Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Development Effectiveness Rating

Gute, faire Beschäftigung ist messbar

Bei der Schaffung von Arbeitsplätzen ist nicht nur deren Zahl entscheidend, sondern auch deren Qualität. Diese zu messen ist jedoch nicht einfach. Die DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft – hat hierfür nun ein neues Verfahren eingeführt, das Development Effectiveness Rating. Es misst die Entwicklungseffekte der von ihr finanzierten Unternehmen und gibt gleichzeitig Impulse, sie zu steigern.
Bei der DBL Group in Bangladesch werden in der Färberei hohe Sicherheits- und Umweltstandards eingehalten sowie neueste Technologien eingesetzt. sb Bei der DBL Group in Bangladesch werden in der Färberei hohe Sicherheits- und Umweltstandards eingehalten sowie neueste Technologien eingesetzt.

Mehr als 70 Prozent der armen Menschen sind der Ansicht, dass der beste Weg aus der Armut über einen Arbeitsplatz führt. Studien zeigen, dass Einkommen aus Beschäftigung in vielen Ländern einen signifikanten Beitrag zur Armutsminderung leisten. Der Privatsektor stellt weltweit 90 Prozent aller Arbeitsplätze. Die Schaffung von Arbeitsplätzen ist damit einer der wesentlichen Beiträge, die die Privatwirtschaft zur Realisierung der globalen Nachhaltigkeitsagenda leisten kann. Wichtig ist dabei, dass es sich um gute und faire Arbeitsplätze handelt. Gut in dem Sinne, dass die Beschäftigung dort entsteht, wo sie einen hohen Wert für die Menschen, Gesellschaft und Unternehmen hat und die Entwicklung eines Landes voranbringt; fair im Sinne der Einhaltung wesentlicher Arbeitsstandards.

Das Development Effectiveness Rating der DEG erfasst und bewertet als eines der ersten internationalen Messsysteme neben der Anzahl der Arbeitsplätze in einem Unternehmen auch den Grad der Einhaltung grundlegender Arbeitsstandards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sowie die Qualität des Arbeitssicherheits- und Personalmanagements. Sind in einem Unternehmen die grundlegenden ILO-Arbeitsstandards verankert und ist ein gutes Arbeitssicherheits- und Personalmanagement vorhanden, wird die Anzahl der Arbeitsplätze mit dem Faktor 1 multipliziert. Das bedeutet, jeder einzelne Arbeitsplatz zählt für die Bewertung. Unternehmen, die diese Standards noch nicht erreicht haben, erhalten je nach Umsetzungsstand einen niedrigeren Faktor, das heißt, ihre Arbeitsplätze werden im Development Effectiveness Rating nur teilweise angerechnet.


Fünf Wirkungskategorien

In die Entwicklung des neuen Mess- und Steuerungssystems floss die langjährige Erfahrung der DEG zur Messung der entwicklungspolitischen Effekte ihrer mitfinanzierten Unternehmen ein. Diese Entwicklung wurde durch eine internationale Expertenrunde begleitet . Das Development Effectiveness Rating untersucht fünf Wirkungskategorien:

  • gute und faire Arbeitsplätze,
  • lokales Einkommen,
  • Entwicklung von Märkten und Sektoren,
  • umweltverträgliches Wirtschaften und
  • Nutzen für lokale Gemeinden.

Neben der Schaffung von guten und fairen Arbeitsplätzen ist das Generieren von lokalem Einkommen für die Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs) entscheidend. Private Unternehmen sind eine der wichtigsten Quellen für lokales Einkommen, etwa durch die Zahlung von Steuern, Löhnen und Gehältern, Konzessionen oder Lizenzen. Dieser Beitrag zur lokalen Einkommensgenerierung ist umso höher, je ausgeprägter das Geschäftsmodell im lokalen Kontext verankert ist, zum Beispiel, wenn das Unternehmen lokale Mitarbeiter beschäftigt, Steuern vor Ort zahlt und Waren von lokalen Lieferanten bezieht. Im Development Effectiveness Rating erfolgt eine Gewichtung des generierten lokalen Einkommens mit der jeweiligen Kaufkraft vor Ort. Damit wird berücksichtigt, dass gleiche Einkommen in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Möglichkeiten eröffnen. Zusätzlich wird auch die jährliche prozentuale Veränderung bewertet.

Entwicklung von Märkten und Sektoren: Ähnliche Geschäftsaktivitäten können je nach Land zu unterschiedlichen Entwicklungseffekten führen. So ist es wahrscheinlich, dass eine Einzelinvestition in weniger entwickelten Ländern eine stärkere Wirkung hat, da sie dort dringender benötigt wird. Das Gleiche gilt für Investitionen in Sektoren, die ganz grundsätzlich eine Weiterentwicklung des Privatsektors ermöglichen. Der Bewertung im Development Effectiveness Rating liegen daher Modelle zur Bestimmung der Relevanz der privatwirtschaftlichen Entwicklung der unterschiedlichen Sektoren im jeweiligen Land zugrunde. Darüber hinaus werden noch weitere Aspekte mit Relevanz für die Marktentwicklung abgebildet. Dazu gehören zum Beispiel die Stärkung des Wettbewerbs im Land sowie die Förderung von innovativen Produkten oder Dienstleistungen.

Umweltverträgliches Wirtschaften: Große Bereiche des Privatsektors weltweit sind auf natürliche Ressourcen angewiesen, entweder als Teil ihres Kerngeschäfts oder innerhalb ihrer Lieferkette. Für eine nachhaltige Entwicklung sind weltweiter Umwelt- und Klimaschutz sowie Ressourceneffizienz entscheidend. Der Privatsektor trägt aktiv dazu bei, etwa durch die Einhaltung internationaler Umweltstandards, die Umsetzung von Initiativen zur Erreichung von nachhaltigeren Geschäftstätigkeiten oder durch die Erzeugung erneuerbarer Energie. Das Development Effectiveness Rating erfasst die Einhaltung von Umweltstandards, die Qualität des Umweltmanagements sowie erreichte Vermeidung von und Einsparungen beim Ausstoß von Treibhausgasen.

