Zuverlässige Daten
Afrikanisches Vorbild
[ Von Walter Wafula ]
Es gibt gute und nützliche Statistiken für Uganda, sagt Charles Mwanguhya, Politikredakteur der Tageszeitung Daily Monitor. Als Quellen lobt er UBOS sowie das Ugandan Management Institute, das Economic Policy Research Centre und die Weltbank. Aber es sei schwer für Journalisten, Zugang zu den interessanten Zahlen zu erhalten. Häufig wollten Beamte sie geheim halten. Die Regierung habe bisher darin versagt, eine Kultur des offenen Zugangs zu Informationen, die für die Öffentlichkeit relevant sind, zu schaffen.
Immerhin gab es in den vergangenen zehn Jahren große Fortschritte. David Wangolo arbeitet als Analyst beim Fondsmanager Renaissance Capital. Er sagt: „Die Regierungsbehörden wurden angewiesen, monatliche und vierteljährliche Zahlen herauszugeben. Dadurch wird ein kontinuierlicher Analyseprozess möglich.“ Dennoch ist er unzufrieden. Im April etwa war der aktuellste Monatsbericht auf der Website der Zentralbank Bank of Uganda der von Januar. Um frischere Daten zu erhalten, muss Wangolo andere Kanäle anzapfen.
Frustriert erzählt er vom nötigen Aufwand: „Wir müssen auf der Jagd nach Zahlen immer noch in Büchereien und Ämter gehen; die reine Zeitverschwendung.“ Seiner Ansicht nach müssten Statistiken viel leichter zugänglich sein. Zusätzlicher Aufwand sei nur dann gerechtfertigt, wenn jemand gründliche Analysen bekommen wolle, also nicht nur die Zahlen an sich.
Verlässliche Wirtschaftsdaten über Uganda zu erhalten, sei schwierig, sagt Maurice Amogola, der Vorstandsvorsitzende von AON, dem führenden Versicherungsvermittler des Landes. „Jeder in dieser Branche will Informationen für sich behalten. Man kann nicht einfach irgendwo hingehen und Zahlen kaufen oder problemlos bekommen“, sagt er. Unternehmen hielten ihr Wissen geheim, damit die Konkurrenz es nicht zu ihrem eigenen Vorteil nutzen könne. Amogola sagt, es müsste eigentlich leicht sein, zu erfahren, wie viele Telekom-Kunden es genau gibt. In Uganda sei das aber kompliziert, denn die Anbieter hielten die Zahlen zurück, die den Versicherungsunternehmen helfen würden, potentiellen Märkte einzuschätzen. Die einzige zuverlässige Quelle für Daten ist die Uganda Communication Commission, die Vierteljahresberichte veröffentlicht.
Akkurate Wirtschaftszahlen zu bekommen, ist überall auf der Welt schwierig. Analysten müssen sich auf Bilanzen und Quartalsberichte, Managerinterviews und Diskussionen mit Mitbewerbern stützen. Es ist sehr zeitaufwändig, sich ein komplettes Bild zu verschaffen. Ergänzend sind staatliche Statistiken aber hilfreich. Laut Amogola bezieht AON Zahlen von UBOS sowie von verschiedenen amtlichen Internetseiten, der Bank of Uganda, dem Internationalen Währungsfonds und der Uganda Communications Commission.
UBOS trägt selbst Zahlen über Unternehmen zusammen, veröffentlicht derlei aber erst nach einer teilweisen Anonymisierung, erklärt UBOS-Direktor John B. Male-Mukasa. UBOS hilft nicht, die Situation einzelner Unternehmen zu analysieren, sondern veröffentlicht Statistiken zur allgemeinen Lage der Wirtschaft. Solche Zahlen verschaffen Investoren ein besseres Verständnis einzelner Branchen und tragen so zu einem gesunden Investitionsklima bei.
Ökonomische Indikatoren
Tatsächlich hat UBOS guten Grund, stolz zu sein. Professor Ben Kiregyera, der frühere Direktor des African Centre of Statistics der UN-Wirtschaftskommission für Afrika, ist voll des Lobes. UBOS habe es geschafft, wichtige Indizes zu entwickeln und zu veröffentlichen; darunter den Verbraucherpreisindex, den Industrieerzeugerpreisindex, den Baupreisindex, den Hotelpreisindex sowie Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). UBOS liefert regelmäßig Inflationsdaten und hilft so der Bank of Uganda den Überblick über die im Umlauf befindliche Geldmenge zu behalten.
Dennoch gibt es Mängel, räumt Kiregyera ein. Heikel sei, dass UBOS sich auf den formalen Sektor konzentriere. Der informelle Sektor schlägt sich deshalb in der amtlichen Statistik Ugandas kaum nieder, obwohl er – wie in ganz Afrika – einen bedeutenden Teil der Wirtschaft ausmacht. Kleinbetriebe werden schnell gestartet und wieder geschlossen, wie Kiregyera erläutert, und ihre Gründer sind sehr mobil. Deshalb könne UBOS kaum über die Entwicklung des informellen Sektors Buch führen.
Wachsendes Datenbewusstsein
UBOS-Direktor Male-Mukasa begrüßt das wachsende Interesse an Statistiken in Uganda. „Den Leuten ist heute viel klarer als vor zehn Jahren, wie wichtig Statistik ist“, sagt er. „Das Datenbewusstsein wächst, und wir freuen uns, wenn Politiker Statistiken nutzen, um ihre Reden aufzupeppen oder ihre Politik zu rechtfertigen.“ Aufklärung sei eine wichtige Aufgabe von UBOS, und der Fortschritt sei „langsam und mühselig“ gewesen. Male-Makusa hofft nun, dass moderne Informations- und Kommunikationstechnologie die Leistungsfähigkeit seiner Behörde weiter stärken wird (siehe Kasten).
