Entwicklung und
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Landwirtschaft

Gut gemeint

Um es Kleinbauern zu erleichtern, ihre Produkte auf den Markt zu bringen, haben viele Länder südlich der Sahara Vertragslandbau eingeführt. Dazu werden Kleinbauern auf Großfarmen angesiedelt und in deren Beschaffungs- und Vermarktungskanäle einbezogen. In Namibia bleibt der erhoffte Erfolg bisher jedoch aus. Das Vorhaben droht gar die Existenz einiger Bauern zu gefährden.


Von Markus Fiebiger, Anna K. Weber und Simone Schnabel

„Namibia ist das trockenste Land südlich der Sahara“ – so steht es in vielen Landwirtschaftstexten. Traditionell sind hier extensive Viehwirtschaft und etwas Regenfeldbau üblich. Dennoch hat sich in den vergangenen 20 Jahren vor allem im Norden des Landes eine durchaus Erfolg versprechende marktorientierte Bewässerungslandwirtschaft entwickelt. Die Möglichkeiten, die sie bietet, möchte die Regierung nutzen, um die Ernährungssouveränität und -sicherheit ihres Landes zu verbessern. Deshalb führte sie 2003 mit der Green Scheme Policy (GSP) eine Form des Vertragslandbaus ein. Langfristig soll dies auch zur Diversifizierung der Landwirtschaft beitragen.

Weltweit gibt es unterschiedliche Formen des Vertragslandbaus, bei denen Kleinbauern in größere Produktions- und Vermarktungsstrukturen eingebunden wer­den. In Namibia bilden Public-Private-Partnership-Verträge zwischen der Regierung und privaten Landwirtschaftsunternehmen die Grundlage. Darin überlässt die Regierung dem jeweiligen Unternehmen – Service Provider genannt – einen staatlichen Großbetrieb, den es gewinnbringend betreiben soll. Land, Bewässerungstechnik, Farmausstattung und Infrastruktur stellt der Staat zur Verfügung. Gleichzeitig siedelt der Staat auf einzelnen Parzellen der Großfarm private Kleinbauern an. Diese so genannten Outgrower bauen auf ihrem Stück Land selbständig ihre Produkte an.

Die Service Provider sind zudem dazu verpflichtet, den Outgrowern Inputs wie Dünger und Pestizide sowie Beratungs- und Marketingservices auf Kostendeckungsbasis bereitzustellen. Auch sollen sie die Kleinbauern bei der Ver­marktung ihrer Produkte unterstützen. So soll das Know-how des Unternehmers an die Outgrower weitergegeben werden. Die vorrangige Rolle des Staates ist es, die Regeln des Vertrags zu definieren und zu überwachen. In der Praxis sind die Verträge oft ungenügend formuliert und die Kontrolle kommt zu kurz.

Für ihre Green Scheme Policy hat die namibianische Regierung Bewässerungsflächen am Orange River sowie an den Grenzflüssen Kunene und Kavango erschlossen. Hier richtet sie seitdem Großbetriebe – die „Green Schemes“ – ein, die sie für den Vertragslandbau zur Verfügung stellt. Die unter Vertrag stehenden Service Provider müssen hier vorrangig Getreide anbauen, wohingegen die Outgrower frei wählen können, was sie anpflanzen.

Als besonders erfolgreiches Out­grower-Modell hat sich laut einer Weltbankstudie zu Vertragslandwirtschaftsformen im südlichen Afrika das nucleus estate model erwiesen (Vermeulen und Cotula 2010). Dabei baut auch der Betreiber selbst Produkte an und ist für die Weiterverarbeitung der gesamten Produktion verantwortlich. Dies sichert eine Mindestproduktionsmenge (throughput).

Vertragsbau wird mittlerweile in mehreren Ländern südlich der Sahara erfolgreich betrieben. In Namibia ist bisher aber noch kaum von Erfolg zu sprechen. Nur schleppend erschließt die Regierung neue Flächen, und auch die Ansiedlung der Outgrower gestaltet sich schwierig. Die Gründe sind vor allem, dass
– die Anreize für Service Provider nicht stimmen,
– die Vertragsbedingungen nicht eindeutig geregelt sind,
– der Staat zu wenig Aufsicht ausübt und
– die staatlichen Kredite für Kleinbauern nicht greifen.

In der Praxis erscheinen die Green Schemes potentiellen Service Providern oft wenig lukrativ, weil sie den Ministe­riumsvorgaben entsprechend nur lagerfähige Produkte wie Hirse, Mais und Weizen anbauen dürfen. Die nötigen Inputs für den Anbau wie Dünger und Pestizide in den Norden Namibias zu transportieren ist jedoch teuer. Daher würde es sich für die Unternehmen eher lohnen, Produkte mit einer hohen Gewinnspanne wie Obst und Gemüse anzubauen. Die staatlichen Vorgaben erschweren ihnen zudem, flexibel auf den Markt zu reagieren.

