Vernachlässigte Tropenkrankheiten

Ausnahmeerscheinung Dengue

Während die Bekämpfung vieler vernachlässigter Tropenkrankheiten weiterhin zu wenig gefördert wird, hat sich die Situation bei Dengue verändert. Das liegt daran, dass die Krankheit inzwischen auch in reicheren Ländern mehr und mehr als Problem gilt.
Die Asiatische Tigermücke kann Dengue übertragen – und breitet sich auch in Europa aus. picture-alliance/abaca/Geyres Christophe/ABACA Die Asiatische Tigermücke kann Dengue übertragen – und breitet sich auch in Europa aus.

Vernachlässigte Tropenkrankheiten (NTDs – Neglected Tropical Diseases) erfahren viel zu wenig Aufmerksamkeit, insbesondere auch im Bereich Forschung und Entwicklung. Sie erscheinen vielen gewinn­orientierten Unternehmen schlicht nicht lukrativ genug, um die nötigen Investitionen zu tätigen. Speziell eine vernachlässigte Tropenkrankheit zieht seit einigen Jahren allerdings signifikant auch Firmen vom freien Markt an – das Denguefieber.

Der simple Grund: Wenn eine Erkrankung, zumal eine Infektion, als ernsthaftes Gesundheits- oder Sicherheitsproblem auch für Menschen in reicheren Ländern wahrgenommen wird, kommt finanziell Bewegung in die Forschung. Dies ist keine Polemik, sondern eine historische Lehre, unter anderem aus der Frühphase der Aids-Pandemie oder dem Umgang mit Ebola.

Seinen regionalen Schwerpunkt hat das durch verschiedene Mückenarten übertragbare Fieber primär im globalen Süden. Gerade große Teile Lateinamerikas und Südostasiens litten in den vergangenen Jahren massiv unter umfangreichen und wiederkehrenden Ausbrüchen. Schlagzeilen machten in deutschen Medien allerdings vor allem mehrere Dengue-Fälle am Gardasee und in Paris.

Wie das Berliner Robert Koch-Institut (RKI) feststellt, gibt es bislang noch keinen dokumentierten Nachweis für eine Dengue-Übertragung durch Insekten innerhalb Deutschlands. Allerdings kommen geeignete Überträger in Form der Asiatischen Tigermücke hierzulande mittlerweile vor. Und das hiesige Faible für Fernreiseziele wie Brasilien oder Thailand bedeutete laut RKI zu Beginn dieses Jahres ungewohnt hohe Dengue-Fallzahlen auch in der Bundesrepublik.

Reisemedizin und die Versorgung von Menschen in zahlungskräftigen Märkten versprechen signifikante Rendite. Die Forschungspipeline für Dengue ist, mit kleineren Schwachpunkten, mittlerweile bemerkenswert gefüllt. Längst fragen sich Expert*innen vermehrt öffentlich, ob die Erkrankung wirklich noch im engeren Sinne kommerziell „vernachlässigt“ ist. Was wie eine eher theoretische Gedankenspielerei klingt, hat praktische Implikationen. Innerhalb der Gruppe der NTDs droht die Beschleunigung einer seit jeher erkennbaren Dynamik: Einige der Erkrankungen gelangen zu deutlich mehr Aufmerksamkeit, nicht zuletzt durch wachsende Bedeutung für reichere Länder, während andere quasi vergessen bleiben. 

Max Klein ist Politikwissenschaftler und leistet Bildungsarbeit für die deutsche zivilgesellschaftliche Organisation BUKO Pharma-Kampagne, auch zu vernachlässigten Tropenkrankheiten.
mk@bukopharma.de

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