Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Wissenschaft

Gleichberechtigte Partnerschaft

Weil Hochschulen und Wissenschaft eine Schlüsselrolle für Entwicklung spielen, müssen entsprechende Kapazitäten in Low-Income-Ländern ausgebaut werden. Die Volkswagen-Stiftung hat einen vielversprechenden Weg gefunden, um junge afrikanische Forscher zu fördern.

Von Svenja Czapek, Detlef Hanne und Cora Ziegenbalg
Wissenschaft braucht die richtige Infrasturktur: medizinisches Forschungslabor in der Cote d'Ivoire. Mark Edwards/Lineair Wissenschaft braucht die richtige Infrasturktur: medizinisches Forschungslabor in der Cote d'Ivoire.

Forschung in internationaler Zusammenarbeit bietet viele Vorteile, ist aber nie einfach. Zu den Herausforderungen gehören die Distanz zwischen den Instituten, Sprachbarrieren und kulturelle Unterschiede.

Nord-Süd-Partnerschaften sind besonders schwierig. Aus mehreren Gründen dominieren die Partner aus der reichen Welt. Wichtig sind der bessere Zugang zu Ressourcen und Geld, bessere Kapazitäten und bessere institutionelle Unterstützung. Obwohl viele Wissenschaftler gern gleichberechtigt international kooperieren würden, gelingt das nicht immer. Häufig ist das Gefälle bereits in der Struktur der Finanzierungsprogramme verankert.

In den vergangenen Jahren hat die Entwicklungspolitik akzeptiert, dass Forschung ein Schlüssel für die Entwicklung von Low-Income-Ländern (LICs) ist. Auch das deutsche Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sieht das so. In armen Ländern werden aber starke Forschungszentren nur entstehen, wenn die jeweiligen Wissenschaftler mit Kollegen aus den reichen Ländern gleichberechtigt begegnen können.

Gute Intentionen sind löblich, aber schwer zu verwirklichen. Es gibt zwei Haupthindernisse:

  • Die Arbeitsbedingungen in LICs sind hart, und
  • den (zumeist aus dem Norden stammenden) Geldgebern ist das nicht klar, so dass ihre Verfahren, Bedingungen und Programme nicht den Bedürfnissen von Forschern in Entwicklungsländern entsprechen.

Dennoch sind gute Partnerschaften möglich. Die Volkswagen-Stiftung leistet auf diesem Gebiet wegweisende Arbeit. Ihre Erfahrung zeigt, dass es sinnvoll ist, mit langfristigen Programmen in Afrika die Karrieren von Wissenschaftlern nach der Promotion zu fördern.  Das ist eine gute Möglichkeit, dem Brain-Drain entgegen zu wirken und die Kapazitäten wissenschaftlicher Institute zu fördern.

Die Volkswagenstiftung unterhält seit 2003 das Finanzierungsprogramm „Knowledge for Tomorrow – Cooperative Research Projects in Sub-Saharan Africa“. Wegen seiner langfristigen Perspektive  hat die OECD das Programm 2010 zum "Best Practice"-Vorbild erklärt (OECD 2011).

Die Stiftung hat sechs thematische Postdoc-Programme für Junior-Forscher aus Afrika aufgelegt. Sie fördert zum Beispiel in drei Stufen über maximal acht Jahren die Karrieren junger Wissenschaftler, die sich auf Rohstofffragen spezialisieren. Zuerst machen die Teilnehmer ihren Doktor, dann arbeiten sie als Postdocs und schließlich leiten sie dann eine Forschungsgruppe.

Auf der ersten Stufe fördert die Stiftung die Forschungskooperation zwischen deutschen und afrikanischen Wissenschaftlern, in deren Rahmen afrikanische Nachwuchsforscher promovieren können. Auf den nächsten beiden Stufen können die Teilnehmer Mittel für eigene Forschungsvorhaben beantragen. Das Auswahlverfahren ist streng und schließt eine Konferenz, mehrere Präsentationen und Interviews ein, wobei die Antragsteller von international anerkannten Fachleuten bewertet werden.

Ein wichtiger Aspekt ist, dass die afrikanischen Teilnehmer zumeist auf Dauer mit deutschen Postdoktoranten zusammenarbeiten. Der besondere Kniff des Programms ist dabei, dass die afrikanischen Wissenschaftler aus ihren Forschungsstipendien das Geld für ihre deutschen Partner bereitstellen. Zudem können alle afrikanischen Beteiligten einen erfahrenen Wissenschaftler aus einem beliebigen Land zum Mentor wählen. Das Programm bietet also vielfältige Möglichkeiten zur internationalen Vernetzung mit Wissenschaftlern, die an verwandten Themen arbeiten.

Das Programm finanziert nicht nur die Forschungsprojekte, sondern fördert auch Soft Skills wie wissenschaftliches Schreiben, Vorträge halten oder Management. Von der Volkswagenstiftung organisierte Workshops vermitteln wichtige Fähigkeiten wie das Schreiben von Projektvorhaben und Finanzierungsanträgen sowie die Vorbereitung von Publikationen. Das Programm wird von einer Wissenschaftlerin an der Leibniz Universität Hannover (LUH), welche die Volkswagenstiftung und den Nachwuchswissenschaftlern verbindet, koordiniert. Die Universität ist auch an der Planung und Organisation der Programm-Workshops beteiligt.

