Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Amts- und Regierungsführung

Auf dem Prüfstand

Politische Stiftungen arbeiten prozessorientiert und an anspruchsvollen Zielen, wie etwa der Demokratieförderung. Es ist schwierig zu erfassen, wie sich ihre Arbeit auswirkt – aber es hat sich in den letzten Jahren diesbezüglich einiges getan.


Von Berthold M. Kuhn

In Deutschland gibt es sechs parteinahe politische Stiftungen: Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Heinrich-Böll-Stiftung, Hanns-Seidel-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung. Sie haben sich in den letzten Jahren inhaltlich, methodisch und organisatorisch intensiv mit dem Thema Evaluation befasst. Ihre Förderanträge an das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sollen nun so formuliert sein, dass abstrakte Zielvorstellungen in konkrete, erreichbare und nachprüfbare Ziele übersetzt und mit Wirkungshypothesen und Indikatoren zur Erfolgsmessung versehen werden. Seit 2011 gibt es für alle politischen Stiftungen ein ein­heitliches Antrags- und Berichtsformat.

Entwicklungspolitik durch Stiftungen, die aus dem Haushalt gefördert werden, ist eine deutsche Besonderheit. Auf europäischer Ebene hat sich vor einigen Jahren ein European Network of Political Foundations (ENOP) konstituiert, bei dem die deutschen politischen Stiftungen aufgrund ihrer Kapazitäten und Erfahrungen den Ton angeben.

Die Stiftungen erhalten den Großteil ihrer Mittel für die Auslandsarbeit vom BMZ. Sie handeln nicht im Auftrag der Bundesregierung, aber mit ihrer Zustimmung und finanziellen Unterstützung. In einigen Fällen haben die Stiftungen auch erfolgreich Projektgelder über das European Instrument for Democracy and Human Rights (EIDHR), ein Instrument der EU, eingeworben. Viele Geber beneiden Deutschland um die politischen Stiftungen, weil diese jenseits des diplomatischen Parketts sensible Themen bear­beiten und durch ihre Kontakte zu Entscheidungsträgern deutsche entwicklungspolitische Interessen befördern können.

Die politischen Stiftungen arbeiten in vielen Staaten und Regionen mit dem Schwerpunkt Demokratieförderung und Menschenrechte. Sie führen Politikdialoge mit Parteien und Parlamenten und unterstützen zivilgesellschaftliche Partner und Netzwerke. Seit den Protest- und Demokratiebewegungen in den arabischen Staaten findet ihre Auslandsarbeit mehr Beachtung. In den vergangenen Monaten haben auch in E+Z/D+C Vertreter verschiedener Stiftungen die Entwicklung dort bewertet. In diesem Heft kommentiert Andreas Jacobs, der KAS-Büroleiter in Kairo, die jüngsten Geschehnisse in Ägypten (siehe S. 302).

Die Arbeit der politischen Stiftungen ist vor Ort kaum von parteipolitisch motiviertem Konkurrenzdenken geprägt. Eher bemüht man sich um einen komplementären Zugang zu ihren Themen und arbeitet dabei mit unterschiedlichen Partnern zusammen. Die Büros verfügen in vielen Staaten über gute Kontakte und haben tiefe Einblicke in politische Prozesse. Botschaften und internationale Organisationen schätzen sie daher als Ansprechpartner. Die Budgets der Stiftungen, die sich auf sehr viele Länder verteilen, sowie ihre Mitarbeiterzahlen sind allerdings eher gering – speziell im Vergleich zu den Budgets und Strukturen der deutschen bilateralen Entwicklungszusammenarbeit.

Kritische Stimmen

Bislang haben die Stiftungen hinsichtlich Transparenz, systematischer Wirkungsbeobachtung und dergleichen nicht gerade eine Vorreiterrolle gespielt. Seit es aber neue Verwaltungsvorschriften der Bundeshaushaltsordnung gibt und das BMZ die poli­tischen Stiftungen im Jahr 2007 einer ­Systemprüfung zur Evalua­tionsarbeit unterzogen hat, wird der ­Wirkungsmessung mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Auch die Paris Erklärung (2005) und der Aktionsplan von Accra (2008) haben die Wirkungsdebatte vorangetrieben. Ziele und Indikatoren wurden zwar schon zuvor definiert, nun erhalten aber die Wirkungshypothesen mehr Gewicht (siehe Kasten).

Inzwischen wurden eigene Arbeits­einheiten für den Bereich Evaluierung ­geschaffen. Evaluationen werden zu Länderprogrammen, spezifischen Themen, Sektorvorhaben, Methoden, Instrumenten und Verfahren durchgeführt. Überwiegend finden projektbegleitende Evaluationen statt, Schluss- und Ex-post-Evaluierungen sind nur ausnahmsweise vorgesehen.

Dass Evaluation inzwischen so viel Beachtung findet, begeistert nicht alle. Immer noch gibt es Stimmen, die meinen, Ergebnisse politischer Bildungs- und Beratungstätigkeit seien nicht oder nur schwer messbar. Man fürchtet, dass Gestaltungsspielräume und Flexibilität einer stärker zielorientierten Projektarbeit zum Opfer fallen könnten. Auch wird kritisiert, dass Aufwand und Nutzen von Evaluationen nicht immer verhältnismäßig seien und nur wenige Gutachter die Arbeit der Stiftungen tiefer gehend kennen.

