Katastrophenschutz
Wie man mit globalen Risiken umgeht
„Unser Wissen zum Katastrophenschutz ist begrenzt“, sagt Sade Gawanas, bis zum Januar Bürgermeisterin der namibischen Hauptstadt Windhuk. Es gibt obendrein zu wenig sozioökonomische Daten darüber, wen welche Art von Katastrophe wie trifft – und das gilt auch nicht nur für afrikanische Länder.
Niemand hatte die verheerenden Folgen der schweren Regenfälle des Sommers 2021 im deutschen Ahrtal erwartet. Mindestens 134 Menschen kamen bei Überschwemmungen ums Leben. Experten forderten, dass Deutschland daraus lernen müsse.
So braucht Deutschland etwa ein auf Mobilfunk basierendes Frühwarnsystem. Deshalb wurde der 8. Dezember zum nationalen Warntag erklärt. Um elf Uhr morgens sollten, zeitgleich mit den städtischen Sirenen, alle Mobiltelefone läuten. Aber längst nicht alle klingelten.
Auch ohne technische Pannen ist es laut Expert*innen fraglich, ob mobile Warnrufe für ein wirksames Katastrophenmanagement ausgereicht hätten. Eine solche Warnung informiert Bürger über eine bevorstehende Katastrophe, aber sie müssen auch wissen, wie sie handeln sollen. Sollen sie in höheren oder tieferen Lagen Schutz suchen? Welche Orte in der Nähe sind sicher? Was kann man im Fall von technischem Versagen tun? Eine Überschwemmung erfordert eine andere Reaktion als ein Waldbrand.
Um Menschen zu schützen, sind angemessene Kommunikation und Information unerlässlich. Risikobewertungen und Strategien für das Katastrophenmanagement sollten auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt werden. Gleichzeitig erfordern globale Herausforderungen – wie die Klimakrise – Maßnahmen auf lokaler Ebene. Diese Themen wurden im Dezember auf einer Fachtagung in Bonn diskutiert, veranstaltet von der Stiftung Entwicklung und Frieden (SEF) in Zusammenarbeit mit Engagement Global (EG) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Bürger*innen einbeziehen
Anstatt Ideen von oben nach unten umzusetzen, sind sich Experten einig, dass die lokale Ebene einbezogen werden muss. Die Bevölkerung betroffener Regionen zu involvieren und ihre Vorschläge zu berücksichtigen, schafft ein Gefühl der Eigenverantwortung, das wiederum eine breitere Akzeptanz von Maßnahmen und ein tieferes Verständnis von Risiken fördert.
Bewusstseinsbildung ist dabei unerlässlich. Menschen müssen lernen, Risiken ernst zu nehmen. Regelmäßige Übungen und Workshops sind hilfreich. Straßentheateraufführungen können Aufmerksamkeit schaffen. Egal, wie die Informationen weitergegeben werden, sie müssen in einfacher Sprache formuliert sein, damit jeder sie versteht. In vielen Ländern werden Katastrophenrisiken, -ursachen und angemessenes Verhalten in Schulen nicht ausreichend behandelt. Lehrpläne sollten entsprechend aktualisiert werden. Ramian Fathi von der Bergischen Universität Wuppertal plädiert dafür, die Gesellschaft im Allgemeinen in umsichtige Strategien der Katastrophenkommunikation einzubeziehen.
In benachteiligten Weltregionen sind Ressourcen knapp. Eine große Herausforderung besteht darin, vorhandene Anlagen möglichst effektiv zu nutzen. Beispielsweise kann es zu teuer sein, ein neues Sirenensystem zu installieren, sodass es sinnvoller ist, sich auf die Mobiltelefone zu verlassen, die die meisten Menschen besitzen.
Um Informationen richtig zu verbreiten, benötigen die Verantwortlichen jedoch zuverlässige Daten. In Ländern mit niedrigen Einkommen mangelt es häufig an brauchbaren Statistiken. Länder sollten daher die internationale Zusammenarbeit hier verbessern und sich gegenseitig helfen, Forschungslücken zu schließen. Die meisten Katastrophen machen zudem nicht an den Landesgrenzen halt. Klimabedingte Vertreibung kann mehrere Länder und die internationale Gemeinschaft als Ganzes betreffen.
Vielversprechende Initiativen
Die Herausforderungen sind enorm, aber es gibt weltweit einige vielversprechende Initiativen. Ein Beispiel ist Ahmedabad in Indien. Im Sommer steigen die Temperaturen dort auf über 45 Grad, und jedes Jahr sterben hunderte von Menschen an den Hitzefolgen. Dileep Mavalankar vom Indian Institute of Public Health erklärt, dass das Institut einen Hitze-Aktionsplan ins Leben gerufen hat, der auch über vernünftiges Verhalten informiert. Außerdem stellt es Sonnencreme und Kühlboxen am Straßenrand bereit.
In Malawi, so berichtet Julius Ng’oma vom Civil Society Network on Climate Change (CISONECC), gibt es Bemühungen, traditionelles Wissen mit moderner Wissenschaft zu verbinden. Er bestätigt, dass es das Gefühl der Eigenverantwortung fördert, wenn die lokale Bevölkerung in die Planung und Umsetzung von Maßnahmen einbezogen wird. Menschen sind interessierter an Themen, wenn sie merken, dass sie ernst genommen werden und ihren Beiträgen Priorität eingeräumt wird.
Die Expert*innen des Bonner Symposiums waren sich einig, dass menschliches Handeln die Ursache für Phänomene wie Entwaldung, Städtewachstum, Ressourcenabbau, die Erosion von Ökosystemen und die Erderhitzung ist – und diese noch verschärft. Alle schädlichen Aktivitäten müssen gestoppt werden. Passiert das nicht, werden Anpassung und Katastrophenmanagement unmöglich sein.
Suparna Banerjee ist Politikwissenschaftlerin und lebt in Frankfurt am Main.
mail.suparnabanerjee@gmail.com