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Literatur

Die literarische Kraft Schwarzer Autorinnen

1992 veröffentlichte die in Ghana geborene Herausgeberin, Autorin und Kritikerin Margaret Busby den Band „Daughters of Africa“, in dem das Werk von 200 schwarzen Autorinnen aus aller Welt gewürdigt wurde. 2019 folgte der Band „New Daughters of Africa“. Eine Auswahl von 30 Stimmen daraus wurde nun auch auf Deutsch veröffentlicht. Dieser Beitrag ist der erste unseres diesjährigen Kultur-Spezialprogramms mit Rezensionen künstlerischer Werke mit entwicklungspolitischer Relevanz.
Margaret Busby bei der Verleihung des Booker Prize 2023 in London. picture-alliance/Anadolu/Wiktor Szymanowicz Margaret Busby bei der Verleihung des Booker Prize 2023 in London.

In Margaret Busbys 2019 erschienener Anthologie „New Daughters of Africa“ schreiben schwarze Autorinnen über Traditionen, Freundschaft, Geschlechter- und Identitätspolitik, über Rassismus und Diskriminierung, aber auch über „Sisterhood“ und gegenseitige Solidarität.

Für die im letzten Jahr erschienene deutsche Ausgabe „Neue Töchter Afrikas“ hat Margaret Busby gemeinsam mit einem Team schwarzer Frauen eine Auswahl von 30 Texten getroffen, unter anderem Gedichte, Essays und Kurzgeschichten, die in einer Zeitspanne von 100 Jahren entstanden sind. Herausgegeben wurde der deutsche Band von Christa Morgenrath und Eva Wernecke im Rahmen der Literatur- und Bildungsreihe „stimmen afrikas“.

Andaiye, eine in Guayana geborene und 2019 im Alter von 76 Jahren verstorbene Schriftstellerin, beschäftigte sich mit linker Frauenpolitik in der Karibik und international. Ihre Erzählung „Audre – Da ist Rosmarin, das ist zum Andenken“ widmete sie der schwarzen US-amerikanischen Schriftstellerin und Aktivistin Audre Lorde, die 1992 an Krebs verstorben ist. Andaiye schildert darin den Umgang mit ihrer eigenen Krebserkrankung und erzählt von der Unterstützung durch andere Frauen, insbesondere aber durch Lorde. Gegenseitig sprechen sie sich Mut zu, helfen sich, wenn die Krankheit ihnen jede Kraft raubt. Im Gegensatz zu Lorde schaffte es Andaiye zweimal, den Krebs zu besiegen.

Die in London geborene Malorie Blackman, deren Eltern aus Barbados stammen, schreibt unter anderem Kinder- und Jugendbücher. In „Briefe“ schreibt sie an ihre Tochter und berichtet über den schlimmsten Tag ihres Lebens, der sich im Nachhinein als der beste entpuppt. Nach der Diagnose, dass sie schwerkrank ist und nicht älter als 30 wird, hat sie nichts mehr zu verlieren und entscheidet sich für das, was ihr Kraft gibt und sie erfüllt: Schreiben.

Die Diagnose stellt sich als Fehldiagnose heraus. „Was ich also viele verschwendete Jahre lang für den schlimmsten Tag meines Lebens hielt – zufällig mit anzuhören, dass ich sterben würde –, entpuppte sich als der beste Tag meines Lebens. Er nahm mir die Angst, mich zu verändern.“ Ihre Tochter ist noch zu jung, um all das zu verstehen, daher die Briefe, in denen sie die Tochter ermutigt, ihren eigenen Weg zu gehen.

In „Sicherheit“ erzählt Yvette Edwards, deren Werke für Literaturpreise in England und den USA nominiert wurden, über die demütigende Konfrontation mit einem Sicherheitsmann im Supermarkt. Merle will eigentlich nur ein paar Kleinigkeiten für die Reise kaufen, bevor am nächsten Tag ihr Abschiebeflug nach Jamaika geht. Er nimmt sie immer wieder ins Visier, folgt ihr durch die Gänge. Ausgerechnet sie mit ihren 78 Jahren, die seit über 54 Jahren in England lebt, über 40 davon als Altenpflegerin gearbeitet hat und immer bemüht war, sich korrekt zu verhalten, wird regelmäßig vom Sicherheitsdienst wie eine Diebin verfolgt – und nun abgeschoben (den Grund für ihre Abschiebung erfährt man nicht). Ihr Zorn kocht hoch, sie spielt mit dem seinem Akzent nach aus Osteuropa stammenden Sicherheitsmann, provoziert ihn, verfolgt ihn. Am Ausgang kann sie nicht umhin, ihm zuzuraunen: „Heute bin ich es, aber morgen werden sie hinter dir her sein.“

In ihrer Erzählung „Daheim“, beschreibt die burundische Aktivistin und Schriftstellerin Ketty Nivyabandi, die sich vor allem für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte einsetzt, die schmerzhafte Sehnsucht geflüchteter Menschen nach ihrer Heimat. 2015 war sie, nachdem sie in Gitega Frauenproteste angeführt hatte, zur Flucht aus ihrer Heimat Burundi gezwungen. „Du lernst, dich selbst zu verlernen“, schreibt Nivyabandi. „Du lernst, weil die Alternative zu schmerzhaft ist, denn sich zu erinnern – sich wirklich zu erinnern – bedeutet Kummer, doch dein weit gedehntes Herz kann sich nicht weiter dehnen. ... Manchmal, in einer barmherzigen Nacht, geht der Mond über meiner Veranda auf wie früher. An solchen Abenden schließe ich meine Augen – und bin daheim.“

Buch
Morgenrath, C., Wernecke, E., Hg., 2023: Neue Töchter Afrikas. 30 Stimmen. Münster, Unrast Verlag

Dagmar Wolf ist Redaktionsassistentin bei E+Z/D+C.
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