokation durch Märkte zu und hatten engagierte, glaubwürdige und leistungsfähige Regierungen.“
Auf dieser Basis hätten die Länder verschiedene Politikstile gewählt, welche die Studie in fünf Kategorien einteilt:
„Akkumulation“ setzt auf hohe öffentliche Ausgaben für Infrastruktur und Fachkenntnisse,
„Innovation und Imitation“ fokussiert auf einen Platz im Welthandel,
„Allokation“ vertraut auf Preismechanismen auf den Kapital- und Arbeitsmärkten,
„Stabilisierung“ schützt die Wirtschaft vor Inflation und Rezession, und
„Inklusion“ betont die faire gesellschaftliche Verteilung des Wohlstands.
Grundsätzlich, so der Bericht, müssten Länder sich dem Weltmarkt öffnen, um Zugang zu Technologie, Wissen und den Finanzmärkten zu erhalten. Zu Beginn des Wachstums sei die Förderung eines starken Exportsektors besonders wichtig.
„Der Wachstumsreport widerlegt ein für alle Mal die Annahme, dass man Menschen ohne Wachstum aus der Armut führen kann“, sagt Michael Spence, Nobelpreisträger und Kommissionsvorsitzender. „Wachstum kann Menschen en masse vor Armut und unwürdiger Arbeit schützen.“ Massive Investitionen – vor allem in Bildungs- und Gesundheitswesen – in Höhe von bis zu 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ermöglichen laut der Studie Wachstum. Arbeitskräfte und Ressourcen müssten zudem flexibel sein. Ob die Bevölkerung die Wirtschaftspolitik unterstütze, hänge davon ab, wie viele Menschen vom Wachstum profitierten. Andererseits würden Subventionen häufig falsch verwendet, etwa um den Energieverbrauch zu verbilligen.
Grundsätzlich diene ein offener Finanzmarkt auf Dauer dem Wachstum, heißt es in der Studie, doch der zeitliche Ablauf der Liberalisierung könne ganz unterschiedlich ausfallen. Während internationale Finanzinstitutionen häufig Marktöffnung forderten, müssten die Entscheidungsträger sicherstellen, dass „die Wirtschaft diversifiziert ist, Kapitalmärkte ausgereift und Finanzinstitutionen stark sind.“
Für die notwendigen Schritte sind nach Meinung der Kommission „Reform-Teams“ aus Wirtschaftswissenschaftlern und Politikern nötig, die sich mit der langfristigen Perspektive bestimmter Volkswirtschaften befassen. Die Kommission gibt in ihrem Bericht keine Empfehlungen für einzelne Länder ab, hebt jedoch Potenziale und Beschränkungen einiger Regionen hervor: So empfiehlt sie mit Blick auf Afrika, die Industrieländer müssten dort Bildungsinvestitionen unterstützen und wie versprochen Einfuhren aus der Region zügig erleichtern. Der Kontinent brauche als Nachzügler Hilfe. Kleinen Staaten rät die Kommission, stärker regional zusammenzuarbeiten. Für ressourcenreiche Staaten sei gute und transparente Regierungsführung besonders wichtig.
In jedem Fall müssen Regierungsvertreter jedoch auch globale Trends und mögliche Risiken außerhalb ihrer Einflussmöglichkeiten in Betracht ziehen, wie der Bericht betont. Dazu gehörten die Erderwärmung, plötzliches Aufflackern von Protektionismus, steigende Preise, die alternde Weltbevölkerung sowie das Zahlungsbilanzdefizit der USA.
Ellen Thalman