Entwicklung und
Zusammenarbeit

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EU-Sicherheitspolitik

Weit weg von gemeinsamer Armee

Auch wenn Politiker immer wieder die Notwendigkeit einer eigenen schlagkräftigen EU-Armee betonen, liegt ihre Umsetzung in weiter Ferne.
Der Eurofighter – hier in Mecklenburg-Vorpommern – ist ein gemeinsam entwickelter Kampfjet einiger EU-Staaten, aber kein EU-Projekt. Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa Der Eurofighter – hier in Mecklenburg-Vorpommern – ist ein gemeinsam entwickelter Kampfjet einiger EU-Staaten, aber kein EU-Projekt.

Anfang Januar 2020 töteten die USA den iranischen General und Anführer der Quds-Brigaden Qasem Soleimani und lösten dabei fast einen Krieg im Nahen Osten aus. Und was tut die EU? Der deutsche Außenminister Heiko Maas appellierte an die Vernunft der Beteiligten, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Außenbeauftragter Josep Borell warnten vor einer weiteren Eskalation. Sonst nichts. „Um im Nahen Osten Einfluss auszuüben, müssten die Europäer militärisch vor Ort präsent sein“, sagt Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Und sie müssten geschlossen und mit einer Stimme agieren. In beidem ist die EU bisher nicht gut.

Zum Ersten: Die EU hat kein eigenes Militär, das es zum Beispiel in den Nahen Osten senden könnte. Die EU-Mitgliedstaaten halten an ihren eigenen Armeen fest. Die wenigen militärischen Ausbildungsmissionen, die unter EU-Flagge laufen und zu denen die Mitgliedstaaten Soldaten der eigenen Armeen stellen, bewirken in den Einsatzländern fast nichts, weil sie mit wenig Personal und Befugnissen ausgestattet sind.

Spitzenpolitiker in wichtigen EU-Ländern betonen zwar immer wieder ihren Wunsch nach einer EU-Armee. „Wir wollen eine Truppe aufstellen, die ‚Armee der Europäer‘, die, wenn es eine Krise gibt, wenn Europa gefragt ist, schnell einsatzfähig ist“, sagte vor zwei Jahren die damalige deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Doch das Projekt „EU-Armee“ kommt allenfalls in Trippelschritten voran. Es gibt zwar einzelne Inseln der Zusammenarbeit – die Niederländer haben zum Beispiel Soldaten in die deutsche Panzertruppe integriert – aber es bleiben Einzelprojekte. Der deutsche Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels hofft zwar, dass aus diesen „Inseln“ der Zusammenarbeit in naher Zukunft ein tragfähiges gemeinsames „Festland“ entstehen wird, doch ist diese Hoffnung allzu optimistisch. Ist doch für eine EU-Armee, die womöglich das Militär der einzelnen Länder ersetzt, vor allem eins nötig: ein gemeinsamer Plan, unterschrieben von allen EU-Staaten, wie eine solche neue Armee aussehen soll und wozu man sie einsetzen möchte.

Aber schon bei der Frage, wer eigentlich die eigene Sicherheit bedroht, gehen die Meinungen unter den EU-Mitgliedstaaten weit auseinander. Die Balten haben Angst vor Russland. Italien, Frankreich und Spanien machen eher die Entwicklungen in Afrika Sorgen. Sie fürchten sich vor Terrorismus in den Sahelstaaten – oft ehemalige Kolonien – und vor großen Migrationsbewegungen in Richtung Europa. Kein Staat möchte es sich nehmen lassen, wenn nötig militärisch so vorzugehen, wie man es selbst für richtig hält. Beispiel Mali: Dort führen die Franzosen ihre eigene Anti-Terrormission, während die Deutschen sowohl in einer EU-Ausbildungsmission malische Soldaten an Gewehren schulen als auch als Teil einer UN-Mission ein Friedensabkommen überwachen. Ein gemeinsames koordiniertes Vorgehen – allein zwischen den beiden europäischen Großmächten Deutschland und Frankreich – ist in diesem Krisenland nicht zu erkennen.

Auch in Sachen Rüstung hinkt die EU ihrer Rhetorik noch weit hinterher. Immer noch gibt es ein Sammelsurium an verschiedenen Panzer-, Flugzeug- und Schiffstypen in Europa. Das kostet viel Geld und erschwert die effektive Zusammenarbeit der Armeen etwa bei gemeinsamen Übungen und Auslandseinsätzen. Zwar gibt es auch hier Initiativen zur Harmonisierung, wie PESCO (Permanent Structured Cooperation) oder den Europäischen Verteidigungsfonds, die gemeinsame Rüstungsprojekte zwischen EU-Ländern fördern sollen. Trotzdem entscheiden immer noch die nationalen Regierungen über die wichtigen Rüstungsprojekte und ihnen sind meist die eigenen Wähler oder Arbeiter in der heimischen Rüstungsindustrie näher als Europa.

Die Deutschen planen heute zwar ihre prestigeträchtigsten und teuersten Projekte gemeinsam mit Frankreich – wie etwa den Kampfjet der Zukunft oder den Kampfpanzer der nächsten Generation – aber europäische Projekte sind das damit noch lange nicht. Denn die Polen oder Italiener kaufen lieber von den Amerikanern den allerneuesten Kampfjet F35. Ein gemeinsames Vorgehen sieht anders aus.


Julia Maria Egleder ist Redakteurin bei dem Magazin für Sicherheitspolitik Loyal.
julia.egleder@fazit-communication.de

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