Derweil fordern Nutzer mehr und leichteren Zugang zu verlässlichen nationalen Statistiken. Journalist Mwanguhya meint, die Regierung solle auf ihren Internetseiten Zahlen schneller verbreiten. Andere plädieren für die Schaffung einer zentralen Datenbank, in der Statistiken zu vielen verschiedenen Aspekten der Gesellschaft zu finden wären.
Künftige Herausforderungen
Wie andere Entwicklungsländer leidet Uganda unter Infrastrukturengpässen. So ist etwa der Internetzugang nicht im ganzen Land gewährleistet. Bisher nutzen nur weniger als drei Millionen der geschätzt 32 Millionen Ugander regelmäßig Computer und Internet. Da die Stromversorgung nicht verlässlich ist, haben auch diese wenigen Leute nicht immer Zugang zum digitalen Informationsnetz.
Zudem decken die Telekom-Anbieter nicht das ganze Land ab. In manchen Gebieten haben Mobiltelefone keinen Empfang. Außerdem gibt es diverse weitere Infrastrukturdefizite und es herrscht Mangel an qualifiziertem Personal.
Selbstverständlich braucht UBOS Geld. Male-Makusa spricht von einem „hartem Kampf“, obwohl die Regierung die Ausgaben für Statistik nach und nach erhöht habe. UBOS hängt überwiegend von Mitteln ab, die für nationale Erhebungen und spezifische Untersuchungen gewährt werden. Dabei wäre es laut Male-Mukasa oft billiger, Daten anderer Behörden zu nutzen, als sie von UBOS erheben zu lassen. Er meint, das staatliche Gesundheits- und Bildungswesen solle Daten bereitstellen, räumt zugleich aber ein, dass sie rückständig sind. Zuverlässige und aktuelle Angaben zu Geburts- und Sterberaten könnten sie nicht liefern. Male-Mukasa plädiert dafür, dass die Regierung, um die Situation zu verbessern, allen Behörden ein festes Statistikbudget zuweist. Solch zweckgebundene Mittel könnten ähnlich behandelt werden wie staatliche Gehälter.
Identitätsfragen
Verbesserungsbedarf gibt es besonders im Personenstandswesen. Laut Professor Ben Kiregyera gilt dies nicht nur in Uganda, sondern in ganz Afrika: „Leute werden geboren und sterben, ohne dass das festgehalten würde, selbst wenn das Gesetz dies vorschreibt.“ Ohne ein korrektes Einwohnermeldewesen würden afrikanische Nationen die exakte Zahl ihrer Bevölkerung nicht kennen können. Das mache Wahlen schwierig: „Wir wissen nicht, wer Bürger dieses Landes ist und wer einen ugandischen Pass hat“, erklärt der Wissenschaftler. Seiner Meinung nach gibt es viele Nicht-Ugander mit ugandischem Pass.
Uganda ist eins der vielen Länder der Welt ohne Personalausweise. Es gibt allerdings Initiativen mit dem Ziel, die Identität der Ugander zu bescheinigen. Vor kurzem hat die Regierung die deutsche Firma Mühlbauer AG mit der Ausstellung nationaler Wahlkarten beauftragt. Alle, die 18 Jahre und älter und somit wahlberechtigt sind, erhalten solch ein Dokument. Es wird nicht nur bei Wahlen genutzt werden, sondern eine Art Ersatz für Personalausweise bilden.
Trotz großer verbleibender Herausforderungen sagt Kiregyera: „Uganda sticht in Afrika als Land heraus, dass viel getan hat, um die Qualität seiner Statistiken zu verbessern.“ Als ein Beispiel nennt er die Gründung von UBOS als autonomer staatlicher Behörde vor zwölf Jahren. UBOS sei eine der besten Quellen für nationale Statistiken in Afrika. Uganda habe auf diesem Gebiet sogar Südafrika und Nigeria technische Hilfe geleistet, den beiden ökonomischen Riesen auf dem Kontinent, die vergleichsweise hoch entwickelte Statistiksysteme haben.
Uganda gehört zu den Unterzeichnern der African Charter on Statistics, die im Januar von afrikanischen Staatschefs verabschiedet wurde. Ob sie Früchte trägt, muss sich erst noch zeigen. Die Statistik-Übereinkunft soll Afrikas Regierungen darin unterstützen, die Bedeutung statistischer Daten für die Politik, ihre Umsetzung und Monitoring-Prozesse zu erkennen. Natürlich sind auch die Evaluierungsprogramme von Regierungen und Gebern von soliden Zahlen abhängig. Es bleibt zu hoffen, dass das Vertragswerk Uganda und anderen afrikanischen Nationen dabei hilft, die Datenqualität zu steigern.
UBOS-Direktor Male-Mukasa lobt die African Charter on Statistics. In ähnlichem Sinne fordert seine Behörde nämlich ein neues Statistikgesetz für Uganda. Es soll festschreiben, dass die Ergebnisse von mit öffentlichen Geldern finanzierten Datenerhebungen öffentlich zugänglich gemacht werden müssen. Dann hätte UBOS das Mandat, die nationale Datenbank zu etablieren, die professionelle Nutzer bereits fordern. Zudem würde das Gesetz für den nötigen Geldfluss sorgen.