Entwicklung und
Zusammenarbeit

Elasticsearch Mini

Elasticsearch Mini

SDGs

Ohne Privatwirtschaft läuft nichts

Die DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft – berät und finanziert Unternehmen, die in Entwicklungs- und Schwellenländern aktiv sind. Um die Entwicklungswirkungen ihrer Investitionen zu belegen, veröffentlicht die KfW-Tochter jährlich einen entsprechenden Bericht. DEG-Abteilungsleiterin Christiane Rudolph erläutert in E+Z/D+C die wichtigsten Ergebnisse und berichtet über die Auswirkungen von Covid-19 auf die Unternehmen.
Mitarbeiterinnen eines Automobilzulieferers aus Vietnam, den die DEG mitfinanziert hat. DEG/Thorsten Thor Mitarbeiterinnen eines Automobilzulieferers aus Vietnam, den die DEG mitfinanziert hat.

Was ist die wichtigste Botschaft des Berichts?
Ich finde, das ist die Aussage, dass es nicht möglich ist, die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) ohne den Privatsektor zu erreichen. Seine Wirkung ist immens. Allein die DEG unterstützt mit einem Portfolio von knapp 9 Milliarden Euro Unternehmen, die 2019 2,1 Millionen Beschäftigte hatten und mehr als 92 Milliarden Euro lokales Einkommen generierten.

Wie entwickeln sich Ihre Unternehmen?
Das ist durchaus unterschiedlich. Wir können anhand der von uns von jedem einzelnen Unternehmen erhobenen Daten die Dynamik der Entwicklung abbilden und den Fortschritt zeigen. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir diese Daten haben. Es gibt nur wenige internationale Institutionen, die dazu in der Lage sind. Wir haben auch den Mut, zu zeigen, dass 40 Prozent der von uns finanzierten Unternehmen ihre Entwicklungswirkung noch nicht verbessern konnten. 60 Prozent der Unternehmen konnten diese aber verbessern. Für beides gibt es jede Menge Gründe. Wir können jedem einzelnen Kunden seine individuellen Daten zurückspiegeln und darüber sprechen, wie er in bestimmten Entwicklungskategorien performt, und ob es Möglichkeiten gibt, mit DEG-Hilfe besser zu werden. Ein Beispiel ist ein Pharmaunternehmen in Indien. Das hat sich im Rating sehr verbessert, weil es inzwischen internationale Arbeitsstandards erfüllt. Ein Unternehmen, das sich verschlechtert hat, ist zum Beispiel ein Agrarunternehmen in Costa Rica. Das leidet wegen des Klimawandels unter extremen Ernteausfällen. Dadurch schwindet das lokale Einkommen, das natürlich auch ein Teil der Entwicklungswirksamkeit darstellt.

Wie misst die DEG die Wirksamkeit?
Wir nutzen dafür die von uns entwickelte Methode, das Development Effectiveness Rating (DERa) (siehe hierzu meinen Beitrag im Schwerpunkt des E+Z/D+C e-Paper 2017/10). Im DERa werden jährlich für jeden Kunden quantitative und qualitative Indikatoren zur Entwicklungsmessung erhoben und in fünf Bereiche zusammengefasst:

  • gute und faire Beschäftigung,
  • lokales Einkommen,
  • Entwicklung von Märkten und Sektoren,
  • umweltverträgliches Wirtschaften und
  • Nutzen für lokale Gemeinden.

Mit diesen Daten können wir die Entwicklung über die Jahre sichtbar machen und sehen, welche Bereiche in Zukunft erfolgversprechend sind und wo Handlungsbedarf besteht. Resilienz gegen Schocks wie Ernteausfälle wird zum Beispiel immer wichtiger. Die DERa-Daten zeigen uns auch, wie sich die Corona-Pandemie auf die Unternehmen auswirkt. Spannend in der Analyse wird auch sein, wie die Privatunternehmen die Volkswirtschaften möglicherweise wieder aus dem Tief herausführen können.

