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Armut

Den Wünschen und Bedürfnissen armer Gemeinschaften Rechnung tragen

Fortschritte in der Landwirtschaft haben die Armut in Bangladesch verringert. Doch viele kleinbäuerliche Betriebe haben immer noch wirtschaftliche Probleme. Die Klimakrise verschärft ihre Lage. Dabei sind sie es, die sich am wenigsten anpassen können.
Schwimmende Gärten. picture-alliance/ZUMAPRESS.com/Mustasinur Rahman Alvi Schwimmende Gärten.

Als Bangladesch 1971 unabhängig wurde, war es ein Agrarland mit durchschnittlich niedrigen Einkommen. Heute spielt die Landwirtschaft keine große Rolle mehr. Sie trägt nur etwa 14 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Dennoch ist der Sektor immer noch wichtig. Fast die Hälfte aller Arbeitskräfte und fast 60 Prozent aller Arbeitnehmerinnen sind dort tätig.

Das Einkommen in den ländlichen Gebieten Bangladeschs hängt zum Großteil von kleinen landwirtschaftlichen Betrieben ab. Mehr als 80 Prozent der Bauern und Bäuerinnen besitzen weniger als einen Hektar Land. Viele müssen daher als Tagelöhner*innen arbeiten oder Land von wohlhabenden Grundbesitzer*innen pachten – oft unter ausbeuterischen Bedingungen.

Insgesamt sind die Durchschnittseinkommen gestiegen, sodass Bangladesch seit 2015 zu den Ländern mit mittlerem Einkommen gehört. Dazu hat auch die Landwirtschaft beigetragen. Doch Kleinbauern und -bäuerinnen verdienen immer noch zu wenig, um der Armut zu entkommen. Verschärft wird ihre Lage durch die Klimakrise.

Auch die Aussichten sind besorgniserregend. Einer Prognose zufolge wird der Klimawandel die Reisproduktion in 20 Jahren um ein Drittel verringern.

Wie sich die globale Erhitzung auswirkt, unterscheidet sich dabei von Region zu Region. Der Nordwesten – das landwirtschaftliche Zentrum Bangladeschs – leidet zunehmend unter Trockenheit und dürreähnlichen Zuständen. Ungewöhnliche Hitze nimmt zu. Im Nordosten hingegen kommt es zu Sturzfluten und übermäßigen Regenfällen. Der küstennahe Süden ist wiederum von tropischen Wirbelstürmen und Flutwellen betroffen. Wegen des ansteigenden Meeresspiegels dringt immer mehr Salzwasser ins Landesinnere.

All diese kurz- und langfristigen Phänomene schaden der Landwirtschaft. Überschwemmungen, Stürme und Dürren zerstören die Ernte und verursachen Schäden. Die allmähliche Versalzung und das Absinken des Grundwasserspiegels führen dazu, dass Landwirtschaftsbetriebe ihr Land gar nicht mehr nutzen können.

Ausgerechnet die ärmsten Bauern und Bäuerinnen können sich angesichts ihrer sozioökonomischen Lage kaum anpassen. Ihre Familien haben nur begrenzten Zugang zu formaler Bildung. Damit ist auch ihr Zugriff auf Unterstützungsangebote (einschließlich Qualifizierungsmaßnahmen), Finanzdienstleistungen und Technologie begrenzt. Menschen mit geringer formaler Bildung werden zudem häufiger marginalisiert, ausgebeutet und strukturell benachteiligt.

Die Erfahrung zeigt, dass kleinbäuerliche Betriebe weitgehend auf sich allein gestellt sind. Selbst bei der staatlichen Krishi-Bank erhalten sie kaum günstige Kredite. Dabei ist deren Hauptzweck, die Landwirtschaft zu fördern. Auch von staatlichen Förderprogrammen profitieren die Betriebe kaum.

All das hat schwerwiegende Folgen. Wenn die Bauern und Bäuerinnen Investitionen mit Krediten finanzieren, zahlen sie relativ hohe Zinsen und gehen damit unverhältnismäßig große Risiken ein. Schnell wendet sich ihre Hoffnung in Misserfolg, wenn extremes Wetter ihre Ernte vernichtet. Können sie den Kredit dann nicht zurückzahlen, stürzen sie in noch größere Armut.