Bisher haben zehn Nachwuchswissenschaftler aus sieben afrikanischen Ländern an dem Programm @font-face { font-family: "Times New Roman"; }@font-face { font-family: "MS Mincho"; }@font-face { font-family: "Cambria"; }p.MsoNormal, li.MsoNormal, div.MsoNormal { margin: 0cm 0cm 0.0001pt; font-size: 12pt; font-family: Cambria; }table.MsoNormalTable { font-size: 10pt; font-family: "Times New Roman"; }div.Section1 { page: Section1; } im Themenbereich „Natürliche Ressourcen“ teilgenommen. Die systematische Auswertung ihrer Erfahrungen hat Verschiedenes gezeigt:

  • Das Programm fördert Ownership und Selbstbewusstsein. Die Stipendiaten führen ihre individuellen Projekte selbst durch, von der Planung bis zur Umsetzung. Sie müssen Fördergelder beantragen und der Auswahlprozess ist hart. Erfolgreiche Bewerber bestimmen dann selbst über die Mittelverwendung. Sie wählen Mentoren aus und laden diese ein. Sie finanzieren ihre deutschen Partner, die sicherstellen müssen, dass sie sich notwendige Fähigkeiten und nötiges Wissen aneignen. Der offene Dialog zwischen Wissenschaftlern, Mentoren und der Volkswagen Stiftung schafft Vertrauen.
  • Alle befragten Teilnehmer würden ihre wissenschaftliche Karriere am liebsten in ihrem Heimatland machen. Sie wollen durch international anerkannte Forschung auf ihrem Gebiet zu Autoritäten werden. Gleichzeitig wollen sie die Leistungsfähigkeit ihrer Länder stärken und zur Verbesserung der Lebensverhältnisse beitragen. Langfristig streben sie die Festanstellung  an einer Universität in ihrem Land an und wollen mit ihrer Arbeit die Entwicklung ihres Landes vorantreiben.

 

Dank der Zusammenarbeit mit ihren deutschen Kollegen bleiben die afrikanischen Teilnehmer mit den deutschen Partnerinstitutionen in Kontakt. Solche Verbindungen halten normalerweise sehr lange.

In den vergangenen Jahrzehnten mussten viele afrikanische Regierungen ihre Budgets für die Hochschulbildung kürzen. Dementsprechend fehlen dem Kontinent heute Mittel für die Forschung. Der Volkswagenstiftung ist diese Situation bewusst; sie hat ihr Programm entsprechend konzipiert. Es trägt auf drei Ebenen zum Kapazitätsausbau bei:

  • Es fördert die individuellen Fähigkeiten der Teilnehmenden.
  • Es zielt auf Studierende, die ihren Master machen, sowie auf Doktoranden und Postdoktoranden.
  • Die Forschungsergebnisse der individuellen Projekte stärken die Handlungsfähigkeit, weil sie den Menschen im Land neue Einsichten vermitteln.

 

Eine Evaluierung des Programms hat allerdings gezeigt, dass sich einiges verbessern ließe. Aus Sicht der zehn befragten Geförderten sollten sich die Mentoren aktiver an den Forschungsprojekten beteiligen. Die Nachwuchswissenschaftler schlugen zudem vor, dass die Mentoren einen jährlichen Fortschrittsbericht an die Volkswagenstiftung schicken. Auch wünschen sie sich, dass die Mentoren sie an ihren Universitäten besuchen und an relevanten Seminaren und Konferenzen teilnehmen.

Die Geförderten hatten obendrein den Eindruck, dass ihre heimischen Universitäten sie administrativ und technisch stärker unterstützen sollten. Sie beklagten sich über die hohe Arbeitsbelastung durch die Lehre und Schwierigkeiten bei Finanzüberweisungen und Mittelfreigabe. Außerdem schlugen sie vor, das Programmnetzwerk auszuweiten. Zu diesem Zweck plädierten sie für Austauschprogramme, Sommerschulen und ein Alumni-Programm.

Ein wichtiger Schritt für die praktische Anwendung von Projektergebnissen wäre das Knüpfen von Kontakten zu nationalen Regierungen. Die Volkswagen-Stiftung und die Mentoren könnten die Geförderten dabei sicher wirkungsvoll unterstützen.

Aus der Erfahrung der Volkswagen-Stiftung lassen sich fünf Schlüsse ziehen:

  • Das Programm für Subsahara-Postdoktoranden ist ein vielversprechendes Modell zur Karriereförderung junger Wissenschaftler.
  • Es unterstützt Eigenverantwortung und Selbstbewusstsein, weil es den Geförderten ermöglicht, mit ihren deutschen Partnern auf Augenhöhe zu arbeiten.
  • Es reicht nicht aus, junge afrikanische Wissenschaftler mit Geld auszustatten. Soft-Skill-Training und Mentorschaft sind ebenfalls nötig. 
  • Innovative Ansätze sind gefragt, um eine gleichberechtigte Kooperation von Wissenschaftlern aus Industrie- und Entwicklungsländern zu ermöglichen. Geldgeber und internationale Forschungspartner sollten ihre Rollen überdenken, wenn sie Nord-Süd-Partnerschaften eingehen.
  • Afrikanische Forscher sind an akademischen Karrieren in Afrika interessiert und wollen die Entwicklung ihrer Nationen fördern.

 

Svenja Czapek forscht am Institut für Biologische Produktionssysteme an der Leibniz Universität Hannover. Sie ist am Management für das Programm "Knowledge for Tomorrow – Cooperative Research Projects in Sub-Saharan Africa" am Institut für Biologische Produktionssysteme beteiligt.

Detlef Hanne hat früher für die Volkswagen-Stiftung gearbeitet und ist kürzlich zur KfW gewechselt.

Cora Ziegenbalg ist Programmdirektoren von "Knowledge for Tomorrow – Cooperative Research Projects in Sub-Saharan Africa" bei der Volkswagen-Stiftung.

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