Editorial
Staatsaufgabe
Das liegt unter anderem daran, dass
- schlecht ernährte Menschen anfälliger sind,
- gute Wasser- und Sanitärversorgung vor Infektionen schützt,
- Menschen mit niedrigem Bildungsniveau auch in Gesundheitsfragen benachteiligt sind,
- Medikamente in Entwicklungsländern tendenziell teuer und schwer zugänglich sind und
- es vielfach an Impfschutz, der in den reichen Nationen als selbstverständlich gilt, mangelt.
Entwicklung und der Verkauf von pharmazeutischen Mitteln ist ein Milliardengeschäft. Die Industrie forscht nicht vorrangig, um die weltweit schlimmsten Krankheiten zu bekämpfen, sondern um Gewinne zu erzielen. Deshalb investieren Pharmaunternehmen auch kaum in die Bekämpfung von Krankheiten, unter denen hauptsächlich Arme leiden. Das ist rational: Der Aufwand würde sich nicht auszahlen, da die Patienten sich die Medikamente entweder nicht leisten könnten oder die Unternehmen sie mit geringen Gewinnmargen verkaufen müssten. Es ist kein Zufall, dass Pharmalabors Potenzmittel entwickelt haben, es aber an Medikamenten gegen Chagas oder Dengue mangelt.
Die Gesundheitsversorgung kann folglich nicht dem Markt überlassen werden, sondern ist eine politische Aufgabe. Weil Marktkräfte die Probleme nicht lösen, spielt in allen hochentwickelten Nationen der Staat in einem regulierten Gesundheitswesen eine zentrale Rolle. In armen Ländern, wo staatliche Strukturen schwächer sind, herrscht entsprechend größerer Mangel.
Grundsätzlich hat jeder Mensch ein Recht auf kompetente Gesundheitsversorgung. Es zu verwirklichen, gehört zu dem Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen. Die reichen Länder müssen dazu beitragen, dass das gelingt. Sie tragen ja auch zu den Schwierigkeiten in Entwicklungsländern bei, unter anderem indem sie Ärzte und Krankenschwestern abwerben, um Personalmangel zu beheben.
Verantwortung müssen aber auch die Regierungen der Entwicklungsländer übernehmen. Sie müssen ihre begrenzten Mittel effektiv und effizient in das Gesundheitswesen stecken. Flächendeckende Gesundheitszentren, ausreichend geschultes Personal und genügend Heilmittel sind notwendig, damit einfache Infektionen nicht ganze Familien ins Elend stürzen. Grundsätzlich ist klar, dass eine Bevölkerung umso produktiver ist, je gesünder sie ist. Experten betonen den kausalen Zusammenhang von Armut und Krankheit.
Zur Eigenverantwortung der Entwicklungsländer gehört auch, dass sie nicht vorsorglich vor der Wirtschaft kuschen, etwa wenn es um intellektuelles Eigentum geht. Laut den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) dürfen Regierungen Zwangslizenzen für die Herstellung von patentgeschützten Mitteln erteilen, wenn das für die Gesundheitsversorgung ihrer Bevölkerung nötig ist. Dieses Recht müssen Regierungen auch anwenden – sonst wird es wertlos, wie ein Expertengremium der UN kürzlich festgehalten hat. Die Bekämpfung von Infektionskrankheiten ist eine komplexe Aufgabe. Gebraucht wird Zusammenarbeit verschiedener Partner, von den Patienten über das medizinische Personal bis hin zu Wissenschaft und Politik. Die gute Nachricht ist, dass es Fortschritte auf vielen Ebenen gibt.
Sabine Balk ist Redakteurin von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit / D+C Development and Cooperation.
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