Arbeitsmigration
Migrantinnen verändern Geschlechterrollen
Die Mobilität von Frauen hat in den meisten Ländern der asiatisch-pazifischen Region sowohl in absoluten Zahlen als auch relativ betrachtet zugenommen. Laut der kürzlich veröffentlichten IOM-Studie „Women’s Labour Migration from Asia“ machen Frauen mittlerweile 48 Prozent der Migranten in diese Länder und 44 Prozent der Migranten aus diesen Ländern aus.
Veränderte Geschlechterrollen und neue politische Vorgaben in Herkunfts- und Zielländern treiben diese Entwicklung voran. Die Studie nennt als Beispiel Bangladesch, wo 2003 ein Verbot der Migration von Frauen im unteren Arbeitsmarktsegment aufgehoben und 2006 die sogenannte Overseas Employment Policy eingeführt wurde, die das Recht männlicher wie weiblicher Bürger Bangladeschs festschreibt, ihren Arbeitsplatz sowohl im Land als auch außerhalb frei zu wählen. Beide Änderungen scheinen zu mehr Wanderbewegung von Frauen geführt zu haben.
Hauptziel der asiatisch-pazifischen Migrantinnen sind die Golfstaaten und die wirtschaftlich schnell wachsenden Länder Ost- und Südostasiens. Die Statistiken hierzu sind jedoch ungenau, da viele Frauen auf inoffiziellen Wegen migrieren und in informellen Arbeitsmärkten beschäftigt sind. Schätzungen zufolge stellen inoffizielle Migranten mindestens 15 Prozent der arbeitenden Bevölkerung in den sechs Mitgliedsländern des Kooperationsrats der Arabischen Golfstaaten.
Die Auswirkungen der Migration von Frauen im Asien-Pazifik-Raum sind nicht nur absolut betrachtet enorm, sondern auch deutlich größer als die von Männern. Zwar verdienen Frauen im Durchschnitt weniger, sie schicken aber einen größeren Anteil ihres Einkommens an die Familien in der Heimat. Laut der IOM-Autorin stellen diese Überweisungen in vielen Ländern eine der größten Devisenquellen dar. Die durchschnittliche Bangladescherin, die im Nahen Osten arbeitet, schickt beispielsweise 77 Prozent ihres Lohns nach Hause.
Abgesehen von wirtschaftlichen Gewinnen bringt weibliche Migration neue Ideen, Einstellungen, Fähigkeiten und Wissen mit sich. Die Frauen ernähren ihre Familien, und ihr sozialer Status steigt. So verändert Migration Geschlechterrollen und kulturelle Normen.
Andererseits wirkt sich Migration auf das Ehe- und Familienleben aus. Kinder, deren Mütter im Ausland arbeiten, wachsen meistens bei ihren Großmüttern auf. Das kann negative Folgen haben. Allerdings zitiert die Studie auch Erkenntnisse aus Thailand denen zufolge Kinder von auswärts arbeitenden Eltern eher angaben, dass es ihnen subjektiv gut ging, als andere Kinder.
Ein weiterer Nachteil besteht in den Risiken, die die Migration für Frauen birgt. Sie fallen häufiger als Männer Menschenhändlern zum Opfer, werden gezwungen, Schmiergeld zu bezahlen oder von Arbeitsvermittlern übers Ohr gehauen.
Der Studie zufolge stranden viele Frauen – etwa aufgrund von Visaproblemen – in Transitländern, wo sie ausgebeutet und angefeindet werden. Am Ziel erwarten sie oft schlechte Lebens- und Arbeitsbedingungen, Gewalt und sexueller Missbrauch sind weit verbreitet. Viele Hausangestellte arbeiten unter sklavenähnlichen Bedingungen.
Die IOM setzt sich dafür ein, die positiven Auswirkungen der Migration zu verstärken und die Rechte und das Wohlergehen der Frauen zu sichern. Herkunftsländer sollten ihre Emigranten schützen und besser auf das Leben im Ausland vorbereiten. Zielländer dagegen sollten ihre Arbeitsrechte auf Einwanderer ausdehnen – was auch bereits vielerorts geschieht.
Die IOM-Autorin appelliert an nationale Regierungen, auf formalen Arbeitsverträgen zu bestehen und Migranten und ihre Arbeitgeber zu unterstützen. Außerdem sei mehr Zusammenarbeit auf globaler, regionaler und bilateraler Ebene nötig, damit Migration allen Beteiligten nutzt.
Katja Dombrowski
Link:
IOM: Women‘s Labour Migration from Asia and the Pacific: Opportunities and Challenges.
http://publications.iom.int/bookstore/free/MPI_Issue12.pdf