Luftverschmutzung

Blauer Himmel über Peking

Westliche Beobachter beanstanden bei Chinas Entwicklung regelmäßig Verstöße gegen Menschenrechte oder intellektuelles Eigentum. Indische Besucher, wie beispielsweise unsere Autorin, beeindruckt dagegen vor allem, welch riesige Fortschritte die Volksrepublik in den vergangenen Jahrzehnten gemacht hat.
Hochgeschwindigkeitszug verlässt den Bahnhof Peking Süd. picture-alliance/Liu Jiaye/Imaginechina/dpa Hochgeschwindigkeitszug verlässt den Bahnhof Peking Süd.

Peking ist für Smog bekannt, weshalb mich der azurfarbene Himmel freudig überraschte, als ich die Stadt im Sommer besuchte. Ich prüfte dann die Luftverschmutzungsdaten, welche die Botschaften und Konsulate der USA veröffentlichen. Am 28. August betrug der recht gute Wert für Peking 20, während meine Heimatstadt Kalkutta auf 57 kam und Standorte in Delhi sogar bis zu 160 erreichten.

Die schlichte Wahrheit ist, dass die Luft in indischen Städten heute in der Regel schlechter ist als in chinesischen. In Indien mangelt es an dem entschlossenen Handeln, das in China Wirkung zeigt. Laut Umweltminister muss hochwertiges Wachstum umweltfreundlich sein. Dass das kommunistische Regime autoritär agieren kann, ist manchmal vorteilhaft.

Daten der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization – WHO) zufolge sind Pekings Schwefeldioxidwerte von 2015 bis 2019 um 70 Prozent gesunken – und die Feinstaubbelastung um 36 Prozent. Kohlekraftwerke und kohlenutzende Industriebetriebe mussten Filter installieren, und es wurden sauberere, gasbetriebene Anlagen gebaut. Höherwertiger Treibstoff wurde eingeführt und alte Fahrzeuge stillgelegt. Häuser mit festen Brennstoffen zu heizen ist nicht mehr erlaubt.

Die Luftverschmutzung ist immer noch ein Problem. Zwar zeigen WHO-Statistiken, dass die Feinstaubbelastung in 62 chinesischen Städten von 2013 bis 2016 im Schnitt um ein Drittel zurückgegangen ist, aber dennoch erreicht keine von ihnen den von der WHO empfohlenen Grenzwert von zehn 10µg pro Kubikmeter für PM2.5 (Feinstaub mit weniger als 2.5 Mikrometer Durchmesser). Nur ein Drittel der größeren Städte erreicht den WHO-Übergangsrichtwert von 35µg.

Dennoch hat die Politik offensichtlich die Lage bereits verbessert. Vor den Olympischen Spielen 2008 in Peking plagten die Regierung wegen der hohen Luftverschmutzung Imagesorgen, und sie beschloss etwas zu tun. Das betraf unter anderem den Stadtverkehr.

Auf den Straßen Pekings fahren heute 6600 elektrische Busse. In Shanghai sind sogar sämtliche 16 400 öffentlichen Busse batteriebetrieben. China hat derzeit 385 000 elektrische Busse, und die Zahl soll bis 2025 auf 600 000 steigen. Auch die Elektrifizierung von Taxis, Lastwagen und anderen Fahrzeugen wird vorangetrieben. Immer mehr Autos fahren mit Strom. Tatsächlich ist die Volksrepublik ein Vorreiter in Sachen Elektromobilität. Der Batteriehersteller BYD setzt globale Maßstäbe, und Anlegern aus aller Welt ist seine große Bedeutung für die Autoindustrie klar.

China ist aber auch fahrradfreundlich. In Peking gibt es Mietfahrräder, die mit einer Art Kreditkarte aufgeschlossen werden und nach vollendeter Fahrt an einem anderen Standort wieder angeschlossen werden können. Der Preis beträgt gerade mal 15 US-Cent pro Stunde und wird automatisch abgebucht.

Klimaschützer aus verschiedenen Ländern haben sich kritisch über Pekings riesigen neuen Flughafen geäußert. Sie sollten akzeptieren, dass asiatische Megastädte ähnliche Mobilitätsbedürfnisse haben wie europäische Hauptstädte, deren Bevölkerung meist viel kleiner ist. Sie sollten darüber hinaus zur Kenntnis nehmen, dass der neue Flughafen sehr gute Bahnanbindungen in die Stadt und ins Umland hat. In den nächsten drei Jahren soll zudem eine Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Tianjin fertig werden. Die Reise in diese Hafenstadt mit 15 Millionen Menschen wird weniger als 40 Minuten dauern, sodass der Flughafen nicht einer, sondern zwei Megastädten dienen wird.

Das Netz der Hochgeschwindigkeitsstrecken durchquert China und reduziert den Bedarf an Binnenflügen. Zuvor hatten nur viel kleinere Länder wie Japan oder manche EU-Mitglieder eine solche Eisenbahninfrastruktur. Weder Indien noch die USA haben irgendetwas Vergleichbares. Sie verfolgen auch keine ähnliche Politik wie die, die zunächst „blauen Himmel über Peking“ anstrebt und diesen Ehrgeiz auf immer mehr Orte ausweitet. Wer hinschaut, kann mit eigenen Augen sehen, dass China Luftverschmutzung und Klimakrise ernst nimmt.


Aditi Roy Ghatak ist Wirtschaftsjournalistin und lebt in Kalkutta.
aroyghatak1956@gmail.com