Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Recycling

Abfall sammeln mit System

Wirtschaftswachstum und steigender Konsum führen zu einem starken Anstieg von Müll in Schwellenländern. Dies gilt besonders in Indien, dessen Bevölkerung mit jetzt schon mehr als 1,2 Milliarden Einwohnern weiter wächst. In Mumbai hat die Kunststoffindustrie eine Lösung für die Abfallverwertung gefunden, die die lokale Bevölkerung einbezieht.
Lokale Müllsammlerinnen sammeln in Mumbai Kunststoffmüll, der recycelt werden soll. GKV Lokale Müllsammlerinnen sammeln in Mumbai Kunststoffmüll, der recycelt werden soll.

Haushaltsabfälle in Indien und anderen Schwellenländern bestehen zunehmend aus gebrauchten Verpackungen und Kunststoffabfällen, die sich nicht natürlich zersetzen. Weil Sammel- und Verwertungssysteme fehlen, wirft die Bevölkerung Müll oft achtlos auf die Straße, was Littering genannt wird. Am stärksten betroffen sind die bevölkerungsreichen Metropolen. Plastikabfall, vor allem in Form von Tüten und PET-Flaschen, der über Flüsse oder an den besiedelten Küsten ins Meer gelangten, ist eine Hauptquelle für die Verschmutzung der Meere. Darauf weisen in letzter Zeit auch vermehrt das Umweltprogramm der UN (UNEP), die Europäische Kommission und die deutsche Bundesregierung hin.

Die Kunststoffindustrie ist mit diesem Problem global konfrontiert und beginnt, darauf zu reagieren. Die nationalen Industrieverbände verständigen sich zunehmend auf eine weltweite Zusammenarbeit mit dem Ziel, mehr Kunststoffabfälle zu sammeln und einer professionellen Verwertung zuzuführen.

Im Jahr 2013 erstellten der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV) und der indische Kunststoffverarbeiterverband OPPI im Auftrag der deutschen Röchling Stiftung eine Analyse der Rahmenbedingungen für das Kunststoffrecycling im indischen Bundesstaat Maharashtra, dessen Hauptstadt Mumbai ist. Grundlage dafür bildete eine strukturierte Stakeholder-Befragung. Diese Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass es besonders auf dem Gebiet der Verwertung von Konsum- und Haushaltsabfällen deutliche Verbesserungspotenziale gibt.

In Mumbai wie in anderen Städten sammeln vor allem sogenannte Waste Pickers, überwiegend weibliche Abfallsammler des informellen Sektors, die Kunststoffabfälle ein und verkaufen sie an Zwischenhändler. Das heißt, Plastikmüll wird nur in Kleinstmengen gesammelt und gehandelt. Das macht eine geeignete Verwertung nicht möglich.

Indem die Abfallsammlerinnen in ein strukturiertes Abfallmanagement eingebunden werden, kann die Situation verändert werden. Dies setzt voraus, dass sich das Konzept für die Waste Pickers hinreichend lohnt. Darüber hinaus müssen auch Wohnungsgesellschaften, Schulen, Hotels und andere Abfallproduzenten von dieser Handlungsstrategie überzeugt und eingebunden werden. Um ein entsprechendes Konzept umsetzen zu können, müssen auch die lokalen Rahmenbedingungen wie die infrastrukturell-technischen Gegebenheiten der Abfallsammlung und -sortierung verbessert werden.

Eine solche Lösung wird in Mumbai angestrebt. Die örtliche Nichtregierungsorganisation der Waste Pickers, die Frauenrechtsorganisation Stree Mukti Sanghatana (SMS), plant, insgesamt sieben Sammel- und Sortierstationen in der Metropole einzurichten. Jede der Stationen soll zunächst eine Verwertungskapazität von 25 Tonnen pro Monat besitzen. Es wird davon ausgegangen, dass Kunststoffabfälle jeweils einen Anteil von 7 bis 8 Tonnen pro Monat ausmachen.

Seit 2014 fördert die Röchling Stiftung die Errichtung dieser lokalen Sammel- und Sortierstationen von SMS. Die Stiftung unterstützt eine Einbindung der Waste Pickers in den Prozess der Abfallsammlung und Abfallsortierung finanziell in zunächst zwei ausgewählten Stadtbezirken Mumbais (Chembur-West und Mulund) als Leuchtturmprojekt. Die Stadtverwaltung stellt für das Projekt Abfalltransporter und Fahrer sowie Lagerschuppen und Grundstücke bereit. Für die Verbesserung der Rahmenbedingungen der Abfallverwertung in den Stadtbezirken wurden folgende Aktivitäten gestartet:

  1. Bewusstseinsentwicklung bei der Bevölkerung für die Notwendigkeit eines strukturierten Abfallmanagements.
  2. Einbindung der örtlichen Abfallsammlerinnen und Training der Sammlerinnen hinsichtlich der Sortierung von Abfällen.
  3. Aufkauf von Müll von örtlichen Abfallsammlern auf der Basis fairer Preise und korrekter Wägung.
  4. Abfallsammlung mit Hilfe der städtischen Sammelfahrzeuge und Transport zu den von der Stadtverwaltung bereitgestellten Sammel- und Sortierschuppen.
  5. Dokumentation der Sammlung und Weiterverkauf der gesammelten Abfälle, sobald eine ausreichende Menge für das Recycling erreicht ist.

Die vorgesehenen Abfalllagerräume wurden im Rahmen des Projekts renoviert und umgerüstet, unter anderem wurde eine Sicherheits- und Lüftungstechnik eingebaut und Schredder und Ballenpressen angeschafft. Mit der Maßnahme wurden die Arbeitsbedingungen und die wirtschaftliche Lage der mehr als 70 Abfallsammlerinnen in den beiden Stadtteilen verbessert. Das Einkommen der Frauen steigerte sich um etwa 20 Prozent. Die bessere Infrastruktur ermöglicht die Sammlung und Lagerung größerer Mengen von verschiedenen Kunststoffen und den direkten Weiterverkauf an Recyclingbetriebe. Die Organisation SMS geht davon aus, dass sich das Projekt durch die gesteigerte Produktivität wirtschaftlich bald selbst trägt.

 

Oliver Möllenstädt ist Hauptgeschäftsführer des Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e. V. (GKV)
o.moellenstaedt@gkv.de


Link

Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e. V. (GKV):
http://www.gkv.de