Kommentar
Neue Entschlossenheit
Die 22. Vertragsstaatenkonferenz (COP – Conference of parties) der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC – UN Framework Convention on Climate Change) war ein Arbeitsgipfel. Es ging darum, wie das Paris-Abkommen, das vor einem Jahr bei COP 21 beschlossen wurde, umgesetzt werden kann. Das ist eine komplizierte Angelegenheit mit vielen Detailfragen – beispielsweise zur Finanzierung. Die Erfahrung lehrt, dass solche Arbeitsgipfel oft kompliziert sind und deshalb nur sehr langsam vorankommen.
Der Gipfel in Marrakesch lieferte gute Ergebnisse. Voraussichtlich werden bereits 2018 die wesentlichen Umsetzungsdetails geklärt sein. In Marrakesch wurden dafür die Grundlagen geschaffen. Das ist wichtig.
Die Konferenz hatte gerade begonnen, als die Wahlen in den USA stattfanden. Der Sieg von Trump, der im Wahlkampf den Treibhauseffekt als „chinesischen Schwindel“ bezeichnet hatte, löste zunächst einen Schock aus. Er führte aber nicht zu Resignation, sondern zu noch größerer Entschlossenheit und zu gemeinsamem Handeln. Was Trump im Amt tun wird, bleibt abzuwarten. Vermutlich wird er sich realpolitischen Sachzwängen stellen müssen. Aus dem Paris-Abkommen auszusteigen ist rechtlich nicht ganz einfach – und es erfordert mehrere Jahre. Klar ist jedenfalls, dass sich der neue Präsident damit gegen die nun ambitionierte internationale Gemeinschaft stellen würde.
Die COP hätte das US-Wahlergebnis auch ganz anders aufnehmen können – etwa wenn Regierungen als Folge eine eher abwartende Haltung eingenommen hätten. Das Gegenteil war der Fall.
Nur drei Tage zuvor war das Paris-Abkommen in der Rekordzeit von nur elf Monaten in Kraft getreten. Auch das zeigt, dass es den Vertragsstaaten ernst ist.
Wichtig war in Marrakesch auch das Auftreten Chinas, dessen Vertreter sich deutlich positioniert haben. Sie stellten klar, dass es kein Zurück geben darf, und zeigten sich bereit, auch weiterhin klimapolitisch eine Führungsrolle zu spielen. Sie setzen sich seit längerer Zeit für Umwelt- und Klimaschutz ein. Chinas Bedeutung wird vermutlich immer noch von vielen unterschätzt – vielleicht auch von Trump. Schon beim Klimagipfel in Kopenhagen vor sieben Jahren hat China die Muskeln spielen lassen und deutlich gemacht, wie wichtig die Volksrepublik global ist. Dass die USA bei China hoch verschuldet sind, darf dabei nicht vergessen werden.
Deutschland übernahm in Marrakesch ebenfalls auf positive Weise Verantwortung. Der Klimaplan der Bundesregierung, der zu Hause heftig umstritten war, kam bei den Gipfelteilnehmern gut an. Konkrete Vorhaben ermutigen und schaffen Glaubwürdigkeit. Auch Mexiko, Kanada und die USA legten Pläne vor. Es blieb freilich offen, was Trump von seinem Vorgänger Barack Obama übernehmen wird. Völlig zurückdrehen kann er den Klimaschutz in seinem Land hoffentlich nicht. Ein Grund ist, dass viele Gebietskörperschaften – darunter der wirtschaftlich stärkste und bevölkerungsreichste Bundesstaat Kalifornien – eigene Klimaziele verfolgen. Ein weiterer Grund ist, dass erneuerbare Energien wirtschaftlich immer attraktiver werden. Grundsätzlich gilt, dass die Klimapolitik von neuen technologischen Schüben – etwa was die Speicherung von Energie oder Effizienz anginge – sehr profitieren könnte.
Aktuellen Meldungen zufolge gab es in diesem Jahr weniger Eis auf den Meeren als seit Jahrtausenden. Und auf dem Klimagipfel in Marokko hat die Weltmeteorologie-Organisation WMO veröffentlicht, dass 2016 wohl als das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen in die Geschichte eingeht. Der Handlungsdruck steigt also weiter. Eine andere aktuelle Meldung stimmt in diesem Zusammenhang eher nachdenklich: Der weltweite Ausstoß an Klimagasen ist in den vergangenen drei Jahren nicht mehr gewachsen, sondern in etwa konstant geblieben. Das reicht nicht aus, um die globale Erwärmung einzudämmen. Es zeigt aber, dass vielleicht eine Trendwende in Sicht ist.
Thomas Loster ist Geschäftsführer der Münchener Rück Stiftung.
tloster@munichre-foundation.org