Internationaler Austausch
Deutsch-Afrikanische Jugendinitiative gestartet
In Zeiten, da Flucht und unregulierte Migration aus afrikanischen Ländern zu einem der großen Problemthemen in der Europapolitik zählen, ist es bemerkenswert, dass die Bundesregierung und die Afrikanische Union (AU) den beidseitigen Jugendaustausch stärken wollen. Die Deutsch-Afrikanische Jugendinitiative soll neue Austauschmöglichkeiten eröffnen; die Auftaktveranstaltung fand im Frühsommer in Bonn statt.
Das Konzept der DAJ ist an das Deutsch-Französische Jugendwerk angelehnt, das nach dem Zweiten Weltkrieg erheblich zur deutsch-französischen Versöhnung beitrug. Die DAJ wird neben Einzelpersonen und Schulklassen auch Vereinen wie Jugendgruppen, Sportvereinen oder Musikensembles gemeinsame Treffen ermöglichen. Neu ist dabei der kontinentweite Ansatz. Zwar konzentriert sich die Initiative zunächst auf Pilotprojekte in Benin, Südafrika und Tansania, Ziel ist es aber, bald auch weitere afrikanische Länder einzubeziehen.
„Ein Austausch ist ein hervorragender Weg, dafür zu sorgen, dass diese Welt zusammenhält“, urteilt NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Dafür sei die Jugend besonders wichtig: „Dass junge Menschen die Dinge manchmal globaler betrachten, das konnte man auch beim Brexit beobachten.“ Johanna Fischer, die als Freiwillige in Ghana gearbeitet hat, meint, allen Beteiligten sei bewusst, geworden, „dass die Welt uns alle etwas angeht“. Vor allem habe sie überrascht, wie ähnlich der Alltag in Ghana war. „Da war ganz schön viel falsch in meinem Kopf“, erinnert sie sich.
Um falsche Vorstellungen abzubauen, brauche man den Willen hinzuschauen, sagt Ministerpräsidentin Kraft. Viele Menschen wollten nur Vorurteile bestätigen, Jugendliche aber seien neugierig. „Daraus entsteht neuer Drive, den wir in weltpolitischen Fragen dringend brauchen.“
Umgekehrt tangieren aber auch weltpolitische Fragen das Austauschprogramm. So war Migration von Afrika nach Europa auch bei der Auftaktveranstaltung ein Thema. „Wir haben in den letzten Jahren Tausenden Studenten aus Afrika und Indien eine Ausbildung und ein Studium in Deutschland geboten“, berichtet Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Viele davon seien nicht in ihre Länder zurückgekehrt.
AU-Kommissar Martial De-Paul Ikounga ist für Bildung und Wissenschaft zuständig. Er sagt, die Auswanderung junger Afrikaner belaste die Volkswirtschaften ihrer Heimatländer. Gut ausgebildete junge Menschen brauchten dringend Perspektiven in ihren eigenen Ländern und dazu könne die DAJ einen Beitrag leisten, denn sie fördere den Wissenstransfer auf beiden Seiten. So würden Know-how und technologische Kompetenzen aufgebaut.
„Wir müssen unser Wissen global teilen“, appelliert auch Minister Müller. In Sachen Klimawandel beispielsweise seien auch Länder wie Deutschland noch Entwicklungsländer.
Dass Deutschland aber auch in Flüchtlingsfragen viel von Afrika lernen könnte, verdeutlicht Catherine Fidelis Amri aus Tansania, die zurzeit als Freiwillige in Hamburg lebt. In Tansania kämen auch jeden Tag viele Flüchtlinge an, berichtet sie. Und obwohl viele davon auch in die Hauptstadt Daressalaam zögen, sei das für die Menschen dort kein Grund zur Sorge. „Die Regierung kümmert sich doch darum, dass alle versorgt sind“, berichtet sie.
„Natürlich bekommen Flüchtlinge bei uns keine Sozialhilfe“, räumt sie ein. „Und auch wir haben manchmal Probleme mit Gewalt in den Grenzregionen.“ Dennoch stehe das Thema nicht jeden Tag in den Zeitungen. „Es ist nicht gut, Menschen spüren zu lassen, dass sie anders sind.“
Eva-Maria Verfürth