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Horn von Afrika

Dürren haben viele Aspekte

Die Gemeinschaften am Horn von Afrika sind von komplexen und miteinander korrelierenden Krisen betroffen. Ressourcenkonflikte, besonders um Wasser, werden immer bedrohlicher, da sie nicht nur Länder, sondern ganze Regionen betreffen.
Von der anhaltenden Dürre vertriebene Frauen stehen im Lager Kaam Jiroon in Somalia für Wasser an. picture-alliance/ASSOCIATED PRESS/Abdulkadir Mohamed Von der anhaltenden Dürre vertriebene Frauen stehen im Lager Kaam Jiroon in Somalia für Wasser an.

Das Horn von Afrika ist sehr anfällig für Folgen der Klimakrise wie Dürren und Überschwemmungen, die in den letzten Jahren häufiger und intensiver wurden. Die Region leidet unter Wasserknappheit, rückläufigen landwirtschaftlichen Erträgen, reduzierten Viehbeständen und dem Schwund natürlicher Ressourcen.

Früher gab es in der Region alle fünf bis zehn Jahre Dürren, dann alle drei bis fünf Jahre. Nun scheinen sie zum Dauerzustand geworden zu sein. Im dritten Jahr in Folge gab es am Horn von Afrika während der Regenzeit deutlich weniger Regen.

Der Wassermangel hat geringere Ernteerträge, Tiersterben und einen Rückgang der Nahrungsmittelproduktion zur Folge. Allein in Kenia, Somalia und Äthiopien sind laut Amt der UN für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) seit 2020 mehr als 13 Millionen Tiere verendet.

Von Landwirtschaft und Viehzucht abhängige Gemeinschaften trifft dies besonders. Vor allem Frauen und Kinder leiden unter andauernder Ernährungsunsicherheit, Hunger, Armut und Krankheit.

Durch Wassermangel und schlechte Wasserqualität nehmen wasserbürtige Krankheiten wie Cholera, Ruhr und Typhus zu. Die Menschen nutzen oft schmutziges Wasser, was Gesundheitsrisiken birgt und die ohnehin geschwächten Gesundheitssysteme belastet.

Zugleich wächst die Bevölkerung am Horn von Afrika mit durchschnittlich drei Prozent pro Jahr so stark wie an kaum einem anderen Ort der Welt. Der Kampf um Ressourcen und der Druck auf die knappen Anbauflächen wachsen. Entwaldung, Bodendegradation, Grundwassererschöpfung und Verlust der Artenvielfalt sind in der Region weit verbreitet.

Migration als Bewältigungsstrategie

Durch Wasserknappheit können Streitigkeiten über Zugang, Kontrolle und Verteilung eskalieren und zu Konflikten und Gewalt führen. Bereits fragile soziale und politische Systeme werden so weiter destabilisiert.

Migration ist ein Bewältigungsmechanismus für Gemeinschaften in Not. Laut OCHA wurden seit 2020 mehr als 2,7 Millionen Menschen durch die Dauerdürre und durch Wasserkonflikte in Kenia, Somalia und Äthiopien vertrieben. Ganze Gemeinden verlassen ihre Heimat auf der Suche nach besserem Zugang zu Wasser und anderen lebenswichtigen Ressourcen. Flüchtlingslager entstehen, mehr Migrant*innen strömen in die Städte, und die begrenzten Ressourcen und Dienstleistungen werden zusätzlich belastet.

Die durch die Dürren ausgelöste inländische und grenzüberschreitende Migration verschärft Spannungen in Konfliktregionen. Die Menschen geraten von einer Krise in die nächste, wobei die meisten in ihrer Region bleiben.