Kleinbauern und -bäuerinnen sind klug und einfallsreich. Dank ihrer Kreativität wissen sie sich selbst unter schwierigen sozioökonomischen Bedingungen zu behaupten. Doch weil es ihnen oft an Geld und Fachwissen mangelt, schrecken sie vor teuren Innovationen zurück. Leider ist das Festhalten an Traditionen hinderlich, wenn sich die Voraussetzungen ändern. Arme ländliche Gemeinden sind den Folgen des Klimawandels besonders stark ausgesetzt und können sich nur schwer anpassen.

Wie Anpassung gelingen kann

Dabei gibt es hier Möglichkeiten. Im zunehmend trockenen Nordwesten ist es sinnvoll, Regenwasser zu sammeln. Dörfer profitieren also vom Ausheben von Teichen. Ebenso sinnvoll ist es, auf Anbaukulturen umzustellen, die weniger Wasser benötigen. Neben Reis kann ein Familienbetrieb in der zweiten Saison auf Kartoffeln umsteigen. Ökologische Anbaumethoden wie Direktsaaten und Mulchen haben sich bewährt. Gleiches gilt für das Priming, bei dem Saatgut durch gezielte Befeuchtung und Temperaturen optimal keimt.

Andere Ansätze braucht es in Gebieten, die von Überschwemmungen gefährdet sind. Zu den etablierten Strategien gehören Käfigkulturen für die Fischzucht, schwimmende Gärten für den Gemüseanbau auf Flößen und der Anbau von Subsistenzpflanzen auf Haushaltsebene. Gut beratene Bauern und Bäuerinnen entscheiden sich darüber hinaus für hochwassertolerante und ertragsarme Pflanzensorten.

An der Küste bieten sich salztolerante und tiefwurzelnde Pflanzen an. Angesichts der Versalzung existierender Wasservorräte ist es auch hier sinnvoll, Regenwasser zu sammeln.

Leider waren einige der Anpassungsversuche nicht nachhaltig oder hatten unerwünschte Nebeneffekte. Wegen der Versalzung der Küstenflüsse konnte sich die Garnelenzucht zwar ertragsreich ausbreiten. Doch sie hat auch die Böden für den Reisanbau verschlechtert. Im Küstendistrikt Satkhira ging die Reiserzeugung zwischen 1985 und 2005 um zwei Drittel zurück. Kleinbäuerliche Betriebe wurden dort verdrängt.

Ähnlich entwickelt es sich im Nordwesten, wo wegen der Trockenheit mehr Mangos angebaut werden. Mangos eignen sich gut zum Export, doch die Plantagen erfordern weniger Arbeit als der Reisanbau. Viele haben deshalb ihre Arbeit verloren und sind vom Land in die Stadt gezogen.

Um vorausschauend zu handeln, braucht es also verlässliche Informationen. Wohlhabende Landwirt*innen mit viel Land erhalten in der Regel die Beratung und Kredite, die sie benötigen.

Die große Herausforderung besteht darin, auch arme Bauern und Bäuerinnen zu unterstützen. Staat, Zivilgesellschaft und internationale Entwicklungsorganisationen bemühen sich darum, aber es bleibt viel zu tun. Vier Punkte gilt es dabei zu beachten:

  • Führungsfähigkeiten benachteiligter Gruppen, insbesondere von Frauen auf dem Land, gilt es zu fördern. Sie müssen sich unbedingt an Entscheidungen beteiligen. Das gelingt nur, wenn sie sich Gehör verschaffen. Multidisziplinäre Akteure sollten genau erörtern, was die Menschen vor Ort brauchen.
  • Formale Bildung – die Berufsausbildung, Kompetenzentwicklung und technologisches Fachwissen einschließt – ist zentral. Auch „Landwirtschaftsschulen“ und öffentlich-private Partnerschaften sind hier sinnvoll.
  • Der Zugang zum Finanzsektor muss verbessert werden. Die Vorschriften sollten zugunsten der Kleinbauern und -bäuerinnen flexibler ausgelegt werden. Neben Krediten sollten auch Versicherungen in Betracht gezogen werden, da sie Risiken wirksam mindern können.
  • Ländliche Gemeinden können von genaueren Wetterberichten profitieren. Auch Frühwarnsysteme sollten verbessert werden.

Für das Gelingen dieser Punkte ist es zentral, dass alle Beteiligten enger zusammenarbeiten. Dazu gehören Basisinitiativen, staatliche Stellen auf nationaler und subnationaler Ebene gleichermaßen wie Organisationen der Zivilgesellschaft und internationale Entwicklungspartner.

Savio Rousseau Rosario koordiniert das Programm „Locally Led-Adaptation (LLA)“ am International Centre for Climate Change and Development (ICCCAD) in Dhaka. 
savio.rozario@icccad.org

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