Interreligiöser Dialog
Brücken bauen, um religiöse Konflikte zu entschärfen
Sri Lanka ist ein Land mit einem vielfältigen kulturellen und religiösen Erbe. Der Buddhismus ist Hauptreligion, aber auch Christentum, Hinduismus und Islam haben bedeutenden Einfluss und viele Anhänger*innen.
Das Land erlebte in den vergangenen fünf Jahrzehnten mehrere Konflikte, ausgelöst durch verschiedene sich überlagernde Faktoren wie dem Nationalismus, der Wirtschaftspolitik und religiöser Einflussnahme. Die schlimmste dieser Auseinandersetzungen war zweifellos der Bürgerkrieg, der 1983 begann und mehr als 25 Jahre andauerte. Es handelte sich überwiegend um einen ethnischen Konflikt: Die sri-lankischen Tamil*innen kämpften gegen die von Singhales*innen dominierte Regierung für einen unabhängigen Staat. Der Bürgerkrieg beinhaltete aber auch eine wichtige religiöse Komponente. Die Tamil*innen sind überwiegend Hinduist*innen und Muslim*innen, während die Singhales*innen – die Mehrheit der Bevölkerung Sri Lankas – Buddhist*innen sind.
Die Ursprünge dieser Konflikte lassen sich bis in die 1950er-Jahre zurückverfolgen. Der damalige Premierminister Solomon W. R. D. Bandaranaike führte ein Gesetz ein, das allgemein als „Sinhala Only Act“ bekannt ist. Statt Englisch wurde Singhalesisch als einzige Amtssprache des damaligen Ceylons eingeführt und Tamil gänzlich ausgeschlossen. Die Maßnahmen waren Teil einer politischen Kampagne, die sich auf die Förderung der singhalesisch-buddhistischen Kultur konzentrierte. Die Ideologie der „singhalesisch-buddhistischen Mehrheit“ gab der singhalesischen Gemeinschaft Macht über die wichtigsten Angelegenheiten des Landes.
Religiöse Konflikte im Überfluss
Dies wurde als Angriff auf die tamilische Kultur und grundlegende Menschenrechte gewertet. Als Reaktion darauf beteiligten sich viele tamilische Zivilist*innen im Norden und Osten Sri Lankas an gewaltfreiem Widerstand. In den 1980er-Jahren eskalierte die Situation jedoch unter der Führung von Velupillai Prabhakaran und seiner Volksbewegung „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ (LTTE). Kriegerische Auseinandersetzungen mit Blutvergießen folgten.
Der Bürgerkrieg endete 2009 unter dem Regime von Mahinda Rajapaksa. Dessen Ziel, „das Land vor Terrorismus zu retten“, wurde von der Mehrheit der Buddhist*innen und Anführer*innen religiöser Minderheiten unterstützt. Dennoch verloren in jenem Jahr noch viele tamilische Zivilist*innen ihr Leben. Berichte zeugen von außergerichtlichen Exekutionen, Verschleppungen und Vertreibungen, willkürlichen Inhaftierungen, Folter, Vergewaltigungen, sexuellen Übergriffen und mehr.
Auch nach dem Ende des Bürgerkriegs 2009 setzten sich die ethnisch-religiösen Konflikte in Sri Lanka fort. Besonders die Bombenanschläge am Ostersonntag 2019 erinnerten auf tragische Weise an die fehlende Einheit zwischen den religiösen Gemeinschaften Sri Lankas. Drei Kirchen und drei Hotels in der Hauptstadt Colombo waren Ziel einer Reihe von Selbstmordanschlägen islamistischer Terroristen, bei denen fast 300 Menschen getötet wurden. Einmal mehr forderte religiöser Fundamentalismus einen hohen Tribut.
Kriegsrechtfertigung
Der Bürgerkrieg wurde durch die religiöse Vormachtstellung des Buddhismus gerechtfertigt, wobei insbesondere der singhalesisch-buddhistische Nationalismus betont wurde. Dies hörte unter Rajapaksa nicht auf. Seit 2005 stützt sich die Rajapaksa-Familie auf verschiedene buddhistische Gruppen, um die Kontrolle über das Land zu behalten.
Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Lehren des Buddhismus und auch der meisten anderen Religionen. Sie sprechen sich gegen Kriege aus, da diese aus Gewalt entstehen und Gemeinschaften spalten. Im Kern geht es in den meisten Religionen um Einheit, Frieden, Versöhnung und Harmonie.
In Sri Lanka basieren jedoch viele Religionen auf einem performativen und oberflächlichen Ansatz statt auf einer gelebten Alltagspraxis. Mönche setzen den Buddhismus in einigen Gegenden mit Gewalt und Zwang durch, was die Prinzipien des buddhistischen Dhamma (die Lehre der vier edlen Wahrheiten) verleugnet. Die Friedfertigkeit dieser Philosophie wurde durch religiöse Hetze ersetzt. Das Christentum ist nicht sehr tief in der Bevölkerung verankert, weil seine autoritären Strukturen historisch aus dem Kolonialismus hervorgegangen sind.
Zugleich gehen die islamischen Führer nicht wirklich auf die Probleme des Landes oder die extremistischen Tendenzen innerhalb der Religion ein. Dies gilt auch für den Hinduismus, der wenig Verständnis für die Ursachen der Armut und die Sorgen der Menschen in Sri Lanka zeigt.
Was das Land braucht, ist ein Paradigmenwechsel in allen Religionen hin zu Einheit und Harmonie. Es bedarf eines tiefgreifenden Versöhnungsprozesses, der von den Verantwortlichen aller Religionen ausgehen muss. Sie müssen sich zum religiösen Pluralismus bekennen. Religiöser Exklusivismus muss ein Ende finden.
Echter Dialog
Die Selbstgerechtigkeit, nur die eigene Religion als die wahre anzuerkennen, steht einem echten interreligiösen Dialog im Weg. Auch die koloniale europäisch-westliche Mentalität war in Sri Lanka ein schlechtes Vorbild, indem sie ihre eigene Kultur verherrlichte. Doch es gibt durchaus Beispiele für religiöse Einheit innerhalb des Landes, die als Wegweiser dienen können.
Ein Teil des Dialogs muss es sein, den Menschen, die bereits Opfer religiöser Konflikte geworden sind, Raum für innere Heilung zu geben. Ohne einen echten interreligiösen Dialog werden solche Konflikte jedoch auch in Zukunft fortbestehen. Deshalb ist ein Bildungsprozess für alle beteiligten Seiten wichtig. Das Hauptziel muss das friedliche Zusammenleben aller Religionen in Sri Lanka sein.
Rehan Fernando ist ein sri-lankischer Autor. Derzeit verfolgt er zwei Promotionen in interreligiösem Dialog und ökologischer Theologie.
rehansirinimal@gmail.com