Was können Sie bislang zu den Covid-19 Auswirkungen sagen?
Sicher ist, dass die Pandemie Entwicklungs- und Schwellenländer schwerer als reiche Länder trifft und viele unserer Kunden tiefe Einbrüche zu erwarten haben. Die Internationale Arbeitsorganisation rechnet mit einem Verlust von 2,7 Milliarden Arbeitsplätzen weltweit. Anhand unserer Daten erwarten wir, dass 35 Prozent der Arbeitsplätze unserer Unternehmen stark gefährdet sind, das betrifft 830 000 Jobs. Wir können jetzt anhand unserer Daten eine erste pauschale Überschlagsrechnung aufstellen, wie schwer die Folgen sein werden. Wie es dann tatsächlich kommt, können wir erst in ein bis zwei Jahren sagen. Wir haben aber bereits Maßnahmen entwickelt, um die Corona-Folgen abzufedern, die auch vom BMZ gefördert werden.

Welche sind das?
Es gibt zusätzliche Förderprogramme im Bereich Gesundheit und für Lohnfortzahlung, etwa in der Textilbranche in Bangladesch oder in Tunesien. Im Gesundheitsbereich fördern wir zum Beispiel eine Gesundheitsstation in Peru, die gerade fertig wurde. Diese konnte jetzt schnell so umgestaltet werden, dass sie auf Covid reagieren kann. Wir bieten auch Liquiditätsunterstützung an. Das Unternehmen nimmt dabei faktisch einen weiteren Kredit auf, mit dem es in der Lage ist, Lohnfortzahlung zu leisten oder Ähnliches abzufedern. Unser Vorteil ist, dass wir in sehr engem Kontakt mit unseren Unternehmen stehen und gezielt abfragen, wo wir helfen können. Selbst wenn Entlassungen nicht mehr vermeidbar sind, können wir Hilfe anbieten, wie dies gemäß internationaler Standards ablaufen kann. Wir werden unsere Covid-19-Response-Maßnahmen noch fortführen.

Unabhängig von Corona ist ein Ziel der DEG, mehr Frauen in Beschäftigung zu bekommen. Warum ist das wichtig?
Frauenförderung hat enorme Hebelwirkung für die Entwicklung einer Gesellschaft, das belegen zahlreiche Studien. Die DEG unterstützt eine 2018 gegründete internationale Initiative der Entwicklungsfinanzierer der G7-Staaten, die sich „2X Challenge“ nennt. Wir haben in den vergangenen Monaten sehr viel daran gearbeitet. Das Ziel, gemeinsam bis Ende 2020 insgesamt 3 Milliarden US-Dollar für Unternehmen zu mobilisieren, die sich im Besitz von Frauen befinden, von Frauen geführt werden oder Frauen als Mitarbeiterinnen fördern, konnte bereits mit 4,5 Milliarden US-Dollar übertroffen werden. Besonders spannend ist auch der Aspekt, Frauen als Kundinnen zu berücksichtigen. Viele Unternehmen haben zu wenig Fokus auf diesem Thema – und machen auch keine spezifischen Angebote für Frauen. Wir schauen bei der Auswahl unserer Investitionsvorhaben, wie viel Genderpotenzial sie haben. Wir haben vergangenes Jahr einen Gender Bond einer thailändischen Bank gezeichnet, und wir haben ein erfolgreiches Beratungsprogramm – das nennen wir Gender Smart Opportunity Assessment – etabliert. Das richtet sich an Finanzinstitutionen, denen wir Beratung dazu anbieten, wo sie noch Potenziale für Frauen erschließen können. Da gibt es ermutigende Ergebnisse: Ein Kunde aus Mexiko war so begeistert, dass er sein Geschäftsmodell stärker auf Frauenförderung ausrichten möchte. Wir arbeiten jetzt mit ihm daran, wie das funktionieren könnte.

Wie funktioniert der Gender Bond?
Der angesprochene Bond wurde von einer thailändischen Bank begeben, die Emission fand im Oktober 2019 statt. Investoren können über dieses Instrument von Frauen geführte, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Thailand fördern. Ziel ist, dass diese besseren Zugang zu Finanzierungen erhalten.


Link
DEG, 2020: Verantwortungsvoll wirtschaften – Mehrwert schaffen:
https://www.deginvest.de/DEG-Dokumente/Über-uns/Was-wir-bewirken/Entwicklungspolitischer_Bericht_2019_DE.pdf

Christiane Rudolph ist Abteilungsleiterin Strategie und entwicklungspolitische Grundsätze bei der DEG.
christiane.rudolph@deginvest.de

Relevante Artikel