Ethnische Konflikte, Bürgerkriege sowie sexuelle und genderspezifische Gewalt (SGBV) sind neben Konflikten über den Zugang zu Wasser und Land Alltag in der Region. Laut Fragile State Index 2023 des Fund For Peace ist das Horn von Afrika eine der instabilsten Regionen, Somalia sogar das instabilste Land der Welt. Der Südsudan liegt an dritter, der Sudan an siebter Stelle. Für Äthiopien und Eritrea gilt „Hohe Alarmstufe“ bzw. „Alarmstufe“. In all diesen Ländern gab es kürzlich oder aktuell Kriege oder Konflikte und damit laut UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) im letzten Jahr mehr als 13 Millionen Binnenvertriebene in der Region und bis März 2023 an die fünf Millionen Geflüchtete. Die Menschen fliehen vor Zerstörung, Verfolgung und Tod.

SGBV ist hier eine häufige Form der Gewalt. Verschiedene bewaffnete Gruppen vergreifen sich an Frauen und Mädchen, um sie zu vergewaltigen, zur Heirat zu zwingen oder zu versklaven. SGBV kam im jüngsten Krieg in Äthiopien vor und wird auch aus dem laufenden Krieg im Sudan berichtet.

Die Afrikanische Union (AU) kann trotz ihrer Friedens- und Sicherheitsarchitektur Konflikte kaum schlichten. Die UN-Präsenz in allen Ländern am Horn von Afrika zeigt, dass die Nationalregierungen die Herausforderungen nicht in den Griff bekommen.

Koloniale Relikte schaffen neue Konflikte

Zudem erinnern Relikte aus der Kolonialzeit nicht nur an historische Missstände, sondern können auch zu neuen Konflikten führen, wie im Fall des Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD). Bisher konnte Ägypten den Bau von Staudämmen stromaufwärts des Nils verhindern und berief sich dabei auf Abkommen aus der Kolonialzeit mit Großbritannien und dem Sudan aus den Jahren 1929 und 1959. Äthiopiens Entscheidung, den Staudamm zu bauen, hätte fast einen Wasserkrieg zwischen den Anrainerstaaten, besonders Äthiopien und Ägypten, ausgelöst.

Es ist Zeit für einen Mechanismus, der diesen Nationen hilft, gemeinsame Ressourcen wie Wasser zu verwalten. Es braucht einen vielseitigen Ansatz für nachhaltige Wasserbewirtschaftung, Investitionen in die Wasserinfrastruktur, verbesserte landwirtschaftliche Praktiken und effektive Wirtschafts- und Verwaltungssysteme.

Zudem ist die nationale, regionale und internationale Zusammenarbeit entscheidend, um Gemeinschaften dabei zu unterstützen, resilient gegenüber Wasserknappheit zu werden, Konflikte zu entschärfen und nachhaltige Lösungen für die Bewirtschaftung von Ressourcen und den gerechten Zugang zu ihnen zu finden. Dazu gehören auch Friedenskonsolidierung und Konfliktlösung, die Unterstützung durch humanitäre Hilfe und Entwicklungsinitiativen sowie die Bekämpfung von SGBV. Auch ein legaler und sicherer Migrationsrahmen ist dringend nötig.

All dies erfordert ein umfassendes Konzept. Regionale Gremien wie die Zwischenstaatliche Behörde für Entwicklung (IGAD), die AU und UN können technisches Fachwissen und politische Instrumente anbieten, um Prozesse für dauerhafte Lösungen zu erleichtern.

Dafür bedarf es der aktiven Beteiligung und Unterstützung aller Beteiligten aus Regierungen, Institutionen, Zivilgesellschaft und lokalen Gemeinschaften. Schließlich haben die Menschen am Horn von Afrika ein würdiges, friedliches und gerechtes Leben verdient.

Christoph Schneider-Yattara ist Regionalbeauftragter des Regionalbüros Horn von Afrika von Brot für die Welt.
csyattara@padd-africa.org

Korrektur, 29.08.2023: Wir haben eine Angabe zur Fertigstellung des Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD) gelöscht, die in einer früheren Textversion enthalten war. Zudem haben wir das Wort "stromabwärts" zu "stromaufwärts" korrigiert.

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