Nachhaltige Mobilität
Grundlegende Transformation nötig
Wenn ländliche Gebiete besser erschlossen würden, könnten eine Milliarde mehr Menschen Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und Beschäftigung bekommen. Verbesserte Sicherheit im Verkehr könnte weltweit pro Jahr 800 000 Verkehrstote vermeiden. Das sind zwei wichtige Ergebnisse eines Berichts von Sustainable Mobility for All (SuM4All), einer Dachorganisation öffentlicher und privater Akteure im Verkehrssektor.
Die Autoren mahnen, dass Verkehrsströme dringend unabhängiger von fossilen Brennstoffen gemacht werden müssen. Die Verantwortung liege vor allem bei den Industrieländern, denn dort seien die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen pro Kopf am höchsten.
Eine starke Reduzierung des CO2-Ausstoßes würde dem Bericht zufolge zudem die Luftverschmutzung und damit verbundene Gesundheitsrisiken weltweit deutlich verringern. Hiervon sei Südasien am stärksten betroffen.
Viele internationale Vereinbarungen, wie die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) oder das Pariser Klimaabkommen, thematisieren nachhaltige Verkehrspolitik konkret. Es hapere jedoch an der Umsetzung der Ansätze, bemängelt der Bericht. Beispielsweise sei in einigen Ländern der Bau von Straßen gefördert worden, um den Zugang zu Märkten und Arbeit zu verbessern. Das habe jedoch zu mehr Todesfällen sowie Luft- und Lärmbelastung geführt. Insbesondere in Südafrika sehen die Autoren die mangelnde Sicherheit im Verkehr mit Sorge.
Oft würden einzelne Technologien wie Elektrofahrzeuge zur Senkung der Treibhausgasemissionen zu stark gefördert. Das untergrabe die Erweiterung der Vielfalt der Verkehrsmittel. Trotz einiger Fortschritte in bestimmten Verkehrsbereichen vermissen die SuM4All-Autoren die erforderliche grundlegende Transformation des Systems.Der Report führt die relevantesten und wirkungsvollsten politischen Maßnahmen zur Erreichung nachhaltiger Mobilität auf. Ein Einheitsmodell funktioniere nicht – jedes Land müsse spezifische Maßnahmen ergreifen. SuM4All präsentiert verschiedene Instrumente dafür in vier „Toolboxen“: Zu den regulatorischen und institutionellen Instrumenten gehören unter anderem bessere Koordination zwischen den Verkehrsträgern und entsprechenden Ausbau der Transportmöglichkeiten. Wichtig seien zudem Vorschriften für den grenzüberschreitenden Verkehr, Verkehrsdienste, Fahrzeugnutzung sowie den Umgang mit Daten.
Die Technologie-Toolbox behandelt die Planung, Bereitstellung und Wartung von Infrastruktur. Technische Standards müssen dabei Sicherheitsbelange berücksichtigen.
Die Wirtschafts- und Finanz-Toolbox empfiehlt Maßnahmen zur Finanzierung und Preisgestaltung, Steuern und Subventionen, Innovationspolitik und Kosteneffizienz des Verkehrssektors. Bei der Umstellung zu nachhaltiger Mobilität nehmen private Akteure demnach eine Schlüsselrolle ein. Sie bieten innovative Technologien, Produkte und Dienstleistungen sowie die für den Übergang erforderlichen Geschäftsmodelle an. Von der Konzeption bis zur Umsetzung konkreter Maßnahmen sei deshalb eine Zusammenarbeit zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor erforderlich, heißte es im Bericht.
Die Kommunikations-Toolbox schließlich hilft dabei, öffentliche Kampagnen zur Beeinflussung von Verhaltensänderungen zu erarbeiten, nachhaltige Verkehrsalternativen erkennbar zu machen und Wissen zu managen.
Zusätzlich ermöglicht ein Webtool, länderspezifische Mobilitätsindizes einzusehen und Aktionspläne abzuleiten. Verschiedene Indizes wie etwa das Verhältnis von Schnellzugstrecken zu Passagierzahlen helfen, Stärken und Schwächen in der Verkehrsinfrastruktur zu identifizieren. Insgesamt zeigt der Bericht das große Potenzial des Verkehrssektors auf, nachhaltige Entwicklung zu gestalten.
Link
Sustainable mobility for all, 2019: Global roadmap of action toward sustainable mobility.
http://www.sum4all.org/gra
Floreana Miesen ist Geografin und freie Autorin.
floreana.miesen@gmx.de