Nutzen für lokale Gemeinden: Viele Unternehmer sind aktive Bürger, die auch in der Gesellschaft eine wichtige Rolle einnehmen. Das bedeutet nicht nur, dass sie Auswirkungen aus der Unternehmenstätigkeit auf angrenzende Gemeinden berücksichtigen, etwa indem sie ein von der DEG gefordertes Anwohner-Gesundheits- und Sicherheitsmanagement umsetzen. Die Unternehmer können außerdem zu Entwicklung beitragen, indem sie aktiv mit den lokalen Gemeinden interagieren und zur Stärkung der lokalen Infrastruktur beitragen. Das Development Effectiveness Rating bildet beide Ebenen ab. Zum einen bewertet es den Umgang mit aus der Tätigkeit des Unternehmens entstehenden Risiken für angrenzende Gemeinden und das Angebot eines Beschwerdemechanismus; zum anderen hält es die (finanziellen) Beiträge der Unternehmen zur Gemeindeentwicklung fest.


Ein Beispiel aus Bangladesch

Dass sich die Einführung internationaler Arbeitsstandards nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Unternehmen lohnt, zeigt das Fallbeispiel des Textilunternehmens DBL Group in Bangladesch, in das die DEG seit 2004 investiert (siehe Beitrag von Sabine Balk in E+Z/D+C e-Paper 2017/05, S.13). In einem wettbewerbsintensiven Sektor, in dem vielfach unzureichende Arbeitsbedingungen herrschen, gelang es der DBL Group, die Arbeitsbedingungen seiner Beschäftigten durch verschiedene Maßnahmen deutlich zu verbessern: So investiert das Unternehmen intensiv in eine sichere Arbeitsumgebung, etwa durch die Einhaltung internationaler Sicherheitsstandards für Gebäude- und Feuersicherheit. Den Mitarbeitern stehen Leistungen wie ein Fair Price Shop, ein Gesundheitszentrum und Kinderbetreuung zur Verfügung. Sie erhalten höhere Löhne als branchenüblich und durchlaufen verschiedene Trainingsmaßnahmen. Insbesondere Mitarbeiterinnen profitieren von diesen Angeboten. Für DBL zahlt sich dies in einer Steigerung der Effizienz und Produktivität sowie höherer Qualität in der Produktion infolge gesunkener Fehltage und geringerer Fluktuation der Mitarbeiter aus.

Für die DBL Group zeigt das Development Effectiveness Rating konkret folgende Beiträge:

  • Das Unternehmen beschäftigt heute rund 28 000 Mitarbeiter; bei diesen Jobs werden hohe Arbeitsstandards eingehalten. Das Unternehmen zeigt ein dynamisches Wachstum: Die Beschäftigtenzahl ist seit der Zusammenarbeit mit der DEG um 70 Prozent gewachsen. Zudem hat die Textilbranche ein hohes indirektes Beschäftigungspotenzial. DBL Group erzielt in der Kategorie „gute, faire Beschäftigung“ somit insgesamt hohe Werte.
  • Das Unternehmen generiert ein hohes „lokales Einkommen“ von jährlich rund 140 Millionen Euro. Es trägt damit in einem wenig entwickelten Land mit niedrigem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf erheblich zur lokalen Ressourcenmobilisierung bei.
  • Im Bereich „Markt- und Sektorentwicklung“ hebt sich das Unternehmen durch Innovationen ab, etwa durch den Einsatz neuester Färbetechnologie.
  • Das Unternehmen hält internationale Umweltstandards ein und hat seine Energie- und Ressourceneffizienz nachweislich gesteigert. Damit leistet es wichtige Beiträge im Bereich „umweltverträgliches Wirtschaften“.
  • Der „Nutzen für lokale Gemeinden“ ist als insgesamt sehr positiv zu bewerten. In Kooperation mit internationalen und lokalen Partnern engagiert sich die DBL Group für die lokalen Gemeinden, beispielsweise über Ernährungs-, Bildungs- und Gesundheitsprogramme.

Insgesamt wird das Unternehmen hinsichtlich seiner Entwicklungseffekte als „sehr gut“ bewertet.


Transparentes, motivierendes System

Erstmals wird es mit dem Development Effectiveness Rating möglich sein, jährlich zu zeigen, welche konkreten Entwicklungsbeiträge private Unternehmen in den fünf Wirkungskategorien leisten können. In der Praxis wird für alle Investitionen nun ein Ausgangswert erfasst (Entwicklungseffekte vor DEG-Investition) sowie eine ex-ante Einschätzung vorgenommen (Entwicklungseffekte in 5 Jahren). Zudem erfolgt jedes Jahr eine Auswertung der jeweiligen Beiträge der aktuell von der DEG finanzierten Unternehmen. So lassen sich Veränderungen bei den Entwicklungseffekten festhalten und unterstützen sowie Entwicklungen einzelner Unternehmen, aber auch von Sektoren oder Regionen analysieren.


Christiane Rudolph leitet die Abteilung Strategie und Entwicklungspolitische Grundsätze der DEG. Zuvor war sie als Umwelt- und Sozialexpertin in der Nachhaltigkeitsabteilung tätig.
christiane.rudolph@deginvest.de


Link
DBL-Studie der DEG:
https://www.deginvest.de/DEG-Dokumente/Die-DEG/Was-wir-bewirken/Fallbeispiel_DBL-Group_2015.pdf