Chronische Krankheiten
Brasiliens Herausforderungen im Gesundheitswesen
Der schleppende Start des Covid-19-Impfprogramms hat von anderen großen Herausforderungen abgelenkt, vor denen das brasilianische Gesundheitssystem, bekannt als SUS (Sistema Único de Saúde), steht. Chronische Krankheiten wie Krebs, Herzkrankheiten, Diabetes und Atemwegsbeschwerden sind unter den 212 Millionen Brasilianern auf dem Vormarsch. Laut einer nationalen Gesundheitsstudie waren solche nicht übertragbaren Krankheiten im Jahr 2013 für 72 Prozent der Todesfälle verantwortlich.
Die Welle der nicht übertragbaren Krankheiten macht Brasilien zu einem der größten Medikamentenkonsumenten der Welt. Neben Medikamenten, die speziell zur Bekämpfung chronischer Krankheiten gedacht sind, wie etwa Blutdruckmittel, gehören Entzündungshemmer, Schmerzmittel, Beruhigungsmittel und abschwellende Nasensprays zu den Bestsellern, so der brasilianische Bundesapothekerverband.
Medikamente, traditionell auch Impfungen, werden in Brasilien gut angenommen – auch wenn diese Akzeptanz im Fall der Covid-19-Impfstoffe schwächer wird, auch wegen Präsident Jair Bolsonaros Haltung. Ein Großteil der Skepsis ist auf falsche Informationen zurückzuführen, die in den Medien kursieren, sagt Adriana Teixeira, Doktorandin für Kommunikation an der Päpstlichen Katholischen Universität von São Paulo. Zum Beispiel glauben einige indigene Gruppen fälschlicherweise, dass Covid-Impfstoffe die DNA verändern, sagt sie.
Doch nicht nur beim Coronavirus macht sich die Impfmüdigkeit breit. 2015 war das letzte Jahr, in dem Brasilien sein Impfziel (95 Prozent) gegen Polio erreicht hat. Seitdem ist die Zahl laut der brasilianischen Immunisierungsgesellschaft, einer Fachgruppe, auf unter 90 Prozent gefallen. Die Ursachen liegen nicht nur in der Impfzurückhaltung, sondern auch in der Art und Weise, wie Impfkampagnen organisiert und kommuniziert wurden, sagt die Gruppe.