Meeresschutz
Es gibt viel zu tun
Experten betonen, dass das Thema Meer nicht vom Klima zu trennen ist. Denn die Weltmeere, die 71 Prozent der Erdoberfläche bedecken, tragen erheblich zur Klimakontrolle bei. Sie produzieren die Hälfte des auf der Erde vorhandenen Sauerstoffs. Zudem sind die Ozeane durch ihre Vielfalt an Pflanzen und Tiere eine wichtige Nahrungsquelle für die Menschheit. 1,5 Milliarden Menschen in Entwicklungsländern sind auf Fisch als wichtige Eiweißquelle angewiesen. Doch die Zerstörung der Meere schreitet voran, verursacht durch:
- steigende Wassertemperaturen durch die Erderwärmung,
- illegalen Fischfang und Überfischung sowie
- die Verschmutzung des Wassers mit Plastik, Chemikalien und anderem Müll.
Die internationale Gemeinschaft hat das Problem erkannt und bereits politische Programme erarbeitet. Das Sustainable Development Goal (SDG) 14 fokussiert den Schutz und Erhalt der Ozeane und Meeresressourcen. Die bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer (G20) haben sich 2017 auf einen „Aktionsplan gegen die Weltmeerverschmutzung“ geeinigt. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat ebenfalls einen 10-Punkte-Aktionsplan zum Meeresschutz verabschiedet. Die Programme zielen darauf ab, Entwicklungsländer dabei zu unterstützen, die Meere zu schützen und nachhaltig zu nutzen.
Jetzt gilt es, diese politischen Programme in die Tat umzusetzen. Dazu ist Expertise und Geld nötig. Beides zusammenzuführen war das Ziel des Development Finance Forum der KfW im November in Frankfurt. Die internationale Konferenz beschäftigte sich hauptsächlich mit den Themen marine Schutzzonen, nachhaltige Fischerei und Kampf dem Plastikmüll in den Meeren.
Die Verschmutzung wurde in den vergangenen Jahren immer wieder eindrucksvoll durch Filme und Fotos dokumentiert wie etwa von Jo Ruxton, die den preisgekrönten Film „A Plastic Ocean“ mitproduziert und eine gleichnamige Stiftung ins Leben gerufen hat. Sie war schockiert, was sie bei den Dreharbeiten herausgefunden hat, welche Auswirkungen Plastikmüll beispielsweise auf die Tierwelt hat. Viele Vögel verhungern elendig, weil sie statt Futter Plastik fressen. Ruxtons Angaben zufolge werden derzeit rund 320 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr hergestellt. Experten rechnen damit, dass sich diese Menge in den nächsten 20 Jahren noch verdoppeln wird. Global betrachtet werden 72 Prozent der gebrauchten Plastikverpackungen nicht wiederverwertet; 40 Prozent werden in Deponien abgelagert, und 32 Prozent gelangen unkontrolliert in die Umwelt wie in die Meere. Darin belasten Schätzungen zufolge derzeit über 150 Millionen Tonnen Plastikmüll Fauna und Flora. Im Jahr 2050 wird sich voraussichtlich mehr Plastik als Fisch in den Weltmeeren finden. Problematisch ist dies auch deshalb, weil sich Plastik extrem langsam bis gar nicht zersetzt.
Laut David C. Wilson vom Imperial College London stammt der Hauptanteil des marinen Plastikmülls aus Entwicklungsländern. Die Hälfte kommt aus China, Indonesien, den Philippinen, Thailand und Vietnam. Als Hauptproblem sieht der Wissenschaftler fehlende Müllsammlung und -entsorgung. An dieser Stelle sehen Experten wie Costas Velis von der International Solid Waste Association (ISWA) auch den Hauptansatzpunkt zur künftigen Müllvermeidung. Bei der KfW-Konferenz lautet der einhellige Tenor, dass die Abfallentsorgung an Land durch entsprechende Programme verbessert werden muss. Da Müllmanagement hauptsächlich Aufgabe der Kommunen ist, müssten diese beim Aufbau von entsprechenden Infrastrukturen mit Knowhow und Geld auch von der jeweiligen Regierung unterstützt werden.
Beim Plastikmüll müsste laut Experten auch die Recyclingrate schnell und signifikant erhöht werden. Dabei ist eine möglichst sortenreine Trennung und Sammlung der Abfälle essenziell. Um Verbraucher für das Thema zu sensibilisieren, wäre Aufklärung in Schulen und Jugendzentren ein wichtiger Anfang. Nicht nur die Verbraucher, auch die Politiker, Unternehmer und andere Entscheidungsträger müssten von Müllvermeidung, -sammlung und -trennung überzeugt werden, damit entsprechende politische Weichenstellungen geschaffen werden. Nicht zuletzt müsse auch die Industrie die Produktion von Plastik reduzieren und für die Entsorgung des Abfalls verantwortlich gemacht werden.
Die Weltmeere werden nicht nur durch Plastik und anderen Müll bedroht, sondern die kommerzielle Nutzung wie Fischfang, Schifffahrt, Tiefseebergbau oder Tourismus zerstört ebenso die natürlichen Ressourcen. Eine Lösung sind so genannte Meeres- und Küstenschutzgebiete, in denen die kommerzielle Nutzung des Meeres verboten oder eingeschränkt ist. So soll die Biodiversität der Tier- und Pflanzenwelt erhalten bleiben oder sich regenerieren können. Bislang ist laut Greenpeace nur ein Prozent der Weltmeere geschützt. Auch die Teilnehmer der KfW-Konferenz waren der Meinung, dass die bisherigen Schutzgebiete nicht ausreichend seien. Das internationale Ziel, zehn Prozent der Küsten und Meere bis 2020 unter Schutz zu stellen müsste als „absolutes Minimum“ durchgesetzt werden. 30 Prozent der Weltmeere unter Schutz zu stellen, wäre ein angemessenes Ziel. Um dies zu erreichen, müssten nach Ansicht der Experten das Management der Schutzgebiete und die internationale Zusammenarbeit verbessert sowie die langfristige Finanzierung sichergestellt werden.
Bestehende Instrumente wie lokale oder regional übergreifende Schutzgebiete müssten verbessert und Teil eines Netzwerks von Schutzgebieten werden. Dieses Netzwerk sollte in Kooperation mit Regierungen, Privatwirtschaft und Nichtregierungsorganisationen innerhalb der marinen Regelwerke entstehen. Geber und Finanzinstitute müssten diese Bemühungen unterstützen. Ein neues Instrument dafür ist der Blue Action Fund (siehe Kasten). Entscheidend für den Erfolg aller Schutzgebiete sei es, die lokale Bevölkerung in das Management miteinzubeziehen. Entsprechende Richtlinien für verantwortungsvolle Fischerei in kleinem Umfang gebe es von der Welternährungsorganisation (FAO).
Die FAO sieht die Fischerei nicht nur als Problem, sondern auch als Teil der Lösung, sagt Manuel Barange von der FAO. Fisch sei eine wichtige Nahrungsquelle und ein lukratives Handelsgut in vielen Entwicklungsländern. Die Lösung sei der verantwortungsvolle Umgang mit der Fischerei. Beim Development Finance Forum einigte man sich darauf, dass in nachhaltige Fischerei und Aquakultur investiert werden müsse, um die Meere zu schützen. Dabei sei es unumgänglich, das Management dieser Bereiche zu verbessern und kleine nachhaltige Fischer vor Ort miteinzubeziehen und finanziell zu unterstützen.
Link
Dokumentarfilm „A plastic ocean“:
www.plasticoceans.org