Auch kommen die Service Provider oft nur ungenügend ihren Pflichten nach, die Kleinproduzenten mit Dünger und Pestiziden zu versorgen, sie zu beraten und beim Marketing ihrer Produkte zu unterstützen. Generell besteht zwischen Service Providern und Outgrowern ein gewisses Konkurrenzverhältnis, da die Service Provider auch selbst produzieren. Werden Dünger, Saatgut und Pestizide knapp, nutzen sie diese Ressourcen lieber selbst. Auch die gemeinsame Vermarktung nehmen sie angesichts der starken Konkurrenz aus Südafrika eher als Zusatzbelastung wahr, die sie häufig vermeiden. Der Staat wiederum reguliert und fördert das Verhältnis zwischen den beiden Parteien nur ungenügend.

Die Leasingverträge zwischen Service Providern und Regierung sind ebenfalls nicht genügend ausgearbeitet. Sie haben meist nur kurze Laufzeiten und bieten nicht genug Anreiz, mit den natürlichen Ressourcen und der Farmausstattung verantwortungsvoll umzugehen. Sie regeln außerdem nicht, wer für Wartung und Ersatz defekter Infrastruktur verantwortlich ist.

Ein weiteres Problem sind Kredite, die Outgrower von der staatlichen Agribank erhalten können. Produktionsausfälle oder Vermarktungsschwierigkeiten machen es den Kleinproduzenten oft unmöglich, die Kredite zu bedienen, weil ihre Gewinne recht mager bleiben. Da bei einem Zahlungsausfall der Staat voll für die Kreditnehmer bürgt, kommt es gelegentlich auch zu Missbrauch. Einzelne Outgrower nutzen Kredite für andere als die angegebenen Zwecke und nehmen dafür die Zwangsräumung ihrer Parzelle in Kauf.

„Green Schemes werden uns umbringen“

Da die namibianischen Green Schemes keinen großen Gewinn versprechen, zeigen große Landwirtschaftsfirmen bisher nur mäßiges Interesse daran, als Service Provider mitzumachen. Dies hat vor allem zwei Konsequenzen: Mangels privater Betreiber werden manche Green Schemes nun von staatlich bestellten Verwaltern geleitet – mit eher zweifelhaftem Erfolg. Außerdem weicht das Ministerium die Vorgaben auf und gestattet den Unternehmen zunehmend, auch gewinnträchtigere Landwirtschaftsprodukte wie Obst und Gemüse anzubauen.

Sorgen machen sich derweil die Kleinbauern außerhalb der Green Schemes, die sich auf Obst und Gemüse spezialisiert haben. Es handelt sich um private Farmen, die ohne staatliche Unterstützung auskommen. Sie bewirtschaften kleine Parzellen von 50 Quadratmetern bis zu einem Hektar. Manchmal sind es auch stärker mechanisierte Farmen mit bis zu vier Hektar. Sie haben weder verlässliche Vermarktungskanäle noch gesicherten Zugang zu bezahlbaren Inputs.

Anders als die Outgrower der Green Schemes kommen sie nicht in den Genuss staatlicher Förderung in Form von Trainingskursen, Bewässerungsinfrastruktur, Mechanisierung oder Krediten der Agribank. Dennoch gelingt es ihnen bislang mindestens ebenso erfolgreich zu produzieren und zu vermarkten wie die Out­grower, wie eine aktuelle Studie des Berliner Seminars für Ländliche Entwicklung (SLE) über die Provinzen Omusati und Kavango nahelegt.

Sollten jedoch die Service Provider der Green Schemes nun massiv in die Obst- und Gemüseproduktion einsteigen, wären diese privaten Kleinbauern rasch vom Markt verdrängt. „The Green Schemes will kill us“, sagt deshalb ein privater Farmer in Omusati.

Folgen bedenken

Zusammenfassend sind an der namibianischen Green Scheme Policy mehrere Punkte zu kritisieren. Die Regierung setzt bisher keine ausreichenden Anreize, um einen privatwirtschaftlich organisierten Bewässerungssektor zu schaffen, der Kleinproduzenten integriert. Außerdem reguliert und kontrolliert sie die Zusammenarbeit zwischen Unternehmern und Kleinbauern nicht ausreichend. Sehr kritisch zu bewerten ist die zunehmende – staatlich offenbar tolerierte – Abwendung der Service Provider von der Getreideproduktion hin zur lukrativeren Obst- und Gemüseproduktion. Dies kann die Existenz der nicht geförderten, privaten Kleinproduzenten gefährden.

Derartige Probleme und Risiken hätten schon während der Planung des Green-Scheme-Modells in Namibia bedacht und berücksichtigt werden müssen. Es bedarf nun umfangreicher Nachbesserungen, die während der aktuell beginnenden zweiten Ausbauphase erfolgen sollen. Wie beispielsweise Ansätze für eine gezieltere Unterstützung der Obst- und Gemüse-Kleinbauern aussehen können, beschreibt die bereits erwähnte SLE-Studie.

Aber auch weitere zu erwartende negative Folgen wie zum Beispiel Umweltschäden sollten beim Ausbau des Modells möglichst von vornherein vermieden werden. Werden beispielsweise mehr Pestizide und Düngemittel eingesetzt, können sie der Boden- und Wasserqualität schaden. Auch wird Wasser bisher noch weitestgehend unreguliert aus den Flüssen entnommen – ein Ausbau der Green Schemes
jedoch könnte Nutzungskonflikte um natürliche Ressourcen befördern.