Tatsächlich sind Evaluationen der prozessorientierten Arbeit politischer Stiftungen besonders herausfordernd für Gut­achter. Das Wirkungsgefüge ist komplex – hinter der Arbeit der Stiftungen stehen politische Überzeugungen, Kontakte zu Entscheidungsträgern und Kooperationen mit weitverzweigten Netzwerken.

Die Stiftungen verfolgen ihre Ziele auf verschiedenen Ebenen, die je nach poli­tischer Großwetterlage unterschiedlich ­gewichtet werden. Sie arbeiten mit etab­lierten und nachwachsenden politischen Eliten, führen Seminare und Konferenzen durch, organisieren Besuchsprogramme mit Entscheidungsträgern in Deutschland, beraten und unterstützen Partnerorganisationen, speziell Think Tanks, Nichtregierungsorganisationen und Medien, und engagieren sich in der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen der Entwicklungspolitik. Sie eröffnen ihren Partnerorganisationen Zugänge zu internationalen Netzwerken. Die politische und praktische Arbeit wird durch Berichte, Analysen und Veröffentlichungen in hauseigenen und anderen Fachzeitschriften reflektiert.

Internationale Kriterien

Evaluationen der Arbeit der politischen Stiftungen sollten sich grundsätzlich an den international bewährten Kriterien des Development Assistance Committee der OECD orientieren. Diese sind Relevanz, ­Effektivität, Effizienz, Nachhaltigkeit und Wirkung. Einige Institutionen haben noch das Kriterium der Sichtbarkeit – „visibility“ – hinzugefügt. Spezifisch für politische Stiftungen ist, dass sie auf verschiedenen Ebenen arbeiten, die auch berücksichtigt werden sollten:
– Die politische beziehungsweise gesetzliche Ebene bei Vorhaben, die rechtsstaat­liche Grundsätze, Menschenrechte, Umwelt- und Partizipationsstandards in Staaten oder Regionalorganisationen befördern und verankern wollen.
– Die Ebene der Partnerorganisationen und hier speziell der Aspekt des „capacity development“ bei Vorhaben, die mittel- und langfristig mit Partnerorganisa­tionen arbeiten.
– Die Ebene der Zielgruppen, bezogen auf deren Potentiale, Bedürfnisse und Er­wartungen, wenn es sich um konkrete Maßnahmen auf der lokalen Ebene, um Seminare, Konferenzen oder um Besuchsprogramme handelt.

Stiftungsarbeit zeichnet sich durch Kontinuität aus. Die meisten Stiftungen setzen auf langfristige Kooperationen und Kontakte. Meist zahlt sich das aus. Es gab jedoch auch Beispiele, in denen es zu einer großen Abhängigkeit einzelner Partner oder sogar Personen gegenüber den Stiftungen kam. In den letzten Jahren haben die Stiftungen die Zusammenarbeit mit einigen Partnern – auch politischen Parteien – verstärkt überprüft und dabei in einigen Staaten festgestellt, dass viele sich weniger von programmatischen Gesichtspunkten als von handelnden Personen und deren Machtinteressen leiten lassen.Die Ereignisse in Nordafrika und in einigen arabischen Staaten haben bestätigt, wie relevant die Arbeit der Stiftungen im Bereich der Demokratieförderung ist. Sie sollten dazu anregen, über neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und neu legitimierten politischen Akteuren nachzudenken.

Gute Kontakte, wenig Geld

Entscheidend für die Umsetzung von Empfehlungen ist, dass Zentrale und Regionalbüros die Evaluation gut einführen und begleiten und dass Berater und Gutachter intensive Gespräche mit den Büroleitungen im jeweiligen Land führen ­können. Diese haben viel Gestaltungsspielraum. Angesichts der zunehmenden Dichte von Gebern und Akteuren vor Ort – traditionelle bilaterale Geber, EU-Kommission, multilaterale Geber, US-amerikanische Stiftungen, neue Geber wie China und Brasilien – ist es entscheidend, dass die Stiftungen ihre Vorhaben mit der Arbeit anderer Akteure abstimmen und um­setzen, sich vernetzen und Partnerschaften eingehen.

Im Vergleich zu anderen Organisationen verfügen die Stiftungen oft über gute politische Kontakte, viel Wissen, jedoch nur über relativ geringe finanzielle ­Ressourcen. Die Büroleitung muss sich in vielen Staaten einer hohen politischen Komplexität, einer Vielfalt von Akteuren und potenziellen Partnern und neuen Methoden der Wirkungsmessung stellen, um die geringen Ressourcen gut zu nutzen.

Eine weitere Herausforderung für die Stiftungen ist es, bei der Auswahl der externen Berater und Gutachter fachbezogene, regionale und methodische Kompetenzen stärker zu gewichten, statt nur auf die Verbundenheit mit der Stiftung oder der ihr nahestehenden Partei zu achten. So könnten die Stiftungen die Wirksamkeit ihrer ­Arbeit einer breiteren Öffentlichkeit in Deutschland, der Europäischen Union sowie international noch besser vermitteln und neue entwicklungspolitische Allianzen knüpfen sowie Ressourcen erschließen.