Doppelt versagt
[ Von Barbara Unmüßig ]
Die CSD hatte nie glanzvolle Zeiten. Sie wurde 1992 zur Umsetzung der Beschlüsse der UN Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro gegründet, blieb aber immer eine eher lahme Ente. Im Mai dürfte sie jetzt ihre Legitimation und Reputation endgültig verspielt haben.
Dass der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel im Namen der EU die Unterschrift unter die Schlusserklärung verweigerte, war unüblich und drastisch – inhaltlich aber voll gerechtfertigt. Das Thema Energie stand im Zentrum der Verhandlungen, geleitet wurden sie vom Energieminister aus Katar, der sich selbst einen „Mann des Gases aus einem Land des Gases“ nennt. Statt die Förderung erneuerbarer Energien nach vorne zu bringen, war die CSD vom fossilen Kurs der OPEC dominiert. Dagegen setzte die EU ein ermutigendes Signal, denn die Schlusserklärung blieb in der Tat hinter dem Stand früherer Vereinbarungen zurück.
Diplomatisch riskant war der Schritt indessen, weil die EU sich damit unter den armen Ländern keine Freunde gemacht haben dürfte. Jedoch tun sich gerade die ärmsten Entwicklungsländer, die keine Energierohstoffe exportieren, mit fehlgeleiteten Allianzen – wie etwa mit der OPEC – selbst keinen Gefallen. Unübersehbar ist, dass die G77, ein Bündnis von Entwicklungsländern im UN-Kontext, jenseits aller Interessensdivergenzen derzeit alles tut, um ihre Reihen zu schließen. Bei der nächsten Klimakonferenz sollen im Dezember in Bali die Verhandlungen für das Post-Kyoto-Regelwerk beginnen. Dabei geht es auch darum, ob – und wenn ja, wie – die großen Schwellenländer in Reduktionsverpflichtungen einbezogen werden. China, Indien, Brasilien und andere wichtige Klimagasemittenten haben daran aber bislang kein Interesse gezeigt. Sie folgen damit dem destruktiven Vorbild der Weltmacht USA, die als größter Klimaschädling bislang keinerlei Reduktionspflichten übernommen hat.
Dass die Entwicklungsländer – vor allem die ärmsten – auf Vorleistungen der industriellen Vorreiternationen drängen, ist einzusehen. Es ist aber nicht nachzuvollziehen, dass sie einerseits lautstark beklagen, wie schlimm sie der Klimawandel trifft, zugleich aber Bündnisse mit fossilen Staaten- und Lobbygruppen eingehen. Sie sollten sich besser auf ambitionierte Ziele für erneuerbare Energien einlassen und der eigenen Bevölkerung Entwicklungsoptionen mit fortgeschrittenen Technologien bieten. Es ist sinnlos und gefährlich, die Fehler der Industrieländer zu kopieren.
Besonders grotesk ist die Wahl des Ministers aus Simbabwe zum neuen CSD-Vorsitzenden. Nhema wird persönliche Verantwortung für gewaltsame Umsiedlungen und Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Wegen der beschlossenen Sanktionen gegen Simbabwe kann die EU ihn weder einladen noch substanzielle Kontakte mit ihm pflegen. Er darf nicht mal nach Europa einreisen. All das wussten die CSD-Mitglieder, die in geheimer Abstimmung für ihn stimmten.
Simbabwe hat eines der brutalsten Regime der Welt. Es lässt die eigene Bevölkerung verhungern, Oppositionelle foltern und auf Demonstranten schießen. Mit diesem Land an der Spitze kann die CSD keine ernstzunehmende Adresse für ökologisch und sozial nachhaltige Entwicklung sein. Die Kommission hat sich selbst ins Abseits gestellt – und damit leider auch die UN als Ganzes. Dabei waren doch in jüngster Zeit endlich die Themen Klimawandel, nachhaltige Entwicklung und Ressourcenausbeutung mit der nötigen Dringlichkeit auf die internationale Agenda zurückgekehrt.
Es stellt sich die Frage, warum Entwicklungsländer ein UN-Gremium nach dem anderen schwächen. Schon die Reform der UN-Menschenrechtskommission ist misslungen. Das doppelte Versagen der diesjährigen CSD ist ein weiteres Alarmzeichen für den Niedergang des Multilateralismus und der Vereinten Nationen. Die tiefe Krise der CSD könnte allerdings den Ruf nach einer Weltumweltorganisation, die mit Verhandlungsmacht ausgestattet ist, verstärken. Dann hätte das doppelte Scheitern von New York vielleicht doch noch zumindest etwas Gutes.